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„Nicht was, sondern wo war die Leistung“

Der BUWOG-Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere ist am Dienstag mit Details weitergegangen, die die Betroffenen wohl nie in der Öffentlichkeit wissen wollten. Auszüge aus abgehörten Gesprächen und persönlichen Notizen eröffneten Einblicke in die Gedankenwelt von Grasser, seinem damaligen Freund Walter Meischberger und anderen zu einem Zeitpunkt, als der Druck der Justiz bereits enorm war.

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Auch der wohl berühmteste Satz der Causa - „Wo woa mei Leistung?“ - stand am 38. Prozesstag im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts auf der Tagesordnung. Meischberger hatte ihn bei einem Telefonat mit dem mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech fallen lassen.

„Ich hab eh g’wusst, was ich g’wusst hab“

Meischberger will in dem abgehörten Telefonat von Plech wissen, welche Leistung er für ein Immobilienprojekt in Wien erbracht hat. Meischberger erklärte das am Dienstag damit, dass er schon Bescheid gewusst habe, er habe nur seine Erinnerungen noch einmal abklopfen und auffrischen wollen. „Das haast jetzt net, dass i nix g’wusst hab. Ich hab eh g’wusst, was ich g’wusst hab." Er habe damals durch Gespräche mit Grasser und Ernst Plech wissen wollen, was diese wüssten. „Ich wollte eine Formulierung von Plech, wo meine Leistung war und nicht, was meine Leistung war“, zitiert ihn „Der Standard“ (Onlineausgabe).

Abgehörte Telefongespräche im BUWOG-Prozess

Die Abhörprotokolle wurden vorgespielt - unter anderem der „Leistung“-Sager.

In mehreren Telefonaten Meischbergers mit Plech und Grasser wird deutlich, dass die drei sich gegenseitig offenbar auf dem Laufenden über die Ermittlungsschritte hielten und einander Tipps gaben. Gegenüber den Ermittlern versicherte Meischberger jedoch damals, dass er sich keineswegs mit den anderen Angeklagten abstimme.

„Fest den Schüssel loben“

Aus den Telefonaten zu Jahresbeginn 2010 mit Plech und Grasser geht hervor, dass alle drei ob der mittlerweile hartnäckigen Verfolgung durch die Justiz inklusive zahlreicher Hausdurchsuchungen und medialer Berichterstattung angespannt waren. Sie hatten damals schon den Verdacht, dass sie abgehört werden, woraufhin sich Grasser und Meischberger mehrere Wertkartenhandys zulegten - nicht wissend, dass diese auch abgehört werden können. Die versuchte Geheimhaltung erklärte Meischberger einmal mehr damit, dass man nicht wollte, dass alles in den Medien landete.

Er habe insgesamt vier bis fünf solcher Handys gehabt, sagte er heute. In einem Telefonat mit seiner Sekretärin fragte diese, wem sie denn das Email, das sie von Meischberger bekommen habe, weiterschicken solle. Meischberger hatte in der Mitteilung den Codenamen „Walter Rothensteiner“ für die Zielperson verwendet - ein hochrangiger Raiffeisen-Manager - den die Sekretärin offenbar nicht mehr entschlüsseln konnte. Er habe damit wohl Grasser gemeint, genau und warum ausgerechnet Rothensteiner wisse er auch nicht mehr, sagte Meischberger heute.

Anwalt Norbert Wess, Anwalt Manfred Ainedter und Angeklagter Karl Heinz Grasser

APA/Helmut Fohringer

Grasser hatte laut Telefonat schon den Verdacht, abgehört zu werden (mit Anwälten Norbert Wess und Manfred Ainedter)

Laut den Telefonprotokollen erzählte Grasser zu Jahresbeginn 2010, dass er an einer „Club2“-Diskussionssendung im ORF teilnehmen werde, um aufzuzeigen, was die damalige Regierung alles für das Land getan habe. Meischberger kommentierte das unter anderem so: „Fest den Schüssel loben, fest den Schüssel loben, fest den Schüssel schützen.“

Angst vor Haft

Doch nicht nur diverse parlamentarische Anfragen und Anzeigen durch die Grünen, vor allem der damaligen Abgeordneten Gabriela Moser, machten Grasser und Meischberger offenbar nervös. Meischberger befürchtete, dass ihn seine Selbstanzeige wegen der Nichtversteuerung seiner BUWOG-Provision ins Gefängnis bringen könnte - wenn nämlich die volle Strafsumme angewendet würde, was ihn bis zu 15 Mio. Euro hätte kosten können. Da er dieses Geld nicht gehabt habe, hätte er dann eine Ersatzfreiheitsstrafe in Haft antreten müssen.

Warum ihm Grasser bei den Gesprächen riet, sich in die Causa gut einzulesen, wo doch er, Meischberger, Grassers Berater gewesen sei, begründete der ehemalige FPÖ-Spitzenpolitiker nun mit seiner Nervosität wegen einer unmittelbar bevorstehenden Einvernahme durch die Ermittlungsbehörden. Im Telefonat mit Grasser fiel der Satz Meischbergers: „Da bin ich jetzt supernackt“, als es um seine Projekte mit dem Baukonzern Porr ging. Grasser empfahl ihm, nachzuschauen, in welchen osteuropäischen Ländern die Porr tätig sei. Aus einem der abgehörten Telefonate wird auch die Verteidigungsstrategie von Meischberger ersichtlich: bei der Einvernahme durch die Behörden nicht viel sagen und auf alte Aussagen verweisen.

Rüge für Ainedter

Abwechselnd zu den Telefonprotokollen wurden auch Auszüge aus Meischbergers eigenem Tagebuch wurden erörtert. Er habe sein Tagebuch im September 2009 begonnen und abends als Notizbuch geschrieben, weil er ein kommunikativer Mensch sei und sich nicht richtig austauschen konnte, erläuterte Meischberger dazu. Am Dienstag forderte er das Buch von Richterin Marion Hohenecker zurück. Der Vertreter der Privatbeteiligten CA Immo, Johannes Lehner, lehnte das jedoch erneut ab, weil er nicht sicher sei, ob Meischberger wirklich alles selbst verfasst hat. „Glauben Sie, ich habe das der Sekretärin diktiert?“, antwortete Meischberger.

Für kurze Aufregung sorgte daraufhin auch eine wenig freundliche Geste von Grassers Anwalt Manfred Ainedter in Richtung Lehners. Richterin Hohenecker rügte Ainedter für seine Geste deutlich.

Prozess könnte noch komplizierter werden

Wie der „Standard“ online weiter berichtete, könnte der BUWOG-Prozess noch einmal an Komplexität zulegen - in Richtung Telekom Austria (TA). Richterin Marion Hohenecker ist ja auch für die Hauptverhandlung in der Causa Telekom Austria (TA)/Parteienfinanzierung zuständig, in der unter anderem die Ex-Lobbyisten Peter Hochegger und Meischberger zu den Angeklagten zählen.

Sie überlege nun, nach den Einvernahmen der BUWOG-Angeklagten die Hauptverhandlung der Causa TA/Parteienfinanzierung zu eröffnen, ins laufende Verfahren einzubeziehen und die TA-Angeklagten einzuvernehmen, schrieb der „Standard“. Zum Teil gibt es in den Causen dieselben Zeugen, auch die Schöffen wären bei der Einbeziehung dieselben.

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