Themenüberblick

Zehntausende Mitglieder in Dachverband

Die Türkisch-islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich (ATIB Union) ist der größte Verband von Muslimen in Österreich. Nach eigenen Angaben zählt der Verband rund 65 türkische Vereine mit etwa 100.000 Mitgliedern und sieht sich für die Koordinierung von religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der Gemeinden zuständig.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

ATIB organisiert etwa die Rückführung verstorbener Mitglieder in die Türkei sowie Pilgerfahrten nach Mekka. Darüber hinaus kümmert sich der Dachverband um die türkische Community in Österreich, organisiert Deutschkurse, Spendenaktionen, Sportveranstaltungen und Feste.

Der österreichische Ableger ist seit 2011 Mitglied der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), seit 2016 stellt er zudem mit Ibrahim Olgun auch den Präsidenten. Sowohl personell als auch organisatorisch ist ATIB eng mit der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet verwoben. Kritiker sehen ATIB auch als verlängerten Arm der politischen Führung in der Türkei.

Pilz gegen ATIB

ATIB Union stand wiederholt im Rampenlicht, etwa als vergangenes Jahr Spionagevorwürfe gegen ATIB und andere mit dem türkischen Staat verbundene Einrichtungen und Organisationen in Österreich laut wurden. Peter Pilz, damals noch grüner Nationalratsabgeordneter, warf im Februar 2017 dem Verein vor, mutmaßliche politische Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Österreich zu bespitzeln und damit auch gegen seine eigenen Statuten als religiös-kulturelle Einrichtung zu handeln.

Der „Spiegel“ hatte zuvor berichtet, dass türkische Diplomaten in mehreren europäischen Ländern Regierungsgegner ausspionierten. Mitarbeiter der türkischen Botschaften und Konsulate hätten in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien Informationen über politische Gegner gesammelt.

Geld aus dem Ausland

So sollen Namen von mutmaßlichen Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen nach Ankara übermittelt worden sein sowie Informationen zu Schulen, Kultur- und Studentenvereinen der Gülen-Bewegung. In der Türkei wird die Bewegung für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich gemacht. Zehntausende mutmaßliche Anhänger wurden deswegen aus dem Staatsdienst entlassen und inhaftiert.

Pilz hatte ATIB auch die Umgehung des Auslandsfinanzierungsverbots von Moscheevereinen vorgeworfen. Eine Prüfung des Kultusamts ergab daraufhin bei etwa 60 islamischen Imamen Anhaltspunkte für verbotene Auslandsfinanzierung.

Politische Agitation „unerwünscht“

Auf die Vorwürfe reagierte ATIB mit Umbau: Der Vorstand wurde neu aufgestellt. Verbandssprecher Selfet Yilmaz sagte, dass Mitglieder des Vorstands nur noch aus Mitgliedern aus der österreichischen Zivilgesellschaft bestehen dürfen. Botschaftsangehörige sollten im Vereinsvorsitz keinen Platz mehr haben. Man stehe keiner Partei nahe und kämpfe gegen Radikalisierung.

Die Imame der Mitgliedsvereine beziehe man jedoch weiterhin über die Religionsbehörde Diyanet. Politische Agitation sei in den Moscheen aber „unerwünscht“, so Yilmaz im „Kurier“.

Links: