Zehntausende in Rumänien protestieren gegen Regierung
In Rumänien sind gestern Abend landesweit Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die vom vorbestraften Chef der regierenden Postsozialisten (PSD), Liviu Dragnea, angedeuteten Strafrechtsänderungen per Regierungsverordnung zu protestieren und den umgehenden Rücktritt des Kabinetts unter Ministerpräsidentin Viorica Dancila sowie Neuwahlen zu fordern.
In Bukarest demonstrierten zum fünften Tag in Folge etwa 15.000 Menschen vor dem Regierungssitz, wo sie „Wir wollen keine Dragnea-Diktatur“, „Weg mit dem Wiederholungstäter“, „Ihr entkommt nicht“, „Diebe“, „Rücktritt“ und „Neuwahlen“ riefen. Weitere Straßenproteste gab es in fast allen Großstädten des Landes, u. a. in Timisoara, Sibiu, Cluj, Brasov, Iasi, Oradea, Constanta, Targu Mures und Craiova.
Dragnea will nicht zurücktreten
Auslöser der neuen Protestwelle waren Dragneas offene Drohungen nach seiner am Donnerstag erfolgten erstinstanzlichen Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Anstiftung zu Amtsmissbrauch: Der wegen Wahlmanipulation bereits vorbestrafte Politiker hatte einen Tag nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs klargestellt, einen Rücktritt von seinen Ämtern auszuschließen.
Vielmehr würden er und seine Partei fortan „härter und radikaler“ vorgehen, um den „Parallelstaat“ – zu dem Dragnea vor allem die Justiz zählt – zu „zermalmen“. Zudem seien er und seine Partei entschlossen, das Strafrecht zügig bzw. nicht per übliches, langwieriges Parlamentsverfahren zu novellieren, so Dragnea.
Korruptionsdelikte vor Verwässerung
Wie die rumänische Presse einhellig unter Berufung auf PSD-Insider berichtet, könnte die ihrem Parteichef treu ergebene Regierungschefin voraussichtlich schon kommende Woche zahlreiche Korruptionsdelikte, vor allem aber den Straftatbestand des Amtsmissbrauchs per Eilerlass verwässern bzw. eine 200.000-Euro-Schadensschwelle einführen, unter der besagter Straftatbestand nicht mehr geahndet werden kann.
In Dragneas Korruptionsverfahren war der Schaden bei 108.000 Lei (rund 23.000 Euro) gelegen, der PSD-Chef wäre so alle Sorgen um eine rechtskräftige Verurteilung los. Die Verwässerung des Straftatbestands des Amtsmissbrauchs per Eilerlass hatte bereits Ex-Regierungschef Sorin Grindeanu Ende Jänner 2017 auf Geheiß seines Parteichefs vorgenommen und damit die größten Demonstrationen seit der Wende von 1989 losgetreten.