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Alles fürs perfekte Foto

Die kanadische Familie Bogle hat in der Blütezeit ihrer Sonnenblumenfelder Ende Juli beschlossen, ihren Bauernhof in Ontario für Besucherinnen und Besucher zu öffnen. Doch der Betrieb rechnete nicht mit den Tausenden von Menschen, die auf die Anbauflächen strömten, Fotos machten und damit den ganzen Betrieb ins Chaos stürzten.

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Familie Bogle betreibt den Betrieb Bogle Seeds seit sechs Generationen, darunter ein 30 Hektar großes Sonnenblumenfeld. Mit dem Versuch, Lokaltouristinnen und -touristen anzulocken, habe der 36-jährige Inhaber Brad Bogle einfach nur ein paar Dollar vor der Ernte dazuverdienen wollen, schreiben kanadische Medien.

Frau mit Kamera in Sonnenblumenfeld

Getty Images/Min Huey Lim/EyeEm

Perfekte Bilder aus dem Sonnenblumenfeld der Bogles gehören bis auf Weiteres der Vergangenheit an

Bloß 7,50 kanadische Dollar (ca. fünf Euro) pro Person habe man fürs Parken verlangt, sagte Bogle zu kanadischen Medien. Erst habe sich noch die ganze Familie über die vielen potenziellen Kundinnen und Kunden gefreut. „Alle haben gelacht und Spaß gehabt“, so der 72-jährige Großvater der Familie, Barry Bogle. „Doch dann tauchte ganz Toronto auf.“ Zwar habe sich Familie Bogle auf die Besucherinnen und Besucher vorbereitet, indem sie etwa mobile Toiletten aufgestellt und acht zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt habe, mit einem derartigen Ansturm habe aber niemand rechnen können.

„Sie wollten alle inmitten der Sonnenblumen sein“

Samstagvormittag hätten Behörden schon ein höheres Verkehrsaufkommen bemerkt - lange bevor die Farm überhaupt ihre Gatter für den Tag öffnete. Zu Mittag sei bereits die ganze Infrastruktur zusammengebrochen, schreibt der britische „Guardian“. Manche hätten notgedrungen weiter als einen Kilometer von der Farm entfernt geparkt und seien dann zu Fuß gegangen. Zwar habe Bogles Seeds für Parkplätze gesorgt, allerdings hätten die etwa 300 Parkplätze bei Weitem nicht ausgereicht.

Wegen der Masse an Leuten eskalierte die Lage. Besucherinnen und Besucher seien auf den Feldern herumgetrampelt und hätten den nahe gelegenen Highway 6 verstopft. „Sie wollten alle inmitten der Sonnenblumen sein“, schilderte ein Nachbar der Bogles das Problem der kanadischen Zeitung „National Post“ („NP“). Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hätten versucht, die Horde unter Kontrolle zu bringen, jedoch hätten sich die Menschen einfach losgerissen und seien auf die Felder gestürmt - ohne die Parkgebühr zu zahlen oder ihren Müll mitzunehmen.

Nachbarinnen und Nachbarn beschwerten sich gegenüber lokalen Medien über parkende Autos auf ihren Grundstücken und Menschen, die in Büsche uriniert hätten. Andere aber hätten schon das große Geschäft gesehen, die Gelegenheit kurzerhand beim Schopf gepackt und ebenfalls Geld fürs Parken verlangt.

Polizei musste einschreiten

Irgendwann hätte laut „NP“ dann Barry Bogle die Polizei gerufen, da die Menschen teilweise mit Kindern im Schlepptau zu Fuß eine vierspurige Autobahn kreuzten. Das bestätigte der lokale Polizeibeamte Chris Hastings der Zeitung „The Hamilton Spectator“ („HS“). Brad Bogle, beschrieb die Situation gegenüber der „NP“ als „Zombie-Apokalypse“. Als die Anzahl der parkenden Autos schätzungsweise auf 7.000 angewachsen sei, habe ihn die Polizei angewiesen, den Betrieb für Besucherinnen und Besucher zu schließen, so der „Guardian“. Die Lage habe sich zudem verschärft, da es zu regnen begann, wodurch die Menschenmassen plötzlich zurück zu ihren Autos geströmt seien, schreibt die „NP“.

Konträr zu den Zeitungsberichten ist auf sämtlichen Instagram-Bildern unter dem Hashtag „#bogleseeds“ keine Spur von Chaos zu sehen. Menschen posteten Fotos, auf denen sie mitten im Sommenblumenfeld Yoga machen, lesen und mit ihren Kindern spielen. Laut „Guardian“ hätten sich ähnliche Szenen bereits auf Sonnenblumenfeldern in ganz Kanada abgespielt - zum Leidwesen der Bauern und Bäuerinnen. Ein Bauer in Manitoba schilderte der Zeitung, er habe eines Tages um die 2.000 Menschen auf seinen Feldern gehabt, die auf der Suche nach dem perfekten Selfie gewesen seien.

Verkauf von Vogelfutter geht weiter

Auf der Bogle-Seeds-Farm würde sich der wahre Schaden erst in der Erntezeit im Herbst zeigen, vermeldete der Betrieb. Freilich dienen Fotos auf Instagram - versehen mit den richtigen Hashtags - einem Unternehmen auch für Marketingzwecke. Zudem warben die Bogles auf ihrer Facebook-Seite vor Samstag mit einem Besuch der Felder.

Auf ihrer Website weist die Familie aber nun darauf hin, dass es ab sofort verboten sei, die Felder zu betreten - „bedingt durch exzessives Verkehrsaufkommen und den Wunsch, die Sonnenblumen auf der Farm zu fotografieren“, so die Mitteilung. Wann man wieder öffnen werde, sei unklar. Darunter heißt es dann aber: „Wir weisen Sie darauf hin, dass der Verkauf von Vogelfutter und anderen Produkten während unserer Öffnungszeiten weitergeht.“

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