Laute Stromfresser plagen die Nachbarn
Bei den einen dreht sich der Ventilator in einer kleinen Box an der Hausmauer, bei den anderen hängt ein Schlauch aus dem Fenster: Viele Klimageräte machen ein surrendes Geräusch, das man außerhalb der Wohnung hören und das die Nachbarn nerven kann. Neben der Lärmbelästigung gibt es auch ein „Umweltproblem“ - aufgrund von Klimaanlagen nimmt der Stromverbrauch weltweit drastisch zu.
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Seit Tagen überzieht eine Hitzewelle das ganze Land. Das hat zur Folge, dass sich viele Häuser tagsüber stark aufheizen. In großen Städten kühlt es nachts wegen der dichten Bebauung nicht mehr ausreichend ab. Klimaanlagen sind dann die einzige Möglichkeit, das Schlafzimmer schnell auf eine erträgliche Temperatur herunterzukühlen.
Ohne großen Installationsaufwand lässt sich das nur mit Monoblockgeräten bewerkstelligen. Diese mobilen Klimaanlagen leiten die warme Innenluft über einen Luftschlauch durch das geöffnete Fenster nach außen und blasen kühle Luft in die Wohnung.
Klimaanlagen heizen der Nachbarschaft ein
Diese Monoblockgeräte sind nicht nur große Stromfresser. Gibt es beim Fenster keine Styroporabschirmung mit einer Aussparung für den Schlauch oder einen Ausgang in der Glasscheibe, muss das Fenster immer einen Spalt geöffnet bleiben und warme Luft kommt ins Zimmer. Etwas effizienter sind Split-Anlagen, die fest verbaut sind. Sie bestehen aus einem Innen- und einem Außengerät, das an der Fassade angebracht wird. Dafür ist ein Wanddurchbruch notwendig - nicht der einzige Nachteil dieser Klimaanlagen.

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Split-Anlagen sind effizienter als mobile Klimageräte, verbrauchen allerdings auch vergleichsweise viel Energie
Solche Klimaanlagen tragen durch die Abwärme dazu bei, dass Städte in der Nacht nicht wirklich abkühlen können. Und laufen die Geräte auf Hochtouren, kann es zu einer erheblichen Lärmentwicklung kommen, die Nachbarinnen und Nachbarn, die ihre Fenster zum Lüften öffnen, stört. Gerade in ansonsten ruhigen und kühlen Innenhöfen könnten Klimaanlagen zum Problem für die Nachbarschaft werden, sagt Gerhard Cech, Leiter der Wiener Baupolizei, Magistratsabteilung 37, im Gespräch mit ORF.at.
Anzahl der Beschwerden nimmt zu
„In Innenhöfen kann es natürlich zu einer Reflexionswirkung kommen“, so Cech. Der Schall werde von den Hausmauern verstärkt. Selbst wenn das Surren der Klimageräte gar nicht so laut sei, könne es durch die baulichen Umstände zu einer unangenehmen Lärmentwicklung kommen. „Dass das öfter der Fall ist, merken wir auch an der zunehmenden Zahl von Beschwerden bei der Baupolizei wegen solcher Klimaanlagen“, ergänzt der Jurist.
Nicht nur die Zahl der Beschwerden, auch die Anträge um Bewilligung einer Klimaanlage haben bei der Wiener Baupolizei zugenommen. Bevor eine solche Bewilligung erteilt wird, überprüft die Magistratsabteilung, ob Anrainer durch den Einbau einer Klimaanlage beeinträchtigt würden. Kommt es zu Beschwerden, kann es im Einzelfall auch Lärmmessungen geben bzw. können medizinische Sachverständige herangezogen werden, um zu überprüfen, ob der Geräuschpegel für die Nachbarschaft tolerierbar ist.
Wohnungsbesitzer müssen zustimmen
Ein weiterer Faktor ist das äußere Erscheinungsbild der Wohnhäuser. Wird das Fassadenbild durch die Mauerdurchbrüche und die Kühlgeräte gestört, gibt es keine Bewilligung. Bei denkmal- oder ensemblegeschützten Gebäuden muss zusätzlich das Bundesdenkmalamt konsultiert werden. Voraussetzung für einen solchen Antrag ist allerdings, dass der Besitzer oder die Besitzerin der Wohnung bzw. des Hauses oder die Eigentümergemeinschaft zustimmt.
