Minimale Schritte bei Euro-Zone erwartet
Das Thema Asyl- und Migrationspolitik hat den Gipfel der EU-Staaten in Brüssel am Donnerstag dominiert. Abseits davon gab es dennoch mehrere Beschlüsse, unter anderem zu den Sanktionen gegen Russland und dem Umgang mit Chemiewaffen. Am Freitag wird die Euro-Zone und das von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron geforderte EU-Budget Thema. Hier erwarten Beobachter aber nur einen Minimalkonsens.
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Wie mehrere Nachrichtenagenturen erfuhren, dürften größere Entscheidungen zur Euro-Zone weiter hinausgeschoben werden. So wollen die Staaten noch nicht darüber befinden, ob die Euro-Zone einen Investitionshaushalt bekommen könnte. Das Papier lässt zudem offen, wie der Euro-Rettungsschirm zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden könnte. Das Projekt für einen gemeinsamen Investititonshaushalt wird im Entwurf der Schlusserklärung nicht erwähnt.
Projekt von Berlin und Paris
Deutschland und Frankreich wollen das Projekt schon 2021 verwirklichen, etliche der 19 Euro-Staaten haben aber Bedenken. Auch innerhalb der deutschen Regierung sorgte der Vorschlag für Dissonanz. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte den Plan: „Jeder muss sich an die vereinbarten Regeln halten, jeder Mitgliedsstaat ist für seinen Haushalt selbst verantwortlich, Haftung und Kontrolle gehören zusammen.“
Die Vertiefung der Währungsunion wird aber noch gesondert auf einem Euro-Gipfel am Freitag diskutiert. Dabei dürfte in Brüssel wohl der Auftrag ergehen, dass die Euro-Gruppe bis Ende des Jahres Einzelheiten zur weiteren Entwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erarbeiten soll.
Russland-Sanktionen verlängert
In anderen Themen gab es jedoch bereits am Donnerstag Beschlüsse. So einigten sich die Staatsspitzen am Donnerstag auf eine Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. wegen des Ukraine-Konflikts verhängten Sanktionen sollten um sechs Monate verlängert werden, teilte der EU-Rat der Mitgliedsstaaten Freitagfrüh mit. Grund seien die mangelnden Fortschritte Russlands bei der Umsetzung des Minsker Abkommens zur Beendigung der Kämpfe in der Ostukraine.
Zuletzt hatte die EU im Dezember ihre Wirtschaftssanktionen gegen Russland um ein weiteres halbes Jahr bis zum 31. Juli 2018 verlängert. Sie richten sich unter anderem gegen russische Staatsbanken, den Import und Export von Rüstungsgütern sowie die russische Öl- und Gasindustrie. Auch gegen die von Russland annektierte Krim und die dortige Regierung sind EU-Sanktionen in Kraft.
Neues Regelwerk für Chemiewaffen gefordert
Zudem soll die Verbreitung chemischer Waffen wirksamer bekämpft werden. Gefordert wurde „neues EU-Regelwerk restriktiver Maßnahmen“ zur gemeinsamen Abwehr von Chemiewaffen, das „so schnell wie möglich“ angenommen werden solle. Darin enthalten sein sollten „Maßnahmen zur Beschränkung des Gebrauchs und der Verbreitung chemischer Waffen“.
Damit reagierte die Kommission auch auf den Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal im März in Großbritannien. Die britische Regierung wertete den Giftanschlag als politisch motivierten Anschlag Russlands. Die russische Regierung weist allerdings jede Verantwortung von sich.
Aktionsplan gegen politische Einflussnahme
Die EU-Spitzen fassten auf ihrem Gipfel weitere Beschlüsse zur Sicherheitspolitik: Sie wollen Spionageabwehr und Cybersicherheit stärken sowie ihr Vorgehen gegen Desinformationskampagnen abstimmen. Sie baten die Kommission, bis Jahresende einen Aktionsplan für eine „koordinierte Antwort der EU“ auf Versuche der politischen Einflussnahme durch die gezielte Verbreitung falscher Informationen vorzulegen. Dazu müssten „ausreichende Mittel“ zur Verfügung gestellt werden.
