„Bekommen, was sie verdient“
Nachdem US-Komikerin Roseanne Barr wegen eines rassistischen Tweets ihre erfolgreiche TV-Sitcom „Roseanne“ verloren hat, ist die Empörung in den USA groß. Barr hatte die Afroamerikanerin Valerie Jarrett, früher Beraterin des damaligen US-Präsidenten Barack Obama, beleidigt: „Die Muslimbruderschaft und der Planet der Affen haben ein Baby bekommen.“
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„Roseannes Twitter-Mitteilung ist abscheulich, abstoßend und stimmt nicht mit unseren Werten überein, und wir haben entschieden, ihre Show abzusetzen“, sagte Channing Dungey, Präsidentin von ABC Entertainment. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen reagieren entsetzt. Viele Menschen - darunter etliche Prominente - bedankten sich beim Sender.

AP/Invision/Jordan Strauss
Whitney Cummings, Michael Fishman, John Goodman, Jayden Rey, Roseanne Barr, Sara Gilbert, Sarah Chalke und Emma Kenney (v. l. n. r.) bei der „Roseanne“-Premiere im März
Kostars gehen auf Distanz
Allen voran Schauspielerinnen und Schauspieler der Serie distanzierten sich von Barr. „Es ist unglaublich traurig und schwierig für uns alle, denn wir haben eine Show geschaffen, an die wir glauben, auf die wir stolz sind und die die Zuschauer lieben - eine Show, die anders ist als die Meinungen und Wörter eines Mitglieds der Besetzung“, schrieb Sara Gilbert, Roseannes Filmtochter Darlene Conner, auf Twitter. Barrs Äußerungen nannte Gilbert in einem weiteren Tweet „abscheulich“, sie sei sehr enttäuscht.
Sie würde nicht mehr für die Show arbeiten, twitterte Wanda Sykes, bisher beratende Produzentin der Serie. Alle hätten hart gearbeitet, um eine tolle Show zu schaffen. Er sei persönlich entsetzt über die Äußerungen, die die Werte der Menschen, die für die Show gearbeitet haben, nicht wiedergeben, so der Drehbuchautor und Koproduzent der Serie, Bruce Helford.
Lob für ABC
Barrs Kolleginnen und Kollegen wie Patricia Arquette, Zoe Saldana und Don Cheadle reagierten empört auf den Tweet. Auch Barrs Ex-Mann, der Schauspieler Tom Arnold, zeigte sich entsetzt und lobte zugleich die rasche Reaktion des Senders, die Serie abzusetzen. Ich bin froh, dass ‚Roseanne‘ abgesetzt wurde", schrieb Schauspieler Kumail Nanjiani. Schauspielerin Minnie Driver schrieb, sie sei stolz darauf, dass ABC die Serie trotz der guten Quoten abgesetzt habe. „Sie hat bekommen, was sie verdient“, schrieb Drehbuchautorin und Produzentin Shonda Rhimes („Grey’s Anatomy“, „Scandal“) über Barr.
Rechtfertigung mit Schlaftabletten
Barr selbst verhedderte sich unterdessen in folgenlos bleibenden Ankündigungen, Entschuldigungen und nachträglich gelöschten Rechtfertigungen. Nachdem sie zunächst parallel zu ihrer ersten Entschuldigung für ihren „schlechten Witz“ angekündigt hatte, Twitter zu verlassen, tweetete Barr dennoch stundenlang weiter. Sie retweetete auf ihrem Account Nachrichten von Menschen, die sie unterstützten. Darunter war eine Fotomontage mit der rhetorischen Frage: „Das ist okay, aber das nicht?“ Zu sehen sind drei Fotos des US-Präsidenten Donald Trumps - den sie in der Vergangenheit mehrfach unterstützt hatte - neben Orang-Utans und ein Foto von Jarrett neben einer Figur aus „Planet der Affen“.

Screenshot Twitter
Screenshot eines mittlerweile wieder gelöschten Tweets von Roseanne Barr
Später entschuldigte sich Barr bei ihren Fans. Niemand solle sie verteidigen oder bemitleiden, sie habe einen Fehler begangen. Sie wolle sich bei den Hunderten Menschen entschuldigen, „die wegen meines dummen Tweets ihre Jobs in meiner Serie verloren haben“. Auch eine direkte Entschuldigung bei Jarrett folgte sowie ein Tweet, in dem sie schrieb, dass sie zum Zeitpunkt des Verfassens unter dem Einfluss eines Schlafmittels gestanden sei. Dieser Tweet wurde später jedoch wieder gelöscht. Mittwochvormittag (Ortszeit) rechtfertigte sich Barr abermals. „Ich bin keine Rassistin, war es nie und werde es nie sein“, schrieb sie in einem Tweet.
Barrs Äußerungen und die Absetzung der Serie sorgen nun für eine erregte Debatte in Sozialen Netzwerken. Zahlreiche US-Bürgerinnen und -Bürger begrüßten die Entscheidung von ABC explizit. Viele wiesen allerdings auch darauf hin, dass Barrs fragwürdige Positionen schon lange bekannt waren. Breiten Raum nahmen auch Diskussionen über das Für und Wider freier Rede ein. Gewitzelt wurde freilich auch: Die Wiederauflage von „Roseanne“ habe immerhin länger gedauert als die Amtszeit mancher Trump-Mitarbeiter.
Trump attackiert ABC
Nach anfänglichem Schweigen hat sich am Mittwoch auch Trump in die Debatte eingeschaltet. Trump verzichtete auf jegliche Kritik an den Äußerungen Barrs. Stattdessen attackierte er den Sender ABC. Jarrett berichtete, dass sie nach der Welle der Empörung über Barrs Kommentar von Disney-Chef Bob Iger angerufen worden sei. Disney ist der Mutterkonzern von ABC. Iger habe sie persönlich darüber informiert, dass „Roseanne“ abgesetzt werde, teilte Jarrett mit.
Igers Geste gegenüber Jarrett erregte nun den Unmut des Präsidenten. „So was, er (Iger, Anm.) hat niemals Präsident Donald J. Trump angerufen, um sich für die fürchterlichen Statements zu entschuldigen“, die ABC über ihn gemacht habe, twitterte Trump. „Vielleicht hat mich der Anruf bloß nicht erreicht?“
Nicht der erste rassistische Aussetzer
Es waren nicht die ersten Tweets dieser Art, die Barr verfasste. Bereits im Jahr 2013 habe sie Susan Rice, ebenfalls Afroamerikanerin und ehemalige Obama-Beraterin, mit einem Affen verglichen, wie US-Medien berichteten. Auch diese Nachricht habe Barr später gelöscht. Immer wieder wurde der Trump-Anhängerin auch vorgeworfen, dass sie Verschwörungstheorien wie „Pizzagate“ verbreite. „Pizzagate“ war eine Kampagne mit falschen Anschuldigungen gegen Trumps Gegenkandidatin Hillary Clinton gewesen.
Geschichte einer Arbeiterfamilie
Die „Roseanne“-Show erzählt die Geschichte der Arbeiterfamilie Conner. Sie hatte zunächst in den 80er und 90er Jahren Erfolge gefeiert und war vor einigen Wochen neu aufgelegt worden - mit sehr guten Quoten.
Soros als „Nazi“ bezeichnet
Nur wenige Stunden vor dem inkriminierten Tweet hatte die 65-Jährige zunächst mit einer anderen Twitter-Nachricht Empörung in den USA ausgelöst. Darin hatte sie den jüdischen US-Milliardär George Soros als „Nazi“ beleidigt, der während des Zweiten Weltkriegs andere Juden verraten habe, um sich an ihnen zu bereichern. Der Investor wies die Aussagen von Barr in einer Mitteilung entschieden zurück. Solche falschen Anschuldigungen seien beleidigend für alle Opfer des Holocaust, hieß es darin.
Ebenfalls twitterte Barr den Namen „Chelsea Soros Clinton“ und schrieb, dass die Tochter von Ex-US-Präsident Bill Clinton und Ex-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton mit dem Neffen des Investors verheiratet sei. „Guten Morgen Roseanne - mein zweiter Vorname ist Victoria. Ich gehe davon aus, dass die Neffen von George Soros nette Menschen sind. Aber ich bin nicht mit einem verheiratet“, stellte Chelsea Clinton in ihrem Twitter-Profil klar. 2010 heiratete sie den Investmentbanker Marc Mezvinsky (40).
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