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Zwölf Stunden Arbeit leichter anordenbar

Das neue Arbeitszeitgesetz, das Anfang Juli im Nationalrat beschlossen worden ist und bereits ab September gelten wird, erlaubt künftig das Arbeiten von zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche. An der „Normalarbeitszeit“ ändert sich nichts. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

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Die „Normalarbeitszeit“ bleibt bei acht Stunden täglich und 40 Stunden pro Woche (bzw. in vielen Branchen 38,5 Wochenstunden). Wird darüber hinaus gearbeitet, fallen Überstunden an. Die werden (mit 50 Prozent Zuschlag) am Monatsende ausgezahlt oder als Zeitausgleich konsumiert.

Verlängert werden die Höchstgrenzen der Arbeitszeit. Derzeit gilt: Auch inklusive Überstunden dürfen Arbeitnehmer in der Regel nicht verpflichtet werden, mehr als zehn Stunden pro Tag bzw. 50 Stunden pro Woche zu arbeiten. Diese Höchstgrenzen werden künftig auf zwölf Stunden täglich und 60 Wochenstunden erhöht.

Überstunden dürfen theoretisch abgelehnt werden

Laut ÖVP und FPÖ erfolgt die Mehrarbeit auf freiwilliger Basis. Dazu heißt es künftig im Gesetz: „Es steht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern frei, Überstunden nach § 7 und § 8 Abs. 1 und 2 ohne Angabe von Gründen abzulehnen, wenn durch diese Überstunden die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten wird. Sie dürfen deswegen nicht benachteiligt werden, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung. Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deswegen gekündigt, können sie die Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei Gericht anfechten.“ Allerdings: In Österreich besteht kein genereller Kündigungsschutz - wer angeordnete Überstunden mehrfach ablehnt, könnte theoretisch ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.

Schon bisher durfte länger als zehn Stunden täglich gearbeitet werden. Der Zwölfstundentag ist derzeit möglich, wenn das zur Verhinderung eines „unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils“ vorübergehend nötig ist. Dazu braucht es die Zustimmung des Betriebsrats (oder in Firmen ohne Betriebsrat eine schriftliche Vereinbarung und ein arbeitsmedizinisches Gutachten). Dann kann die Arbeitszeit auf zwölf Stunden täglich (maximal 60 Wochenstunden) ausgedehnt werden. Zulässig ist das in 24 Wochen pro Jahr (wobei nach acht Wochen eine 14-tägige Überstundenpause vorgeschrieben ist).

Mehr Spielraum bei Gleitzeit

Arbeitnehmer mit Gleitzeit erhalten mehr Spielraum, an einzelnen Tagen länger zu arbeiten und Gutstunden aufzubauen. Bisher galt eine maximale Arbeitszeit von zehn Stunden pro Tag, künftig können sie an fünf Tagen maximal zwölf Stunden arbeiten. Der sechste Tag muss dann frei sein. Gleitzeit bedeutet, dass der Arbeitnehmer innerhalb eines vereinbarten Rahmens Beginn und Ende der Arbeitszeit selbst festlegen kann.

Bei angeordneten Überstunden wird auch bei Gleitzeit ein Zuschlag fällig. Hier stellt sich aber schon jetzt die Frage, welche Überstunde angeordnet ist und welche nicht. Laut Arbeiterkammer werden angeordnete Überstunden in Betrieben mit Gleitzeit kaum als solche deklariert - womit die Zuschläge in der Praxis wegfallen.

„Erhöhter Arbeitsbedarf“ ausschlaggebend

Was sich durch das Gesetz deutlich ändert: Die Anordnung eines Zwölfstundenarbeitstages wird stark erleichtert. Ein drohender wirtschaftlicher Nachteil muss nicht mehr nachgewiesen werden, sondern nur ein „erhöhter Arbeitsbedarf“. Auch der Betriebsrat (oder die betroffenen Arbeitnehmer) müssen nicht zustimmen. Es gelten aber zwei Bedingungen: Pro Woche sind maximal 20 Überstunden zulässig. Und in einem Zeitraum von 17 Wochen darf die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Wochenstunden nicht überschreiten. Das ist eine EU-Vorgabe.

Die 50-prozentigen Überstundenzuschläge werden durch den Gesetzesvorschlag nicht verändert, auch die Durchrechnungszeiträume nicht. Auswirkungen könnten die verlängerten Maximalarbeitszeiten laut Arbeiterkammer aber auf Arbeitnehmer mit All-in-Verträgen haben.

Bei „vorübergehend auftretendem besonderem Arbeitsbedarf“ sind Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe an vier Tagen im Jahr pro Arbeitnehmer vorgesehen. Dafür braucht es aber eine Betriebsvereinbarung - also die Zustimmung des Betriebsrates. Ermöglicht wird auch die Arbeit an bis zu drei Sonntagen hintereinander.

Tourismus: Ruhezeit wird verkürzt

Im Tourismus wird die tägliche Ruhezeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von elf auf acht Stunden verkürzt, wenn diese in „geteilten Diensten“ arbeiten. Das wäre etwa der Fall, wenn ein Kellner in einem Hotel am Vormittag beim Frühstück arbeitet, dann drei Stunden Pause macht und danach bis zum Abend weiterarbeitet.

Ganz vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen werden Familienangehörige von Unternehmen. Auch bei Angestellten werden die Ausnahmen erweitert: Neben leitenden Angestellten werden künftig auch sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen „maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnisse“ übertragen werden, von den Regeln ausgenommen. Für sie gelten dann keine Arbeitszeitbeschränkungen.

Die Viertagewoche war unterdessen schon bisher erlaubt. Laut Gesetz ist es möglich, die 40 Stunden Normalarbeitszeit auf vier Zehnstundentage zu verteilen (§7 Abs. 6 AZG). Dafür braucht es eine Betriebsvereinbarung. Änderungen sind hier nicht vorgesehen.

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