Brütende Hitze von Nord bis Süd
Das Wetter in Europa, aber auch anderen Weltregionen, zeigt sich weiter von seiner extremen Seite. Rekordtemperaturen sorgen in vielen Ländern - von Nord bis Süd - für Ausnahmesituationen. Weiter heikel bleibt dabei auch die Waldbrandgefahr.
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Grund dafür sind anhaltend hohe Temperaturen, extreme Trockenheit und eine spezielle Wettersituation, die für anhaltend stabiles Wetter sorgt. Dazu kommt der vielerorts starke Wind, der die Feuer anfacht: Es sind mehrere Faktoren, die eine höchstgradig gefährliche Kombination ergeben. Im europäischen Brandfrühwarnsystem ist derzeit halb Europa rot eingefärbt.
Feuergefahr mit Stand 27. Juli, eingestuft nach dem Fire Weather Index (FWI)
„Hochofen-Freitag“ in Großbritannien
Im eigentlich für eher mildes Klima bekannten Großbritannien etwa kannte die Hitze in den letzten Wochen keine Pause. Dabei entzündeten sich in Hampshire, Dorset, Hertfordshire und North Wales mehrere Flächenbrände, vor allem auf trockenen Grasflächen. Für Freitag wurden Rekordwerte von 37 Grad Celsius prognostiziert - Medien sprachen vom „Furnace Friday“ („Hochofen-Freitag“).
Zahlreiche Zugsverbindungen durch den Kanaltunnel zwischen Frankreich und Großbritannien wurden wegen „extremer Hitze“ gestrichen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde: Wir beten jetzt für Regen“, so Londons Feuerwehrchef Danny Cotton. Sein Wunsch könnte sich rasch erfüllen: Bereits am Nachmittag zeichnete sich aber ein Wetterumschwung in Richtung heftiger Unwetter ab. Die Behörden warnten vor Blitzeinschlägen, Hagel und Starkregen.

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Nicht nur London ist ausgetrocknet, auch der Rest Großbritanniens gleicht laut Einsatzkräften einer Streichholzschachtel
Feuer gab es am Donnerstag auch in Deutschland, wo seit Tagen eine Hitzewelle über das Land rollt. Der schwere Waldbrand brach direkt an einer Autobahn in der Nähe von Potsdam aus. Rund 250 Einsatzkräfte brachten mit Hilfe eines Löschpanzers das Feuer unter Kontrolle und verhinderten gerade noch ein Übergreifen auf den Ort Fichtenwalde - die Gefahr sei aber noch nicht gebannt, das Feuer noch nicht gänzlich gelöscht. An mehreren Orten wurde höchste Waldbrandgefahrenstufe ausgerufen und Wälder gesperrt.

Reuters/Polizei Brandenburg
Der Waldbrand nahe dem Potsdamer Dreieck sorgte für einen Großeinsatz
Unterirdische Brände in Dänemark
Auch Schweden kämpft Wochen nach dem Ausbruch der Brände ebenfalls nach wie vor mit dem Feuer. Regenfälle am Wochenende könnten Entspannung bringen. Im südlichen Nachbarland Dänemark bereiten unterdessen unterirdische Moorbrände in der Nähe von Aalborg den Einsatzkräften Sorge. Die Feuer an der Oberfläche konnten zwar gelöscht werden, doch das Torfmoos tief unter der Erde ist in Flammen geraten. Dadurch könne sich das Feuer unterirdisch weiterverbreiten. Torf- und Waldbrände halten auch die lettische Feuerwehr in Atem.
Weniger Brände im Süden
Laut einer Analyse der BBC wurden in nordeuropäischen Ländern, darunter Dänemark, Estland, Finnland, Deutschland und Lettland, heuer zwischen 20- und 200-mal mehr Landfläche verbrannt als in den Jahren davor. In der sonst zu starken Bränden neigenden Mittelmeer-Region sorgte hingegen ein relativ kühler und nasser Frühling für moderate Brandzahlen. In Italien und Kroatien liegt die Zahl der Brände weit unter dem Durchschnitt, ebenso in Spanien und Portugal. Dass sich diese Situation aber schlagartig ändern könne, zeige das Feuer in Griechenland.

