Doskozil unzufrieden mit Ausrichtung
Der burgenländische Landesrat und frühere Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat am Donnerstagabend via „Kronen Zeitung“ (Onlineausgabe) Kritik am Kurs der Bundes-SPÖ geübt. Das Thema Migration dürfe nicht ignoriert werden, der neue Kurs mit den Schwerpunkten Klima und Weltoffenheit habe ihn überrascht: „Wir dürfen keine grün-linke Fundi-Politik betreiben. Da schaffen wir uns selbst ab.“
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„Das muss doch in der Grundlinie der Partei sein, dass wir uns um Themen kümmern, die die Österreicher bewegen. Und Migration gehört hier dazu“, sagte Doskozil laut „Kronen Zeitung“. Es sei zwar wichtig, dass die SPÖ für gesunde Lebensmittel und gegen die Glyphosatverseuchung der Böden kämpfe, allerdings müsse das Thema Zuwanderung sehr wohl auch von der SPÖ besetzt werden: „Dazu wird’s einen Leitantrag beim Parteitag im Oktober geben“, kündigte er an.

APA/Roland Schlager
Hans Peter Doskozil, als er als Verteidigungsminister noch auf der Regierungsbank saß
Länder fordern Klärung
Laut „Kurier“ habe die Themensetzung - etwa mit der Erderwärmung - auch parteiintern für Erklärungsbedarf von SPÖ-Chef Christian Kern und Bundesgeschäftsführer Max Lercher gesorgt. Unmut soll es auch in den Ländern gegeben haben, da man diese nicht vorab darüber informiert habe, dass man die Ökokarten stärker spielen wolle. Hier nannte der „Kurier“ vor allem Wien und eben das Burgenland.
Es gehe nicht um die Person Kern, zitierte der „Kurier“ den Kommunikationschef der Wiener SPÖ, Raphael Sternfeld. Tatsächlich gehe es um die gemeinsame strategische Ausrichtung gegen die unsoziale Bundesregierung, so Sternfeld weiter. Die SPÖ müsse sich jetzt mit ganzer Kraft den Themen Soziales und Gesundheit widmen, forderte Sternfeld. „Und dabei müssen wir alle ansprechen, gerade jene, die FPÖ gewählt haben und bereits enttäuscht sind.“
„Themen liegen auf der Straße“
Auch ein im „Kurier“ nicht namentlich genannter Wiener SPÖ-Stratege ist mit der geplanten neuen Ausrichtung nicht zufrieden. „Mit dem Zwölfstundentag und den kolportierten Kürzungen im Gesundheits- und Sozialbereich liegen derzeit die absoluten Kernthemen der Sozialdemokratie auf der Straße“, wurde er zitiert. Auch der ehemalige Wiener Landesgeschäftsführer Christian Deutsch kritisierte Kern indirekt. „Es ist Zeit, die SPÖ wieder erfolgreich an die Spitze zu führen“, so Deutsch im Kurznachrichtendienst Twitter. In der Wiener Landes-SPÖ wollte man sich am Freitag nicht zur aktuellen Diskussion äußern.
Schnabl stellt sich hinter Kern
Für den niederösterreichischen SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Schnabl ist die Diskussion „ein Missverständnis“. Es sei „ganz klar, dass wir dem (in Ausarbeitung befindlichen, Anm.) Migrationspapier hohe Bedeutung beimessen“. Mit dem Thema Klimawandel sei das Parteiprogramm „ergänzt und erweitert worden“. Kern sei „natürlich“ der favorisierte Parteivorsitzende.
Immerhin sei Klimawandel neben Krieg der Hauptauslöser für Flucht und Migration, so Schnabl. „Es gibt keinen Grund zur Aufregung.“ Schnabl gab sich auch überzeugt, dass Kern am Parteitag im Oktober „einziger Kandidat“ als Parteivorsitzender sein werde. „Und er wird ein super Ergebnis einfahren“, so Schnabl - mehr dazu in noe.ORF.at. Der burgenländische SPÖ-Chef und Landeshauptmann Hans Niessl gab sich indes salamonisch. Beide, Kern und Doskozil, hätten recht - mehr dazu in burgenland.ORF.at.
