Tool gegen „übermäßige Nutzung“
Nutzerinnen und Nutzer von Facebook und Instagram können in Zukunft besser kontrollieren, wie viel Zeit sie in den Netzwerken verbringen. So wird ihnen über die Menüfunktion sowohl die durchschnittliche Nutzungsdauer der vergangenen Woche als auch die tägliche Zeit pro Gerät angezeigt, wie die beiden Plattformen am Mittwoch mitteilten. Darüber hinaus können User angeben, wie lange sie täglich aktiv sein wollen.
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Wird diese selbst gesetzte Grenze erreicht, werden sie beispielsweise per Nachricht informiert. Das neue Feature werde in den kommenden Wochen für jeden verfügbar sein, hieß es bei einem gemeinsamen Pressegespräch der beiden Plattformen.
Von Google und Apple schon erledigt
Der Facebook-Konzern reagiert mit den neuen Tools auf eine Debatte in den USA und anderen Ländern, in der die Folgen einer übermäßigen Nutzung von Sozialen Netzwerken und Smartphones thematisiert wird. Google und Apple, die Anbieter der beiden führenden Smartphone-Plattformen Android und iOS, hatten im Frühsommer bereits ähnliche Funktionen vorgestellt. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte die Funktionen bereits im Jänner angekündigt, in den nächsten Wochen sollen sie weltweit ausgespielt werden.
„Unser Ziel mit diesen Tools ist, die Leute dazu zu befähigen, achtsame und bewusste Entscheidungen darüber zu fällen, wie viel Zeit sie auf Instagram und Facebook verbringen“, sagte Instagram-Manager Ameet Ranadive. Gibt es auch Befürchtungen, dass die Nutzungsdauer durch die neue Kontrollfunktion zurückgeht? Es gehe vielmehr darum, dass die User ihre Zeit in den Netzwerken sinnvoll gestalteten, hieß es.
Hype um „sinnvoll verbrachte Zeit“
„Time well spent“ („Sinnvoll verbrachte Zeit“) geistert bereits länger als Modeslogan durch die IT-Konzerne. Geprägt wurde er bereits vor einigen Jahren vom ehemaligen Google-Mitarbeiter Tristan Harris als Antwort auf die „digitale Aufmerksamkeitskrise“, die im Wesentlichen besagt, dass die modernen Technologien und die oft zweifelhaften Inhalte von Sozialen Netzwerken das Denken mit einer Dauerüberreizung in Geiselhaft nimmt.
Nur Quantität, nicht Qualität messbar
Mit dem neuen Tool will sich Facebook als Verbündeter seiner Nutzerinnen und Nutzer präsentieren. Doch ob die einfache Zeitanzeige der Nutzungsdauer tatsächlich ein hilfreiches Feature ist, bleibt unklar. Denn die Qualität der konsumierbaren Inhalte und die Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer mit der verbrachten Zeit können freilich nicht gemessen werden.
Larry Rosen, Psychologe an der California State University, meinte gegenüber dem Portal Wired von einem ersten Schritt in die richtige Richtung: Facebook und Instagram würden aber nur das „Was“ liefern, das „Warum“ und „Wie“ müsste man sich selbst erarbeiten. Und laut seinen Studien führt das Bewusstsein über die - oft auch schockierend lange - Nutzungsdauer kaum zu Verhaltensänderungen.
Ewige Baustelle Timeline
Auf Techcrunch heißt es wiederum, die Anzeige sei auf der Facebook-Seite recht versteckt und würde zudem auch nicht zwischen Aktivitäten und rein passivem Scrollen unterscheiden. Wenn Facebook wirklich will, dass seine User die Zeit im Netzwerk positiv beurteilen, müsse der Konzern wohl weiter am Algorithmus der Timeline arbeiten und Inhalte priorisieren, die eher zur Interaktion anregen.
Auf Facebook hatte sich schon Ende des vergangenen Jahres die durchschnittliche Nutzungszeit reduziert, nachdem dort durch einen Wechsel des Algorithmus weniger viral verbreitete Videos gezeigt worden waren. Zum Strategiewechsel des Konzerns gehört auch, dass die User weniger Nachrichten und Inhalte von Facebook-Seiten zu sehen bekommen und stattdessen mehr Beiträge von Freunden und Verwandten.
„Den Menschen dabei zu helfen, sich zu vernetzen, ist wichtiger, als die Nutzungszeit zu verlängern“, sagte Facebook-Chef Mark Zuckerberg damals. Das sei auf lange Sicht auch gut für das Unternehmen. So richtig angekommen ist das bei den Nutzerinnen und Nutzern nicht. Die Zusammensetzung der Timeline und welche Inhalte wann dort auftauchen sorgt bei vielen weiterhin für Rätselraten und Kopfschütteln.
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