Dauer „maßgeblich“ verkürzt
Die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung hat für den Ministerrat am Mittwoch ein „Umweltpaket“ angekündigt. Inhaltlich geht es dabei neben der Umsetzung von Vorgaben der Europäischen Union um die von der Regierung angekündigte Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen.
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Die Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) hatten ÖVP und FPÖ im Regierungsprogramm angekündigt. Laut einer verteilten Zusammenfassung des geplanten Gesetzespakets vor dem Ministerrat wird die Möglichkeit für die zuständige Behörde angekündigt, „entscheidungsreife“ Ermittlungsverfahren in der mündlichen Verhandlung zu schließen. Beweisanträge sollen nur bis zur mündlichen Verhandlung möglich sein. Außerdem soll jene Behörde die UVP-Pflicht prüfen, in deren Bundesland sich der Hauptteil des Vorhabens befindet.
Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ortete „große Probleme“ in Österreich. Es müsse aber möglich sein, dass Wirtschaft und Umweltschutz „Hand in Hand“ gehen. „Nur mehr Bürokratie und UVP-Verfahren bedeuten noch lange nicht einen besseren Umweltschutz“, so Köstinger. Es werde noch eine sechswöchige Begutachtung geben, um die Regierungsvorlage zu verbessern. Man wolle „gute rechtliche Rahmenbedingungen“ für Umweltschutz und den Wirtschaftsstandort sicherstellen.
Automatische Genehmigung?
Die Regierung betonte, dass es durch die Pläne zu keiner Senkung von Umweltstandards komme. Nur die Dauer soll „maßgeblich“ reduziert werden. Umweltschutzorganisationen bezweifeln das und kritisierten die Pläne der Regierung. So verwies der WWF darauf, dass seit 2000 ohnehin nur vier Prozent der UVP-Projekte nicht genehmigt wurden, und warnte davor, dass unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung Umweltstandards gesenkt werden sollen.
Eine schnellere Abwicklung der UVP ist laut einem Bericht der Tageszeitung „Der Standard“ aber nicht alles, was die Regierung plant. In weitere Folge sei nämlich vorgesehen, bestimmte große Projekte automatisch zu genehmigen, wenn die UVP länger als neun Monate dauert. Umweltministerin Köstinger wollte darauf vor dem Ministerrat nicht eingehen. Sie verwies darauf, dass das geplante Standortentwicklungsgesetz erst kommende Woche von der Regierung beschlossen werden soll. Zuständig dafür ist Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck (ÖVP).
Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte dazu, der Entwurf sei noch nicht fertig. Ziel sei es, ihn nächste Woche im Ministerrat einzubringen. Richtig sei, dass eine Frist geplant sei, nach deren Ablauf wichtige Projekte automatisch genehmigt werden. Diese werde aber länger sein als die gesetzlichen Fristen für UVP und Instanzenzug, es werde eine „ausreichende“ Frist geben. Der Regierung gehe es um eine Beschleunigung von Großverfahren, die heute manchmal viele Jahre dauern.
Durchschnittlich dauern Verfahren einige Monate
Fristen gibt es bei der UVP auch jetzt schon, dennoch dauert sie oft viele Jahre. Die dritte Piste für den Flughafen Wien-Schwechat ist auch nach Jahren noch nicht rechtskräftig entschieden. Im Durchschnitt dauerten Verfahren, die 2016 begannen, rund 18 Monate vom ersten Antrag bis zur Entscheidung beziehungsweise sieben Monate ab dem Moment, in dem alle Dokumente vollständig waren, so der „Standard“ unter Berufung auf das Umweltbundesamt.
Vorrangig und im besonderen öffentlichen Interesse könnten Straßen, Bahnlinien, Stromnetze, Kraftwerke, aber auch private Projekte sein. Sie müssten eine wirtschaftlich herausragende Bedeutung haben. Vorschlagen könnten solche Projekte Ministerien und Landeshauptleute, ein Expertengremium solle sie prüfen, die Regierung würde zweimal im Jahr entscheiden, welche Großvorhaben von besonderer Bedeutung sind, und diese per Verordnung festlegen, schreibt der „Standard“.
Gegen die Pläne laufen Umweltschutzorganisationen bereits Sturm. „Das Vorhaben ist sicher verfassungs- und europarechtswidrig“, heißt es aus dem Ökobüro. Die Regierung plane einen „massiven Anschlag auf den Umweltschutz“, so der WWF. Fakten würden einen Eingriff in die UVP-Verfahren nicht rechtfertigen. „Durchschnittlich liegt die Verfahrensdauer bei nur zwölf Monaten, in vereinfachten Verfahren sogar bei nur sieben Monaten ab Vollständigkeit der Unterlagen. Nur die 20 bis 30 größten Verfahren mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt müssen in ein UVP-Verfahren“, sagte Hanna Simons, die Leiterin der WWF-Umweltschutzabteilung
Aarhus-Konvention soll umgesetzt werden
Beschlossen werden soll laut Köstinger auch die vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention, die einen besseren Zugang von Umweltschutzorganisationen zu Gerichten vorsieht. Der EuGH hatte bereits im Vorjahr entschieden, dass NGOs in wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren eine Klagebefugnis haben müssen. Bisher durften Naturschützer bei Großprojekten an Österreichs Flüssen und Bächen nur mitreden, wenn diese einer UVP unterliegen.
Die EU-Kommission hatte 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der mangelnden Umsetzung der Aarhus-Konvention eröffnet, das laut Köstinger nun „ausgeräumt“ werden soll. Ebenfalls im Ministerrat ist eine Neufassung des Emissionsgesetzes-Luft, mit dem eine EU-Richtlinie über die Reduktion bestimmter Luftschadstoffe umgesetzt werden soll, sowie eine Novelle des Bundesumwelthaftungsgesetzes, ebenfalls eine Reaktion auf ein EuGH-Urteil.
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