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Zahlen weiter rückläufig

Ein neues Papier aus dem Innenministerium hat am Samstag für Aufhorchen bei den Oppositionsparteien gesorgt. Laut dem Dokument, das dem Nachrichtenmagazin „profil“ vorliegt, setzt sich Österreich dafür ein, dass Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten bis auf wenige Ausnahmen keine Asylanträge mehr auf EU-Territorium stellen dürfen.

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Lediglich in den „Hotspots“ außerhalb der Union sollen demnach künftig Asylsuchende ausgewählt und in die EU-Staaten gebracht werden - aber nur so viele, wie die Aufnahmeländer zulassen. Asyl sollen nur Antragstellerinnen und -steller erhalten, die „die Werte der EU, ihre Grundrechte und Grundfreiheiten“ respektieren, so das Papier aus dem Büro von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ).

Kein Kommentar aus dem Ministerium

Das österreichische Mitglied des ständigen Sicherheitsausschusses in der Europäischen Union (COSI) habe den Vorschlag bei einem Treffen von EU-Vertretern auf Beamtenebene präsentiert, vermeldete „profil“ am Samstag im Voraus. Auch die französische Zeitung „Le Monde“ hatte davon berichtet.

Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal bezeichnete das Papier als „Denkanstoß“. Innenministeriumssprecher Christoph Pölzl sagte auf Anfrage der APA, er könne keinen Kommentar dazu abgeben.

„Abschaffung des Asylrechts“

Die Opposition reagierte am Samstag empört. SPÖ-Sicherheitssprecherin Angela Lueger meinte in einer Aussendung, die Bundesregierung solle sich um ein gemeinsames europäisches Vorgehen kümmern, anstatt „Alleingänge zu veranstalten und ständig zu wiederholen, was alles nicht geht“, so Lueger. Zudem widerspreche der Inhalt des Papiers der Genfer Flüchtlingskonvention.

Auch NEOS pochte auf ein gemeinsames Vorgehen in der EU. Einmal mehr zeige sich, „dass diese Bundesregierung aus innenpolitischen Gründen mehr daran liegt, nationalistische Politik am Laufen zu halten – als ernsthafte Lösungen zu finden“, so Europasprecherin Claudia Gamon per Aussendung. „Wenn diese Pläne so umgesetzt würden, hieße das eine komplette Abschaffung des Asylrechts in Europa – das ist nicht vereinbar mit unseren internationalen Verpflichtungen und europäischen Grundwerten.

Papier soll Parlament vorgelegt werden

Alma Zadic von der Liste Pilz sprach in einer Aussendung von einer „Abkehr von unseren gemeinsamen europäischen Werten im Geiste des Humanismus“. Die Liste Pilz werde die Einberufung des Innenausschusses samt Einladung des Innenministers fordern. Kickl solle „das Dokument sofort dem Parlament vorlegen und diesem endlich Rede und Antwort stehen“. In der jüngsten Dringlichen Anfrage im Parlament habe man keine Antworten zum Thema erhalten. „Die Antworten, die das Parlament nicht bekommen hat, können wir dafür jetzt in der Zeitung lesen“, so Zadic.

Spanien als neues Ziel

Der Chef der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, warnte unterdessen vor einer neuen Hauptroute für Migrantinnen und Migranten nach Europa. „Wenn Sie mich fragen, was meine größte Sorge derzeit ist: Dann sage ich Spanien“, sagte der Franzose der „Welt am Sonntag“. Allein im Juni habe man im westlichen Mittelmeer rund 6.000 irreguläre Grenzübertritte aus Afrika nach Spanien gezählt. „Wenn die Zahlen dort so steigen wie zuletzt, wird sich dieser Weg zum wichtigsten entwickeln“, sagte Leggeri.

Neueste Statistiken zeigen, dass die Zahl der Migrantinnen und Migranten, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, stark abgenommen hat. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) lag sie im ersten Halbjahr 2018 nur noch bei knapp 46.500 und hat sich somit gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres mehr als halbiert. Die Verlagerung hin zu Spanien spiegelt sich in den Daten wider: Waren im ersten Halbjahr 2017 laut IOM-Angaben noch rund 85.000 Migrantinnen und Migranten in Italien und nur 6.500 in Spanien angekommen, so waren es im gleichen Zeitraum 2018 in Italien 16.700 und in Spanien bereits 15.600.

Asselborn in Sorge

Die Europäische Union hatte sich bei ihrem Gipfeltreffen vergangene Woche unter dem Eindruck der deutschen Regierungskrise auf eine Verschärfung ihrer Asylpolitik geeinigt. Frontex soll bis 2020 verstärkt werden, um die EU-Außengrenzen stärker abzuriegeln. Gerettete Bootsflüchtlinge können künftig in zentralen Sammellagern in der EU untergebracht werden. Ähnliche Lager in Nordafrika werden geprüft.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn bezeichnete die Migrationsfrage als „Test für das Weiterbestehen der Europäischen Union“. Er habe den Eindruck, dass auch bei EU-Gipfeln „das alles so beiseitegeschoben wird“, sagte Asselborn der dpa.

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