Wehrbeauftragter zeigt sich skeptisch
In der deutschen Regierung, angeführt von der CDU, ist eine Debatte über die Rückkehr zur Wehrpflicht losgetreten worden. Auch eine „allgemeine Dienstpflicht“ steht im Raum, sagte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“, Samstag-Ausgabe).
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Kramp-Karrenbauer sagte, sie rechne nicht mit einer einfachen Rückkehr zur Wehrpflicht, wolle aber über eine „allgemeine Dienstpflicht“ reden. Beim Parteitag Ende des Jahres solle das Thema als eine „Leitfrage“ beschlossen werden. An diesen „Leitfragen“ entlang will die CDU die Debatte über ein neues Grundsatzprogramm führen, das 2020 beschlossen werden soll.

APA/AFP/Omer Messinger
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer gab den Anstoß zur Wehrpflichtdebatte
Deutschland schaffte die allgemeine Wehrpflicht erst vor sieben Jahren, im Juli 2011, ab. Seitdem ist die deutsche Bundeswehr eine Freiwilligenarmee und steht damit in Konkurrenz zur Wirtschaft, um junge Leute für sich zu gewinnen. Seitdem kämpft das deutsche Heer mit Rekrutierungsproblemen und setzte zuletzt etwa verstärkt auf Werbung in Schulen.
SPD zu Debatte über Bundeswehr bereit
Unterstützung für den Vorstoß der Union kommt vom Regierungspartner SPD. „Wir müssen eine gesellschaftliche Debatte darüber führen, ob wir auf dem heutigen Weg, die Bundeswehr möglichst attraktiv zu machen, tatsächlich die Personalzahlen erreichen, die wir für die Landes- und Bündnisverteidigung brauchen“, sagte der Obmann der SPD im Verteidigungsausschuss, Fritz Felgentreu, der „FAZ“.
Wie die von der CDU-Generalsekretärin vorgeschlagene „Dienstpflicht“ aussehen könnte, ließ diese dabei offen. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb sie: „Es gibt viele Möglichkeiten einen Dienst zu gestalten.“ Zustimmung kam offenbar aus der Parteibasis: CDU-Sprecherin Christiane Schwarte schrieb auf Twitter, ein Ergebnis einer Tour von Kramp-Karrenbauer an der Parteibasis sei gewesen, dass viele Mitglieder über eine „allgemeine Dienstpflicht“ diskutieren wollten, weil diese den „Zusammenhalt in der Gesellschaft stärkt“.
„Sympathische Idee“ stößt an Grenze der Verfassung
Kritik kommt jedoch ausgerechnet aus dem Umfeld der deutschen Bundeswehr. Der Wehrbeauftragte des deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels von der SPD, sagte gegenüber der dpa: „Eine allgemeine Dienstpflicht ist zwar eine sympathische Idee, stößt aber verfassungsrechtlich an eine Grenze. Es gilt das Verbot der Zwangsarbeit.“ Auch eine Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht sieht Bartels skeptisch.
„Die Bundeswehr folgt heute dem Konzept einer professionellen Armee.“ Sie bestehe zu einem Drittel aus Berufssoldaten und zu zwei Dritteln aus länger dienenden Zeitsoldaten. Die Bundeswehr sei heute außerdem wesentlich kleiner als zu den Zeiten der Wehrpflichtarmee und habe zum Teil ganz andere Aufgaben. Kritik kam auch von der Opposition: FDP-Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb auf Twitter, die Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre „keine Antwort auf die weltpolitische Lage“, sondern ein „trauriger Versuch der Union“, die „Hilflosigkeit in Sachen Bundeswehr zu vertuschen“.
CDU-Verteidigungsexperte zurückhaltend
Doch auch aus der CDU selbst kommen skeptische Stimmen. CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte sagte gegenüber der dpa: „Eine allgemeine Wehrpflicht alten Zuschnitts hilft uns bei den aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen nicht weiter.“ Im Vordergrund müsse eine leistungsfähige Bundeswehr stehen. „Dafür brauchen wir motivierte junge Menschen, die längere Zeit bei der Truppe bleiben und komplexe Technik bedienen können. Diese brauchen Karriereperspektiven, angemessene Vergütung und vor allem gesellschaftliche Anerkennung.“
Ein anderes Thema sei eine „allgemeine Dienstpflicht“ für Männer und Frauen, beispielsweise in sozialen Bereichen oder bei der Feuerwehr, sagte Otte. „Dadurch könnte sich ein stärkeres Bekenntnis zu unserem Land entwickeln und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden. Juristisch sehe ich hier noch grundgesetzliche Hürden, die beseitigt werden müssten. Aber dieses Thema ist die Prüfung wert.“
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