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Verwüstung in dem griechischen Urlaubsort Mati
Gleichzeitig steht freilich die Frage im Raum, wie weit die europäische Hitzewelle mit dem Klimawandel zusammenhängen. Einzelne Wetterextreme direkt auf menschliche Aktivitäten, also auf den Treibhausgasausstoß zurückzuführen, sei immer „sehr schwierig“, sagte der französische Klimatologe Jean Jouzel. Die jüngsten Wetterepisoden sind allerdings „kompatibel mit den langfristigen Tendenzen, die durch die Konzentration der Treibhausgase verursacht werden“, wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) bilanziert.
Wetter „steckt fest“
Der Klimawandel mag für die hohen Temperaturen in der nördlichen Hemisphäre eine Rolle spielen, die Situation sei aber nicht alleine darauf zurückzuführen, so Klimaforscher Klaus Haslinger von der Zentralagentur für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). „Auf der Nordhemisphäre bestehen derzeit sehr stabile Hoch- und Tiefdruckgebiete, die sich nicht oder nur wenig verlagern. Diese blockieren den Westwinddrift“, erläuterte Haslinger.

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In Schweden brachen die Feuer sogar in der Nähe des Polarkreises aus
„Üblicherweise wandern diese Systeme, dann zieht einmal ein Tief durch, dann kommt wieder ein Hoch, dann hat man ein Wetter, das sich über mehrere Tage ändert. Wenn sich eine Situation einstellt, in der diese Verlagerung gebremst ist oder streckenweise gar nicht mehr stattfindet, dann stellen sich so extreme Zustände ein.“
Feuerökologe mit mahnenden Worten
Dass sich die Lage in Zukunft verschärfen wird, glaubt unterdessen der deutsche Feuerökologe und Waldbrandprofessor Johann Goldhammer vom Max-Planck-Institut. Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ sagte er, dass auch nördlichere Regionen zunehmend von Flächenbränden bedroht werden. Das liege am Klimawandel, aber auch an der immer dichteren Besiedelung in Risikogebieten: „Es wird enger auf dem Globus, der Mensch und die Natur kommen immer öfter in Konflikt.“

Reuters/Jon Super
Löscharbeiten in Großbritannien
Die Staaten seien auf die neue Gefahr aber schlecht vorbereitet, so Goldhammer: Obwohl Deutschland „ein Waldbrandland“ werde, würde es derzeit an Logistik, Technik und Strategien für große Landschaftsfeuer fehlen. Weil Waldbrände früher wesentlich seltener waren, habe man sich hier zu lange in Sicherheit gewogen. „Wir sollten gewarnt sein durch die Katastrophen in Griechenland und Schweden“, sagte Goldhammer.
Für Österreich sehen Experten derzeit großflächig eine geringe Waldbrandgefahr. Doch Trockenheit plagt nichtsdestotrotz vor allem den Westen des Landes. Dort gab es heuer bisher rund 70 Prozent weniger Niederschläge als in einem durchschnittlichen Sommer, was vor allem die Landwirtschaft vor enorme Herausforderungen stellt.
Dürre in Teilen Österreichs
In einigen Teilen Österreichs, u. a. in Vorarlberg, Tirol, Kärnten und dem Burgenland, gab es in diesem Sommer bis zu 70 Prozent weniger Regen als üblich. Dieser Umstand wirkt sich auch negativ auf die Landwirtschaft aus.
Extremer Sommer in vielen Regionen
Auch in anderen Weltregionen zeigt sich der Sommer von seiner extremen Seite. Selbst Sibirien hat derzeit mit einer Hitzewelle zu kämpfen. Hohe Temperaturen gibt es auch in Teilen der USA, etwa in Kalifornien, wo aufgrund von Bränden bereits der Notstand ausgerufen wurde. In der kanadischen Stadt Quebec gab es unterdessen bereits im Juli über 70 Tote nach einer Hitzewelle.
An einer Wetterstation in der Sahara in Algerien wurden 51,3 Grad gemessen. Auch in Japan gibt es eine Rekordhitzewelle. Dort kletterte das Thermometer vergangene Woche auf über 35 Grad, etwa 100 Menschen kamen seit Monatsbeginn dort durch die Hitze ums Leben. Zuvor waren bei heftigen Überschwemmungen mehr als 220 Menschen ums Leben gekommen. Nun bedroht ein Taifun die Insel, der am Wochenende auf Land treffen könnte.
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