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Verlagerung der Produktion

Die Einführung von Strafzöllen auf Importe von Stahl und Aluminium unter anderem aus der EU und Kanada könnte auch zu einem Lehrbeispiel für US-Präsident Donald Trump werden: nämlich wie komplex in der globalisierten Wirtschaft die Zusammenhänge mittlerweile sind und dass unbeabsichtigte und unerwünschte Effekte immer mitbedacht werden müssen.

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So gehören zu den „Opfern“ der neuen Zölle auch US-Firmen, die etwa für Kühlschränke und andere Produkte Komponenten liefern, wie das „Wall Street Journal“ („WSJ“) berichtet. Während US-Stahlproduzenten von den Zöllen profitieren, gehören andere US-Unternehmen zu den Verlierern. Konkret jene US-Firmen, die Stahl und Aluminium etwa aus Europa importieren, um von Kühlschrankteilen über Räder eine ganze Reihe an Teilprodukten zu fertigen.

Für sie verteuerten sich die Materialkosten - und damit ihre Produkte. In einigen Fällen haben sich deren Abnehmer, ebenfalls US-Unternehmen, laut „WSJ“ bereits an ausländische Lieferanten gewandt, die billigere, nicht mit den Strafzöllen belegte, Metalle verwenden. Sie können ihre Komponenten dann in die USA exportieren, ohne von den Handelsbarrieren betroffen zu sein. Die Folgen, die sich derzeit „WSJ“ zufolge freilich noch in Grenzen halten, zeigen, wie die Bemühungen einiger US-Unternehmen, staatlichen Schutz zu bekommen, unabsichtlich anderen damit schaden könnten.

„Trifft die Produktion wirklich“

Aneesa Muthana, Besitzerin des Unternehmens Pioneer Service, betonte gegenüber dem „WSJ“, ihre Firma habe kürzlich einen Auftrag von einem langjährigen Kunden verloren. Pioneer Service musste den Preis für seine Kühlschrankteile und Klimaanlagenkomponenten wegen der höheren Stahlkosten verdoppeln. Daraufhin wechselte der Kunde zu einem chinesischen Anbieter. „Das trifft die Produktion wirklich“, so Muthana.

Andere Produzenten verlagern Teile ihrer Produktion nach Übersee. „Einige unserer Kunden haben ihre Produktion wegen des Preisanstiegs bei den Rohmaterialien nach Europa und Kanada zurückverschoben“, so Jerry Pines der Millenia Products Group. Die teils bereits im Februar eingeführten Strafzölle hätten den Stahlmarkt in den USA „so schwierig gemacht“ wie in den letzten 50 Jahren nicht. Der Werkzeughersteller Black & Decker soll ebenfalls überlegen, US-Lieferanten zu ersetzen.

EU und Kanada ziehen vor WTO

Politisch hat sich die US-Regierung mit ihrer Zollentscheidung bei Stahl und Aluminium zulasten wichtiger Partnerländer in der G-7-Gruppe der großen Industrieländer völlig isoliert. Die Europäische Union und Kanada kündigten als Reaktion Klagen vor der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die USA an. Japan behält sich das noch vor.

Einhellig verurteilten die Partnerländer der USA bei einer G-7-Finanzministerkonferenz im kanadischen Whistler die amerikanische Entscheidung als rechtswidrig und nicht hinnehmbar. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sprach davon, dass gerade die Europäer seinem US-Kollegen Steven Mnuchin diese Kritik „mit großer Deutlichkeit“ erläutert hätten. Scholz äußerte den Eindruck, dass das von Mnuchin immerhin verstanden worden sei.

Jens Weidmann, Präsident der deutschen Bundesbank, sieht im eskalierenden Handelskonflikt eines der großen Risiken für die weitere weltwirtschaftliche Entwicklung. Allerdings hält er die direkten Auswirkungen der jüngsten US-Entscheidung für Importzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Europäischen Union für begrenzt, wie er dem ZDF sagte.

„Wir reden hier über 0,04 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union.“ Allerdings könnte eine weitere Eskalation für mehr Unsicherheit sorgen und damit das Vertrauen bei Verbrauchern und Unternehmern schädigen. „Wir müssen natürlich entschlossen und im Rahmen der WTO-Regeln reagieren“, forderte der Notenbanker.

Alle gegen Mnuchin

US-Finanzminister Mnuchin schaffte es nicht, die verärgerten Partner mit seinen Argumenten zu überzeugen. Sein Kollege habe sich schwergetan, die Entscheidung zu begründen, sagte der japanische Finanzminister Taro Aso. Mnuchin habe seine G-7-Kollegen vielmehr aufgefordert, sich direkt an US-Präsident Trump mit ihren Klagen zu wenden. „Ehrlich gesagt, er hat mir leidgetan“, sagte Aso über Mnuchin. „Das passiert nicht so oft bei G-7-Treffen - aber es gab eine Situation, in der die USA allein gegen alle anderen standen.“

Zu den heftigsten Kritikern der USA gehörten Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire und dessen kanadischer Kollege, der Konferenzgastgeber Bill Morneau. Auch der britische Minister Philip Hammond äußerte sich verärgert. Morneau sprach von einem „absurden Vorgang“, wenn die USA von Gründen der nationalen Sicherheit sprächen, die ihre Entscheidung bestimmt hätten.

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