Themenüberblick

Entlassung nach wochenlangem Tauziehen

Ein Grund für die Massenproteste in Rumänien ist die Absetzung der Korruptionsbekämpferin Laura Codruta Kövesi. Die oberste Antikorruptionsstaatsanwältin war Anfang Juli nach wochenlangem Tauziehen entlassen worden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das Verfassungsgericht hatte Ende Mai in einem Streit zwischen Präsidentschaft und der Regierung aus Postsozialisten (PSD) und Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE) überraschend Justizminister Tudorel Toader das letzte Wort in dem Verfahren eingeräumt und eine zwingende Abberufung der obersten Korruptionsjägerin angeordnet.

Kövesi sprach von „Episode“

Nach Ansicht von Rumäniens Staatschef Klaus Iohannis dürfe Rumänien aber „keinen Schritt zurück“ in puncto Rechtsstaatlichkeit machen. Die Antikorruptionsbehörde DNA habe außerdem „unabhängig von ihrem Chefermittler“ ihre Tätigkeit auch weiterhin mit der gleichen Professionalität durchzuführen.

Rumäniens Präsident Klaus Iohannis und die oberste Antikorruptionsstaatsanwältin Laura Codruta Kövesi

Reuters/Inquam Photos/Octav Ganea

Präsident Iohannis weigerte sich zunächst, Kövesi zu entlassen, fügte sich dann allerdings dem Verfassungsgericht

Auch die abberufene Chefermittlerin Kövesi plädierte auf ihrer letzten Pressekonferenz für die Unabhängigkeit der zunehmend politisch kontrollierten Staatsanwälte und besonders der Korruptionsermittler. „Korruption kann besiegt werden, gebt ja nicht auf!“, so Kövesis Botschaft an die Öffentlichkeit. Diese „Episode“ sei aber „keine Niederlage“, sondern stelle bloß einmal mehr unter Beweis, „dass sie (die Politiker, Anm.) Schutz suchen wegen all dem, was sie getan haben, tun oder zu tun gedenken“, hob die Staatsanwältin hervor.

Verfassungsgericht aufseiten der Regierung

Die 45-jährige Korruptionsjägerin und Ex-Generalstaatsanwältin war seit Jahren nicht nur in Rumänien, sondern auch von Brüssel und Washington hoch geschätzt worden. Seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2013 hatte die rumänische Antikorruptionsbehörde DNA zwei Ex-Ministerpräsidenten, zwei Vizeregierungschefs, elf amtierende und frühere Minister, mehr als 50 Mandatare sowie Dutzende von Bürgermeistern wegen Korruptionsdelikten vor Gericht gebracht. Im Schnitt brachten DNA-Ermittler jährlich rund 1.000 Fälle vor Gericht. Neun von zehn enden mit einer Verurteilung.

Rumäniens Justizminister Tudorel Toader

Reuters/Inquam Photos/Octav Ganea

Justizminister Toader warf Kövesi vor, das Ansehen Rumäniens zu schaden

Justizminister Toader warf Kövesi allerdings vor, durch ihre Kritik an der umstrittenen Justizreform dem Ansehen Rumäniens geschadet und gegen die Verfassung verstoßen zu haben. Doch weil sich Präsident Iohannis zunächst weigerte, die Chefermittlerin zu entlassen, zog die Regierung vor das Verfassungsgericht, das als regierungsfreundlich gilt und die Absetzung faktisch vorschrieb. Sein Präsident Valer Dorneanu war langjähriger Spitzenpolitiker der heute regierenden PSD gewesen.

Lange Vorgeschichte mit PSD-Chef

Als treibende Kraft hinter der Absetzung Kövesis gilt auch PSD-Chef Liviu Dragnea, der nicht Ministerpräsident werden darf, weil er wegen Wahlmanipulation vorbestraft ist. Dem Politiker hatte die Antikorruptionsbehörde Mitte Juni zur Last gelegt, zwischen 2006 und 2013 zwei Mitarbeiterinnen seines regionalen PSD-Verbands fiktiv bei der lokalen Kinder- und Jugendschutzbehörde beschäftigt zu haben. Auf diese Weise sparte Dragneas PSD-Verband Löhne und Lohnabgaben, der Etat des bitterarmen Kinderschutzes Teleorman wurde dagegen um mehr als 100.000 Lei (knapp 23.000 Euro) geschädigt.

Rumäniens PSD-Chef Liviu Dragnea

Reuters/Inquam Photos/Liviu Florin Albei

PSD-Chef Dragnea will die Justiz umkrempeln. Mehrmals griff er Kövesi an.

Dragnea, der zu einer noch nicht rechtskräftigen Haftstrafe verurteilt wurde, hatte bereits Anfang Juni in seiner Ansprache vor den Demonstranten vor angeblichen Übergriffen der Justiz gewarnt. Er tadelte „korrupte Staatsanwälte“ und griff zum wiederholten Mal Kövesi an. In einem Fernsehinterview verglich er Staatsanwälte am Sonntag mit der früheren kommunistischen Geheimpolizei und kündigte an, „den Schmutz wegzumachen, den die Ratten hinterlassen“.

Link: