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Seit 1902 offiziell, zuletzt umstritten

Das Gezerre um Neuseelands Fahne geht in die Fortsetzung. Seinen Anfang hatte es im Herbst 2014 und endete mit einer kostspieligen Pleite. Neuseelands Übergangspremier Winston Peters nahm Ende Juli - Premierministerin Jacinda Ardern war noch in Babypause - einen neuen Anlauf, die Nationalfahne optisch von jener des großen Nachbarn abzugrenzen.

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Im Herbst 2014 startete der damalige konservative Premierminister John Key den Versuch, der seit 1902 offiziellen Nationalflagge den „Kolonialzopf“ abzuschneiden, wie er sagte. Die Flagge stünde für eine „koloniale und postkoloniale Ära“ und würde darüber hinaus allzu oft mit jener Australiens verwechselt.

Neuseeländische und australische Flagge

Public Domain

Zum Verwechseln ähnlich: Neuseelands (oben) und Australiens Flagge (unten)

Zweieinhalb Jahre später endete das Unterfangen in einer Pleite: Designwettbewerbe und Abstimmungen hatten Kosten von insgesamt 26 Millionen neuseeländische Dollar (15,6 Mio. Euro) verursacht - sie verpufften im Nichts. In einem Referendum im März 2016 lehnten Neuseelands Wahlberechtigte mehrheitlich den Alternativentwurf mit Silberfarn und Kreuz des Südens ab, die alte Flagge behielt ihre Gültigkeit.

Design kopiert?

Peters unternahm nun einen neuen Anlauf, die Nationalfahne optisch von jener des großen Nachbarn abzugrenzen - tätig werden sollte aber dieser. Der Chef der nationalistischen Partei NZ First, der Regierungschefin Ardern während ihrer sechswöchigen Babypause vertrat, forderte Australien auf, sich eine neue Flagge zu suchen, berichtete der „NZ Herald“. Australien habe das Design kopiert, sagte Peters dem Sender TVNZ Ende Juli. „Sie sollten ihre Flagge ändern und zur Kenntnis nehmen, dass wir mit diesem Design früher dran waren.“

Neuseelands Vize-Premier Winston Peters

Reuters/Charlotte Greenfield

Premier für sechs Wochen: Winston Peters

Vier rote gegen sechs weiße Sterne

Die 1902 offiziell eingeführte neuseeländische Flagge hat vier rote Sterne auf blauem Grund, die das Sternbild Kreuz des Südens darstellen sollen, und - als ehemalige britische Kolonie - den Union Jack in der linken oberen Ecke. Australiens Flagge zieren ebenfalls Union Jack und Sterne. Nur sind es in diesem Fall sechs weiße Sterne. Fünf davon stellen ebenfalls das Kreuz des Südens dar. In ihrer derzeitigen Form gibt es diese Flagge offiziell erst seit 1954, eine ähnliche Version allerdings seit 1901.

Peters Vorstoß hat wohl auch politische Hintergründe. Unlängst hatte er Australien kritisiert, weil es neuseeländische Staatsbürger ohne Gerichtsverfahren abgeschoben hatte. „Wenn Sie in einem fremden Land sind, wird von Ihnen erwartet, dass Sie die Gesetze befolgen“, sagte er. „Aber einer Person sollte der Prozess gemacht werden, bevor sie vertrieben wird.“ Seit Australien vor vier Jahren strengere Abschiebungsgesetze eingeführt hatte, wurden die Visa von über tausend Neuseeländern annulliert. Im selben Zeitraum hat Neuseeland nur neun australische Bürger zurückgeschickt.

Hundertwassers Beitrag

Auf eine neue Flaggendebatte dürften die wenigsten Neuseeländerinnen und Neuseeländer Lust haben - zu gut ist das langwierige Prozedere vom vergangenen Mal noch in Erinnerung. Zuerst wählte damals eine Jury aus 10.000 Vorschlägen 40 Designs aus, darunter war auch ein Entwurf des österreichischen Malers Friedensreich Hundertwasser aus dem Jahr 1983.

Flaggenentwurf

Flag Consideration Project/Tomas Cottle

Der Hundertwasser-Entwurf aus dem Jahr 1983

Hundertwasser hatte damals eine „alternative“ Fahne für seine Wahlheimat Neuseeland entworfen und eine grüne Spirale gemalt - angelehnt an den Silberfarnspross, die Nationalpflanze - auf weißem Hintergrund. Der Koru symbolisiert Kraft, neues Leben und Frieden. Das Grün steht für die intakte Natur Neuseelands und das Weiß für Aotearoa, das Land der langen weißen Wolke - der Maori-Name für Neuseeland.

Aus den 40 Designs wurden wiederum vier erkoren. Diese wurden der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt, das Rennen machte dabei der Australier Kylie Lockwood mit seinem Entwurf. Die Arbeit - eine Kombination aus Silberfarnblatt, vier Sternen und schwarzem Hintergrund - galt auch als Favorit von Premier Key. Kritiker fühlten sich hingegen an die Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erinnert. In einem zweiten Referendum letztlich hatte die Bevölkerung zwischen dieser und der alten Flagge zu entscheiden - mit bekanntem Ausgang.

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