Stern verzichtet auf Mandat
Parteigründer Peter Pilz kommt, Martha Bißmann, Abgeordnete der Liste Pilz (LP) im Nationalrat, könnte gehen - zumindest aus dem Parlamentsklub der LP. Am Donnerstag kündigte Pilz an, wieder in den Nationalrat zurückzukehren. Möglich wird das durch einen Mandatsverzicht von Frauensprecherin Maria Stern.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
In Ungnade gefallen ist nun offenbar Bißmann, die sich geweigert hatte, auf ihr steirisches Mandat zu verzichten, um Pilz die Rückkehr in den Nationalrat zu ermöglichen. Sie war nach Pilz’ Ausstieg im November auf seinen Platz nachgerückt. Erst vor einer Woche hatte sie darauf bestanden, ihr Mandat zu behalten - notfalls ginge die LP auch ohne Pilz.
Bißmann sagte in einem ZIB2-Interview vor wenigen Tagen, dass ihr Watschen angedroht und hochvertrauliche Dokumente von Klubkollegen weitergegeben worden seien. Sie wollte mit ihrer Haltung ein Zeichen für andere Frauen setzen, die in Machtverhältnissen am Arbeitsplatz Ähnliches erleben. Sie sei jedenfalls keine „Platzhalterin“.
Pilz sieht „grünes Licht“ für Rückkehr
Bißmann war nachgerückt, nachdem Pilz nach Belästigungsvorwürfen im November vergangenen Jahres auf sein steirisches Grundmandat für den Nationalrat verzichtet hatte. Pilz wurde vorgeworfen, im betrunkenen Zustand beim Forum Alpbach 2013 eine Frau begrapscht zu haben. Pilz gab an, daran keine Erinnerung mehr zu haben, und bestritt den Vorfall. Ähnlich argumentierte er auch am Donnerstag: „Ich habe dazu öffentlich alles gesagt und ich habe dazu öffentlich gesagt, dass es diesen Vorfall in dieser Art und Weise nicht gegeben hat.“
Zeugen bestätigten die Vorkommnisse allerdings. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck stellte die Ermittlungen dazu dennoch ein, weil die Causa verjährt war und die Frau keine Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt hatte. Für Pilz bedeutet die Verfahrenseinstellung nun „grünes Licht“ für die Rückkehr ins Parlament.
Vertrauen gegenüber Bißmann „zerstört“
Mit Bißmann will Pilz nun aber nichts mehr zu tun haben. Es habe in den vergangenen zwei Wochen viele Gespräche mit Bißmann gegeben, so Pilz: „Da ist sehr viel an Vertrauen zerstört worden. Ich kann mir schwer vorstellen nach all dem, was passiert ist, im Parlamentsklub zusammenzuarbeiten.“ Das Vertrauen des Klubs gegenüber Bißmann sei aber nicht mehr gegeben, so Pilz und Wolfgang Zinggl, derzeit geschäftsführender LP-Obmann.

APA/Roland Schlager
Maria Stern ermöglicht mit ihrem Mandatsverzicht die Rückkehr von Peter Pilz in den Nationalrat
Die Zusammenarbeit mit Bißmann soll beendet werden. Im Parlamentsklub liege bereits ein Antrag zum Ausschluss Bißmanns aus dem Klub vor, so Pilz. Sollte er bei der Abstimmung darüber bereits in den Nationalrat zurückgekehrt sein, werde er für diesen Antrag stimmen. Laut APA könnte der Ausschluss bereits bei einer Klubsitzung am Dienstag beschlossen werden. Bißman wäre damit die erste wilde Abgeordnete dieser Legislaturperiode.
Zeitplan für Rückkehr noch offen
Wann ein Comeback auf die Abgeordnetenbank für Pilz tatsächlich umgesetzt wird, ist offen. LP-Abgeordneter Alfred Noll, der derzeit noch mit einem Bundesmandat im Parlament vertreten ist, stimmte einem Wechsel auf die niederösterreichische Liste zu. Dieser Platz ist nun nach dem Rückzug des interimistischen Klubobmanns Peter Kolba und dem Verzicht Sterns, nachzufolgen, frei. Noch am Donnerstag wollte Noll die zuständigen Behörden darüber informieren: „Es wird Zeit, dass Peter Pilz einen Job annimmt, für den er geeignet ist.“
Pilz will nun die Schlüsselrollen in der Partei neu verteilen. Die Mitgliederversammlung der derzeit sieben LP-Mitglieder soll im August darüber abstimmen, ob Stern neue LP-Parteichefin wird. Sie soll auch Frauensprecherin bleiben. Pilz will nun auch weitere Mitglieder aufnehmen und erwartet „demnächst“ eine dreistellige Anzahl.
