Weitere Opfer befürchtet
Beim Einsturz einer vierspurigen Autobahnbrücke in der italienischen Hafenstadt Genua in Ligurien sind am Dienstag mindestens 22 Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 13 Menschen wurden nach derzeitigem Stand verletzt, fünf davon schwer. Das berichteten italienische Medien am Dienstag unter Berufung auf Regierungsangaben in Rom.
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Es sei zu befürchten, dass die Zahl weiter steige, sagte der italienische Vizeverkehrsminister Eduardo Rixi. Die vierspurige Morandi-Brücke der Autobahn A10, auch Polcevera-Viadukt genannt, stürzte auf einer Länge von 100 bis 200 Metern ein. Medienberichten zufolge fielen mehrere Autos und Lkws bis zu 40 Meter in die Tiefe. Zum Zeitpunkt des Einsturzes seien 30 bis 35 Pkws und drei Lastkraftwagen auf dem betroffenen Brückenabschnitt unterwegs gewesen, so Angelo Borrelli vom italienischen Zivilschutz gegenüber der Nachrichtenagentur ANSA.

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Die eingestürzte Brücke aus der Vogelperspektive
Rettungskräfte hätten mehrere, teils schwer verletzte Überlebende aus den Trümmern gezogen. Acht Personen seien in die umliegenden Krankenhäuser gebracht worden, berichtete unter anderem der „Corriere della Sera“. Bei zwei Verletzten handle es sich ANSA-Angaben zufolge um Bewohner von Häusern, die von Brückenteilen getroffen worden seien.
Mit Spürhunden auf Suche nach Überlebenden
Beim laufenden Großeinsatz suchen die Rettungskräfte mit Spürhunden nach weiteren Opfern. Wie der für die Koordination der Rettungskräfte zuständige Francesco Bermano gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender RAI sagte, seien unmittelbar nach dem Einsturz zunächst nicht nur Krankenhäuser in Genua und der Region Ligurien, sondern auch in der Lombardei und im Piemont in Alarmbereitschaft versetzt worden.

AP/ANSA/Luca Zennaro
Auf Bildern sind verschüttete Fahrzeuge erkennbar
Verkehrsminister Danilo Toninelli sprach in einer ersten Reaktion von einer „unermesslichen Tragödie“. Regierungschef Giuseppe Conte und Vizepremier Luigi Di Maio werden bis zum Abend am Unglücksort erwartet. Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini bedankte sich auf dem Kurznachrichtendienst Twitter bei den Rettungskräften für ihren schnellen Einsatz.
Einsturz während Unwetters
Der Einsturz habe sich gegen Mittag während eines gewaltigen Unwetters ereignet, teilte die Polizei auf Twitter mit. Nach Angaben der Rettungskräfte war ein Großeinsatz im Gange. Ein Augenzeuge sagte dem Sender Sky Italia, er habe acht oder neun Autos auf der Fahrbahn gesehen, als die Brücke einbrach. Er sprach von einer „apokalyptischen Szene“. Pietro M. sagte gegenüber ANSA, dass er unmittelbar vor dem um 11.30 Uhr erfolgten Einsturz einen Blitz in die Brücke einschlagen gesehen habe.

AP/ANSA/Luca Zennaro
Die Morandi-Brücke ist auf rund 100 Metern vollkommen eingestürzt
Fernsehbilder vom Unglücksort zeigten die Morandi-Brücke, in der eine große Lücke von Dutzenden Metern klaffte, in Staubwolken. Bei dem darunterliegenden Stadtteil handelt es sich um ein Industrie- und Gewerbegebiet. In der Nähe der Brücke wurden nach dem Einsturz vorsichtshalber Häuser evakuiert.
„Fehlkonstruktion“
Nach Angaben des Autobahnbetreibers Autostrade seien Arbeiten im Gange gewesen, um das Fundament der Fahrbahn auf dem Viadukt zu verstärken. Die Arbeiten und der Zustand des Viadukts seien von der zuständigen Autostrade-Sektion dabei „ständig überwacht worden“. Erst wenn ein gesicherter Zugang zur Unfallstelle möglich sei, könne Näheres über die Ursachen des Einsturzes gesagt werden, teilte das Unternehmen weiter mit.
Der an der Universität von Genua lehrende Bauingenieur Antonio Brencich bezeichnete laut „Corriere della Sera“ die Morandi-Brücke bereits vor zwei Jahren als „Fehlkonstruktion“. Schon Ende der 1990er Jahren hätten die von Anfang an notwendigen Instandhaltungsarbeiten mehr gekostet als der Bau der Brücke. „Es ist inakzeptabel, dass eine so wichtige Brücke nicht in einer Art und Weise gebaut war, dass ein Einsturz ausgeschlossen ist“, sagte dazu nun Vizeverkehrsminister Rixi.
Der aus der Feder des italienischen Ingeniers Riccardo Morandi stammende Polcevera-Viadukt war nach vierjähriger Bauzeit 1967 vom damaligen Staatspräsidenten Giuseppe Saragat eröffnet worden. Das Autobahnteilstück mit einer Gesamtlänge von 1.182 Metern überquert ein Industriegebiet auf einer Höhe von 45 Metern und stützt sich auf drei Betonpfeiler. Das längste Teilstück ist 210 Meter lang.
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