Der Welt geht der Sand aus
Denkt man an Rohstoffe, die auf der Welt schnell verbraucht werden, kommen Wasser, Öl oder Gas in den Sinn. Dagegen scheint Sand in Unmengen vorhanden - ebenso häufig wie Sand am Meer. Tatsächlich wird Sand aber zu einem immer knapper werdenden Gut. Der Rohstoff ist so begehrt, dass er bereits eine beliebte Schmuggelware ist.
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Sand ist nach Wasser der am meisten genutzte Rohstoff weltweit. Für die Bauindustrie ist er überhaupt die wichtigste Ressource, macht er doch zwei Drittel der Betonzutaten aus. Wüstensand ist für die Produktion von Beton allerdings ungeeignet. Seine Körner sind durch den Wind rund geschliffen. Ihnen fehlen die Kanten, daher können sie sich im Beton nicht ineinander verhaken, um für die nötige Festigkeit zu sorgen.
All die Millionen Tonnen Sand in der Wüste sind somit für Bauvorhaben nutzlos. Beim Meeressand schaut das aber anders aus. Der Rohstoff wird deshalb auch im großen Stil abgebaut – mit mächtigen Schwimmbagern, die Tonne um Tonne vom Meeresgrund abtragen. Und auch aus Seen und Flüssen lässt sich Sand für Baustoffe gewinnen.
Dramatische Folgen für Ökosysteme
Die Folgen des Abbaus sind für die Ökosysteme aber oft verheerend. „Das Abtragen großer Mengen Sand in Seen und Flüssen etwa führt zu Veränderungen des Flussbetts und der Biodiversität. Im indischen Vembanad Lake, wo jährlich zwölf Millionen Tonnen Sand abgebaut werden, sank das Flussbett um fast 15 Zentimeter. Es kommt zu anderen Gezeiten und zu Dürreperioden“, schreibt die deutsche „Welt“.
Bereits jetzt hat die Sandgewinnung in vielen Weltgegenden tiefe Spuren hinterlassen: „Inseln wurden abgebaut, Küsten erodieren, die Fauna unter Wasser verschwindet, in der Folge verlieren Fischer ihre Existenz“, heißt es in einem Artikel des TV-Senders 3sat.
Sand als Schmuggelware
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) schätzt, dass jährlich zwischen 47 und 59 Milliarden Tonnen Sand und Kies abgebaut werden. Neben dem offiziellen Geschäft hat sich ein lukrativer Schwarzmarkt etabliert. Wegen der großen Nachfrage steigt der Preis seit Jahren enorm. Das macht Sand zu einer beliebten Schmuggelware.
Länder wie Malaysia, Vietnam, Indonesien und Kambodscha haben mittlerweile verboten, Sand zu exportieren. Ausgeführt wird der Rohstoff aber weiterhin – nun eben illegal. Singapurs Wolkenkratzer würde es etwa ohne aus diesen Ländern importierten Sand nicht geben. Die eigenen Ressourcen hat Singapur längst verbraucht.
Der Stadtstaat dehnt seine Küste Jahr für Jahr weiter aufs Meer hinaus aus. Für die Aufschüttungsprojekte braucht es ebenfalls große Mengen an Sand. 5,4 Tonnen pro Einwohner und Jahr verbraucht Singapur. In keinem anderen Land der Welt ist der Pro-Kopf-Verbrauch so hoch.
Künstliche Inseln im Meer
Ein chinesisch-malaysisches Konsortium plant derzeit zwischen Singapur und Malaysia eine 2.000 Hektar große künstliche Insel. Auf ihr soll ein neuer Stadtteil namens „Forest City“ mit Luxusappartments entstehen. Für den ersten Bauabschnitt sollen dem Meer vorerst 49 Hektar abgerungen werden, eine Fläche so groß wie 70 Fußballfelder.
Die bekanntesten künstlich erschaffenen Inseln sind wohl „The Palm“ und „The World“ in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Kein Aufschüttungsprojekt der Welt hat mehr Sand verschlungen als diese Inselgruppen. Für „The Palm“ wurden fast 150 Millionen Tonnen Sand gebraucht, der vor Dubais Küste gewonnen wurde. Für „The World“ brauchte man sogar dreimal so viel.
Beim Bauprojekt Burdsch Chalifa, dem höchsten Gebäude der Welt, musste das von Wüste umgebene Land sogar auf Sand aus Australien zurückgreifen, weil die eigenen Sandbänke bereits ausgeschöpft waren.
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