Prozessabsage wegen Kreislaufkollaps
Pilz selbst will sich auf die U-Ausschüsse zu BVT-Affäre und Eurofighter konzentrieren. Die Arbeit in den U-Ausschüssen will er sich mit den LP-Abgeordneten Daniela Holzinger (Eurofighter) und Alma Zadic (Verfassungsschutz) teilen. Er will auch nicht selbst Klubobmann sein. Diese Verteilung der Positionen sieht er derzeit für ein halbes Jahr bis Jahr: „Alles, was darüber hinausgeht, ist Spekulation.“
Dass er mit seiner Rückkehr ins Parlament eine Flucht in die parlamentarische Immunität antritt, wies Pilz zurück. Am Mittwoch musste er einen Gerichtstermin als Beschuldigter in einem Verfahren wegen übler Nachrede in St. Pölten wegen einer Krankheit absagen. Nicht eine in den Medien kolportierte chronische Gastritis, sondern ein Kreislaufkollaps durch eine virale Darmerkrankung seien der Grund gewesen, erklärte Pilz.
Er will den Antrag stellen, für diesen Prozess seine Immunität aufzuheben. Als Abgeordneter kann er aber nicht auf seine Immunität verzichten. Die Entscheidung liege beim Nationalrat, erklärte Parlamentarismusexperte Werner Zögernitz. Nachdem der Nationalrat in dieser Causa bereits einmal den Schutz der Immunität bestätigt hatte, sei davon auszugehen, dass er wieder so entscheidet. „Alles andere würde mich wundern“, meinte der Experte. „Der politische Zusammenhang ist zweifellos gegeben.“
„Pilz hat sich seiner Verantwortung gestellt“
Übernimmt Stern die Rolle als Parteichefin, erwarten sie zumindest finanziell keine Nachteile. Eigenen Angaben zufolge erhält sie derzeit als Frauensprecherin ein Gehalt von 5.000 Euro monatlich. Als Parteichefin soll sie laut Pilz sein bisheriges Gehalt in Höhe des Abgeordnetenbezugs (8.887 Euro) erhalten. Sie wollte mit ihrem Mandatsverzicht den „gordischen Knoten durchschlagen“ und der LP die Rückkehr zu einer stärkeren Oppositionsarbeit ermöglichen.
Dass sie als Frauensprecherin und Mitinitiatorin des Frauenvolksbegehrens nun einem Mann Platz macht, der im Vorjahr wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe zurückgetreten war, ist für sie kein Widerspruch: „Peter Pilz hat sich seiner Verantwortung gestellt, in aller Öffentlichkeit.“
„Kein frauenpolitisches Highlight“
SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek sieht in diesem Schritt „kein frauenpolitisches Highlight“: „Es ist schade, dass die geäußerten Vorwürfe an Peter Pilz nie ausgeräumt wurden.“ FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker sprach von „Mandatsschacherei“. Weil Stern auf ihr Mandat verzichtet und dafür Parteichefin wird, sei „Mandatskauf und Korruption“ nicht auszuschließen.
ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker bedauert, dass Stern nicht in den Nationalrat kommt. In ihrer Reaktion auf die parteiinternen Rochaden erinnerte sie Pilz daran, dass die Belästigungsvorwürfe gegen ihn nicht entkräftet wurden: „Sie sind nur nicht verfolgt worden.“ Die mutmaßlichen Opfer hätten der Strafverfolgung nicht zugestimmt, „weil sie ihre persönliche Situation nicht in der Öffentlichkeit breitgetreten haben wollen“.
Auch NEOS-Vizeklubchef Niki Scherak befürchtet durch die Rückkehr von Pilz einen Schaden für die Demokratie: „Anstatt für mehr Kontrolle, Ideen und Sachpolitik zu kämpfen, ging es heute offenbar nur um Eitelkeiten und gut bezahlte Posten.“
Links: