Turbulenzen vor Sondersitzung
Die gesammelte Opposition, Gewerkschaft und Arbeiterkammer. Vor der Sondersitzung am Freitag und der Demonstration der Gewerkschaft am Samstag positionierte sich die Front gegen die von ÖVP und FPÖ geplante Novelle des Arbeitszeitgesetzes.
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Für die Arbeiterkammer (AK) ist die „Freiwilligkeitsgarantie“ der Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ rund um den Zwölfstundentag „nicht genügend“. „Es bleibt dabei, dass der 12-Stunden-Tag jederzeit möglich ist. Die Freiwilligkeit ist in der Realität ein leeres Versprechen. Das Gesetz ist schlecht für Familie, Freizeit, Gesundheit“, so AK-Präsidentin Renate Anderl am Donnerstag in einer Aussendung.
Den Ankündigungen der Regierungsvertreter fehle eine Konkretisierung, kritisierte die AK. Bisherige Erklärungen reichten nicht für eine „Entwarnung“. Demnach stand etwa die Freiwilligkeit bis dato schon im Gesetz, wenn es um Zwölfstundenarbeitstage gehe. Somit bleibe die Freiwilligkeit lediglich erhalten. „In der Praxis ist die Freiwilligkeit schwer durchsetzbar, weil der Arbeitgeber immer am längeren Ast sitzt. Das wissen wir aus der AK-Arbeitsrechtsberatung“, heißt es in der AK-Aussendung.
SPÖ fordert Beibehaltung der Höchstarbeitszeiten
Bereits im Sozialausschuss Mittwochabend übten die Oppositionsparteien scharfe Kritik. Die SPÖ verlangte in einem Entschließungsantrag, dass die geltenden Höchstarbeitszeiten beibehalten werden, NEOS schlug in einem weiteren Antrag ein eigenes Flexibilisierungsmodell vor. Beide Begehren fanden keine Mehrheit.
Da der Initiativantrag der Koalitionsparteien zur Arbeitszeitflexibilisierung dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen wurde, nutzten SPÖ und NEOS eigene Anträge, um das Thema doch im Sozialausschuss zur Sprache zu bringen, berichtete die Parlamentskorrespondenz. Ausschussobmann Josef Muchitsch (SPÖ) und NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker kritisierten einmal mehr die Vorgangsweise der Koalitionsfraktionen ÖVP und FPÖ.
Muchitsch betonte, es habe von der Opposition das Angebot gegeben, den Antrag in der Sitzung des Sozialausschusses zu behandeln, damit er über den Sommer begutachtet werden könne. Eine Beschlussfassung wäre dann bei der ersten Sitzung des Nationalrats im September möglich gewesen. Einmal mehr bedauerte er, dass dieser Vorschlag nicht angenommen wurde.
SPÖ mit eigenem Antrag
Die SPÖ plädierte in Form eines Entschließungsantrags dafür, die geltenden Arbeitszeitregeln beizubehalten und die erlaubte Höchstarbeitszeit nicht generell auf zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche auszuweiten. Schon jetzt können Beschäftigte in bestimmten Fällen zwölf Stunden pro Tag arbeiten, etwa bei erhöhtem Arbeitsbedarf, so Muchitsch.
Auch wiederholte die SPÖ etwa ihre Befürchtungen, dass die Regierungspläne zum Entfall von Überstundenzuschlägen führen könnten. Muchitsch appellierte an die Koalition, das Vorgehen zu überdenken.
SPÖ: Auch viele Lehrlinge betroffen
SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid warnte am Mittwoch zudem vor Verschlechterungen für bis zu 40.000 Lehrlinge - nämlich für all jene, die über 18 Jahre alt sind. Denn die Einschränkungen der Arbeitszeit gelten nur für Minderjährige. Betroffen sei die Hälfte der Lehrlinge, so Hammerschmid. Auch die Gewerkschaft schlug in dieselbe Kerbe. Auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber (Liste Pilz) kritisierte einmal mehr die Pläne. Die Liste Pilz betonte zudem, sie unterstütze alle Protestmaßnahmen der Gewerkschaft.
NEOS fordert Gleitzeitvereinbarung
Eigene Vorstellungen über eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung legte NEOS in Form eines Antrags vor. Künftig sollte eine tägliche Normalarbeitszeit von zwölf Stunden möglich sein, wenn es zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite eine Gleitzeitvereinbarung gibt und diese die Möglichkeit bietet, Zeitguthaben ganztägig zu verbrauchen. Er habe aber kein Verständnis dafür, wie die Koalition an die Frage herangehe, sagte Loacker. Sie schaffe neue begriffliche Unschärfen, die langwierige Klärungen vor Arbeitsgerichten nach sich ziehen würden, warnte er.
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