Auch Tirol auf Kerns Seite
Tirols SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik stärkte am Freitag ebenfalls Kern den Rücken. „Das Programm ist ein sehr gutes“, so Blanik. „Klimaschutz und Umwelt sind zentrale Themen. Damit kann ich gut leben.“ Auf die Frage, ob Kern der geeignete Parteichef sei, meinte Blanik: „Ja, selbstverständlich.“ In Sachen Klimaerwärmung bestehe Handlungsbedarf, so Blanik. Öffentliche Unterstützung für den Parteivorsitzenden gab es auch von Sohn Niko Kern. Dieser stellte ebenfalls via Kurznachrichtendienst in den Raum, dass Doskozils Beliebtheitswerte dürftig seien.
Unterstützung von Vorarlberg bis Kärnten
Die oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer übte heftige Kritik an Doskozil - mehr dazu in ooe.ORF.at. Rückendeckung für Kern kam auch vom Salzburger SPÖ-Vorsitzenden Walter Steidl.
Der designierte Vorarlberger SPÖ-Landesvorsitzende Martin Staudinger zeigte sich „verwundert“ über die Diskussion. Dass es im Parteivorstand am Dienstag über die grünen Themen unterschiedliche Positionen gab, bestritt Staudinger. „Nein, es wurde gar nicht gestritten. Ich erwarte mir, dass jetzt auch medial nicht gestritten wird“, sagte er.
Nicht nachvollziehen kann die Kritik auch Kaiser: „Beim Parteivorstand haben wir einhellige Zustimmung und eine sehr, sehr große Geschlossenheit gehabt.“ Über die Bedeutung der Klimastrategie habe es keine Diskussionen gegeben: „Was das angeht, sind wir die einzige ernstzunehmende Partei, die sich mit Fragen der Zukunft beschäftigt.“ Die Berichterstattung über die Kritik von Doskozil hält Kaiser für überzogen: „Ich habe gehört, dass er das, was wiedergegeben wurde, nicht eins zu eins so gesagt hat.“ Und: „Man weiß ja, welche Jahreszeit derzeit ist.“
Partei verweist auf Beschluss
Die „Kronen Zeitung“ zitierte einen Sprecher Kerns, der den Kurs verteidigte: „Christian Kern ist ja kein linker Träumer. Natürlich werden Migrationsfragen nicht ausgeblendet.“ Die Bundes-SPÖ verwies umgehend darauf, dass das neue SPÖ-Parteiprogramm von einer breiten Zustimmung innerhalb der Partei getragen werde: „Das neue SPÖ-Parteiprogramm wurde jüngst mit rund 86 Prozent von den Mitgliedern bestätigt“, so die stellvertretende SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Brunner in einer Aussendung.
Doskozil warnt SPÖ vor Kern-Kurs
Kurz nachdem Parteichef Kern das neue Parteiprogramm präsentiert hatte, mahnte der burgenländische Landesrat Doskozil seine Partei sehr deutlich.
Über Papier soll am Parteitag abgestimmt werden
Im Programm würden sich „SPÖ-Positionen zum Thema Integration und Migration im Zeichen von ‚Integration vor Zuwanderung‘“ finden. „Um das Thema vertiefend zu behandeln und auszuarbeiten, wurde von der SPÖ eine von Doskozil und Kaiser geführte Arbeitsgruppe eingerichtet, die im Juni dieses Jahres ihre Arbeit aufgenommen hat“, so die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin.
Auch der Kärntner SPÖ-Landesgeschäftsführer Andreas Sucher verwies darauf, dass unter Vorsitz von Kaiser im Juni eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden sei, „welche die Position der SPÖ zu den Themen Flucht - Asyl - Migration und Integration definiert“. Dieses Papier werde am Bundesparteitag (wie das Parteiprogramm) zur Abstimmung vorgelegt.
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