Denn selbst wenn die Temperaturen steigen, ein Recht auf eine eingebaute Klimaanlage hätten Mieterinnen und Mieter nicht, sagt Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer Wien. Bei solchen baulichen Veränderungen müssen Vermieterinnen und Vermieter nur ihre Zustimmung geben, wenn sie einem wichtigen Interesse des Mieters entspricht und die Veränderung ortsüblich ist. „Letzteres ist in Österreich, in einer Stadt wie Wien oder Graz, nicht der Fall“, so Rosifka gegenüber ORF.at.
Zunächst das Gespräch suchen
Diese Problematik umgehen viele, indem sie ein mobiles Monoblockgerät anschaffen. Kommt es deswegen zu Lärmproblemen, rät Rosifka den Betroffenen zunächst das Gespräch mit den lärmenden Nachbarn zu suchen. Vielen sei nicht bewusst, dass ihr Klimagerät im Innenhof für einen hohen Geräuschpegel sorgen kann.
Lässt sich kein Kompromiss finden, bleibe nichts anderes übrig, als die Polizei zu kontaktieren. Handelt es sich tatsächlich um ungebührlichen Lärm, wird die Polizei die Klimaanlagenbetreiber zunächst abmahnen und bei Wiederholung eine Strafe verhängen. Eine weitere Möglichkeit wäre, zivilrechtlich auf Unterlassung der Lärmverbreitung zu klagen, so der Jurist. In so einem Fall könne man sich etwa bei der Mietervereinigung oder anderen Mieterorganisationen erkundigen.
Klimaanlagen sind nicht die Lösung
Neben dem Lärmproblem ist bei den Nachteilen solcher Monoblock- und Split-Geräte auch der hohe Energieverbrauch anzuführen. Denn solche Klimaanlagen funktionieren im Prinzip wie Kühlschränke, doch statt 150 bis 200 Liter Inhalt müssen sie ganze Räume kühlen. „Die steigenden Temperaturen sind für viele Menschen eine Belastung“, sagt Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt. Alle Wohnungen mit energieintensiven Klimaanlagen aufzurüsten, sei allerdings nicht die Lösung.

ORF.at/Zita Klimek
Heuer gab es schon im Frühling sommerliche Hitze
Nicht nur Altbauten, auch neuere Wohnhäuser seien nicht auf die rasant steigenden Temperaturen ausgelegt, so der Klimaexperte. Außenjalousien und entsprechende Isolierungen sollten jedoch längst Standard sein. Was dichtbebautes Gebiet ebenfalls abkühlt, sind Dach- und Fassadenbegrünungen. "Alle versiegelten Flächen speichern die Wärme und verschlechtern die Abkühlung in der Nacht, so Schneider.
Statt die Wohnung lärmintensiv mit Klimaanlagen zu kühlen, empfiehlt das Umweltbundesamt tagsüber die Fenster zu schließen und bei starker Sonneneinstrahlung abzudunkeln und erst am Abend bzw. in der Nacht zu lüften. Wer dennoch zu einer Klimaanlage greifen möchte, sollte beim Kauf unbedingt auf das Energieeffizienzlabel achten und das Gerät nicht voll aufdrehen. Auch aus gesundheitlichen Gründen sollte der Unterschied zwischen Außen- und Innentemperatur nicht mehr als sechs Grad betragen. „Ideal wäre eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, um die Klimaanlage nachhaltig betreiben zu können“, ergänzt Schneider.
Stromfresser auf dem Vormarsch
Dass die meisten Klimaanlagen - fix verbaute wie mobile - enorme Stromfresser sind, tut ihrer Popularität keinen Abbruch. Der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge fließt ein Zehntel des weltweit verbrauchten Stroms in Klimaanlagen. Wegen des Klimawandels und der Erderwärmung steigt die Nachfrage nach Kühlsystemen. Laut IEA wird sich der Stromverbrauch durch Klimaanlagen bis 2050 noch einmal verdreifachen.
Einer der Hauptverursacher ist China. Dort werden mittlerweile mehr Klimaanlagen als in jedem anderen Land auf der Welt verkauft, wie Quartz in einem Beitrag berichtet. In puncto Energieverbrauch sind die USA nach wie vor führend. Im Jahr 2016 haben 328 Millionen US-Amerikaner mehr Strom für Klimaanlagen und Kühlsysteme verbraucht, als 4,4 Milliarden Menschen, die in Afrika, Lateinamerika, dem Mittleren Osten und allen asiatischen Ländern außer China leben.
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