Zudem sollten die EU-Staaten enger zusammenarbeiten, um „Bedrohungen durch feindliche Geheimdienste zu reduzieren“. Das solle auch in Abstimmung mit der NATO geschehen. Zwei Wochen vor dem NATO-Gipfel sprach man sich zudem für eine „weitere Vertiefung“ der Zusammenarbeit mit dem Militärbündnis aus. Vor zwei Jahren hatten EU und NATO in einer gemeinsamen Erklärung eine strategische Zusammenarbeit vereinbart. Dabei geht es unter anderem um Verteidigungskapazitäten, die Abwehr hybrider Bedrohungen und die Cybersicherheit.
Russland-Sanktionen, Finanzen, EU-Beitritte
Abseits davon sollte am Gipfel erstmals auch über den Kommissionsvorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 beraten werden. Hier geht es vor allem um den Zeitrahmen. EU-Kommission und EU-Parlament machten zuletzt Druck, das Budget noch vor der EU-Wahl im Mai 2019 unter Dach und Fach zu bringen. Auch Merkel sprach sich für ein Budget vor der EU-Wahl aus. Andere Länder, die im Herbst selbst Wahlen zu schlagen haben, wollen es hingegen langsamer angehen. EU-Ratspräsident Donald Tusk hält eine Einigung bis Ende 2019 für machbar.
Auch die auf 2019 verschobene Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Mazedonien stand auf der Agenda. Die grundsätzliche Einigung aus Beitrittsgespräche hatte in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland für Skepsis gesorgt - doch unter dem Druck des Asylthemas blieb eine Debatte zuletzt aus.
Heikler Handelsstreit mit USA
Der EU-Gipfel unterstützt zudem die Schutzmaßnahme der Kommission gegen die von den USA verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium gegen die EU. „Die Europäische Union muss auf alle Maßnahmen, die eindeutig protektionistischer Art sind, reagieren. Das gilt auch für Maßnahmen, mit denen die Gemeinsame Agrarpolitik infrage gestellt wird“, heißt es in der Gipfelerklärung.
Die EU werde im Rahmen ihrer positiven Handelsagenda weiterhin mit wichtigen Partnern in der ganzen Welt ehrgeizige, ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Handelsabkommen aushandeln und für ihre Werte und Standards eintreten, heißt es weiter. Der Europäische Rat rufe dazu auf, den Gesetzgebungsvorschlag zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU so bald wie möglich anzunehmen.
Kooperation in WTO soll ausgebaut werden
Vor dem Hintergrund wachsender Handelsspannungen wird zudem betont, wie wichtig die Erhaltung und Vertiefung eines regelbasierten multilateralen Systems sei. Die Kommission wird aufgerufen, ein umfassendes Konzept vorzuschlagen, um zusammen mit gleichgesinnten Partnern die Arbeitsweise der Welthandelsorganisation (WTO) in entscheidenden Bereichen zu verbessern.
So soll es flexiblere Verhandlungen geben, Verringerung von Handelskosten, eine wirksamere und transparentere Streitbeilegung, um so für gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Gleichzeitig soll die WTO als Institution gestärkt werden, auch hinsichtlich ihrer Transparenz und Überwachungsfunktion
„Brexit“: May optimistisch
Am Freitag ist dann auch der „Brexit“ Thema. Dabei beklagte der EU-Gipfel mangelnde Fortschritte in den Verhandlungen mit Großbritannien beklagt. Der Gipfel sei besorgt darüber, dass es „keinen substanziellen Fortschritt“ für eine Grenzlösung von Irland und Nordirland gebe. „Intensivere Anstrengungen“ seien nötig, damit das Austrittsabkommen mit London rechtzeitig bis zum „Brexit“ im Ende März 2019 abgeschlossen werden könne.
Auch für die Vereinbarungen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien müssten die Arbeiten beschleunigt werden, hält der EU-Gipfel fest. Dazu seien „realistische und durchführbare Vorschläge“ von Großbritannien erforderlich.
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