Themenüberblick

Kritik als Geschäftsmodell

Gwyneth Paltrows Millionen schweres Lifestyle-Unternehmen Goop hat es sich zur Aufgabe gemacht, Probleme zu lösen. Für ihre obskuren Lifestyle-Tipps hat Paltrow über die Jahre viel Kritik geerntet. Etwa als sie zum Vaginaldampfbad riet oder auch, als sie die Bienenstichtherapie empfohlen hatte. Nun ist obendrein eine Partnerschaft mit dem Verlag Conde Nast zerbrochen. Das Geschäft floriert indes wie nie zuvor.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das Jahr 2008, das als Krisenjahr in die Geschichtsbücher eingehen wird, war zugleich das Geburtsjahr von Paltrows Lifestyle-Marke Goop. Als die Wirtschaft weltweit kollabierte und gerade auch in den USA viele Leute ohne Jobs waren, sandte die Hollywood-Schauspielerin ihren ersten Newsletter aus. Darauf waren Rezepte für ein Putenragout sowie Bananen-Nuss-Muffins zu finden.

Der Fokus rückte wenige Jahre später neben simplen Wellnesstipps hin zu scheinbaren Allheilmitteln. Mittlerweile ist Paltrow mit immer extremeren Ratschlägen zum erfolgreichen Wellnessguru aufgestiegen. Die Firma sei 250 Millionen Dollar (rund 215 Millionen Euro) schwer, sagte eine Quelle aus dem Umfeld Goops gegenüber der Zeitung „New York Times“ („NYT“).

Frau stirbt an Folgen der Bienenstichtherapie

Zu den skurrilsten Produkten der 45-Jährigen zählen mitunter ein Vampirabwehrmittel. Dabei handelt es sich um ein Spray, das dank der Heilkräfte von Edelsteinen und ätherischen Ölen negative Schwingungen fernhalten soll. Um 27 Dollar (23 Euro) kann man diesen online bestellen.

Ferner rät Paltrow zur Behandlung mit Bienenstichen. Erst im März dieses Jahres ist eine Spanierin an den Folgen einer solchen Therapie gestorben. Beworben wird zudem ein Jade-Ei. Dieses wird vaginal eingeführt und soll den Orgasmus verbessern und die weibliche Energie verstärken. 2015 sorgte auch dieses international für Schlagzeilen. Die Gynäkologin Jen Gunter kritisierte, dass das Ei keinerlei Wirkung habe. Vielmehr sei es gefährlich, da sich darin Bakterien sammeln würden. Darüber hinaus widmete Gunter Goop zahlreiche kritische Blogeinträge.

Schöne Dinge für viel Geld

Die Nachfrage für die universellen Beauty-Allheilmittel ist so groß, dass alle bisherigen Wellnessgipfeltreffen der Firma ausverkauft waren. Die Ticketpreise reichten von 500 Dollar bis hin zu 4.500 Dollar. Goops Credo laute, so die „New York Times“, dass schöne Dinge manchmal Geld kosten. Und die Kunden lassen sich weder von Paltrows beworbenen 800-Dollar-teuren Mänteln noch von kritischen Stimmen abbringen.

Vielmehr befeuert die Kritik die Verkaufszahlen des Unternehmens und lockt mehr Leute auf dessen Website. „Je merkwürdiger Goop wurde, desto mehr Leute konnte es für sich gewinnen“, schreibt die „NYT“ und berichtet, dass die Website mit Stand Juni 2,4 Millionen einzelne Besucher hatte.

Auch Paltrow selbst hat dafür eine Begründung - in einem Interview mit der Plattform LinkedIn sagte sie: „Wenn man ein E-Commerce-Business betreibt, ist gar keine Presse schlechte Presse.“ In einer Rede an der renommierten Harvard University bezeichnete sie die Reaktionen auf ihre Tipps und Produkte als „kulturelle Feuerstürme“. „Ich kann mit diesen Augen (Anm. Aufmerksamkeit durch Social Media) Geld verdienen.“ Der Business-of-Fashion-Report zitierte bereits 2015 Dokumente, die belegten, dass Goop 1,1 Millionen Pfund allein durch Verkäufe erwirtschaftete. Im Jahr zuvor waren es erst 82.000 Pfund.

„Erde an Gwyneth“

Ein weiterer Ritterschlag folgte, als die Firma eine Partnerschaft mit dem Verlag Conde Nast einging, der unter anderem das Magazin „New Yorker“ und auch „Vogue“ publiziert. Vierteljährlich wurde das Magazin namens „Goop“ herausgebracht. Die Schlagzeile darauf lautete „Earth to Gwyneth“ (Anm. „Erde an Gwyneth“) - eine Anspielung auf mediale Stimmen, die sich über die Abgehobenheit des Hollywood-Stars lustig machten.

Die Partnerschaft fand aber ein baldiges Ende. Paltrows Begründung war, dass bei Conde Nast veraltete Regeln herrschten. Tatsächlich verlangte der Verlag, dass Interviews mit alternativen Heilern auf ihre Richtigkeit überprüft werden sollten. Doch da das nicht möglich war, ersetzte man einige der Interviews mit Reiseberichten.

„Goop“ schafft eigene Spielregeln

„Wir stellen keine Thesen auf, wir stellen bloß Fragen,“ sagte Elise Loehnen, die für redaktionelle Inhalte bei „Goop“ zuständig ist. Doch ähnlich wie bei den Produkten, die das Unternehmen verkauft, wurden auch im Magazin fragwürdige Ratschläge gegeben. Unter anderem wurde die Homöopathin Linda Lancaster interviewt. Diese riet dazu, acht Tage lang ausschließlich rohe Ziegenmilch zu trinken, um den Körper von Parasiten zu befreien. Wissenschaftlich belegbar ist das nicht. Die britische Tageszeitung „Guardian“ zitiert etwa eine kleine Studie, der zufolge ein Bauernjunge durch das Trinken von unpasteurisierter Milch Parasiten bekommen hatte.

Obwohl das Einsetzen von Faktenchecks letztlich einer der Gründe gewesen war, warum Goop ihr vierteljährliches Magazin nach zwei physischen Ausgaben einstellte, hat die Firma nun selbst einen Faktenchecker für die Website eingestellt. Paltrow bezeichnete die Entscheidung als „notwendige Wachstumsschmerzen“.

Links: