Kritik an Kurz oder Selbstironie: Debatte über Juncker-Sager
Eine Äußerung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag in Wien sorgt verspätet für Wirbel. Manche Medien und Nutzer in Sozialen Netzwerken meinen, Juncker habe Kurz dabei scharf kritisiert. Tatsächlich sind die Aussagen des EU-Kommissionspräsidenten zweideutig und könnten auch als Selbstironie gedeutet werden.
In Sachen Flüchtlings- und Migrationspolitik meinte Juncker auf eine Journalistenfrage, dass die Kommission bei der Dublin-Reform ihre Arbeit gemacht habe. Und weiter wörtlich: „Wäre ich Ratsvorsitzender, würde ich nicht so großspurig hier auftreten, weil ich weiß, wie schwierig die Kompromissfindung zwischen Mitgliedsstaaten ist.“
Keine Reaktion bei Pressekonferenz selbst
Gemutmaßt wird, dass Juncker damit das Auftreten von Bundeskanzler Kurz als großspurig bezeichnet haben könnte. Umgekehrt könnte die Aussage aber auch als ironische Selbstkritik gewertet werden, im Sinne von: Er als Kommissionspräsident könne hier „großspurig“ auftreten, weil er eben nicht die schwierige Kompromissfindung zu verantworten habe.
Bei der Pressekonferenz wurde die Äußerung offenbar vor allem so verstanden, da sie kaum für Aufregung sorgte. Auch Kurz selbst schien nicht der Auffassung, kritisiert worden zu sein. Einige Journalistinnen und Journalisten werteten den Sager als „typischen Juncker-Humor“. Deutlich war allerdings Junckers Nachsatz: „Aber wenn man keine Kompromisse findet, sollte man eigentlich den Kommissionsvorschlägen einfach zustimmen.“
Am Dienstag dementierte Juncker gegenüber dem „Standard“, mit dem Wort „großspurig“ Kurz gemeint zu haben. Er sei über entsprechende Medienberichte überrascht, so seine Sprecherin gegenüber der Zeitung. Es sei ein „erfolgreicher Arbeitsbesuch in einer sehr freundlichen und freundschaftlichen Atmosphäre“ gewesen.