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Ein Präsident und die Währungspolitik

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan will die Währungspolitik seines Landes an das Präsidentenamt knüpfen, sollte er bei der Präsidentenwahl am 24. Juni wiedergewählt werden, so der Sukkus eines Interviews mit der Finanzagentur Bloomberg Mitte der Woche.

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Die türkischen Finanzmärkte, also neben der Währung auch die Aktien- und Anleihemärkte, gerieten daraufhin erneut unter Druck. Die Rendite türkischer Staatspapiere mit zehnjähriger Laufzeit stieg auf einen Rekordwert von über 14 Prozent. Kein gutes Signal für Ankara, denn höhere Marktzinsen machen die Aufnahme neuer Staatsschulden teurer. Laut Bloomberg schlagen sich auch Nachrichten über ein geringeres Wirtschaftswachstum auf die Währung und den Aktien- bzw. Anleihemarkt nieder - kein gutes Zeichen laut Experten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan

AP/Matt Dunham

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan steht mit den Finanzmärkten auf Kriegsfuß und vice versa

Experten sehen Problem auch in Erdogan

Neben den Investoren geben sich auch Experten skeptisch zu den Präsidentenplänen, denn sie sehen Erdogan selbst als Problem für die Festigkeit der türkischen Währung. Die Sorge in Sachen Lira sei, dass sich Investoren zunehmend - auch schon vor der Bekanntgabe von Erdogans Plänen für nach der Wahl - aus der türkischen Währung zurückziehen, so der Analyst der Saxo Bank, John Hardy, am Mittwoch.

Auch der Chefanalyst von Bloomberg ist skeptisch. Das türkische Wirtschaftswachstum hätte auch den Lira-Kurs verbessern müssen, aber das größere internationale Wachstum habe den Kurs wieder gedrückt. Emotionen seien der Hauptgrund für den Verfall der Lira dieses Jahr gewesen. Erdogans Kommentare hätten das nicht gerade verbessert, so Ziad Daoud, Chefökonom für den Nahen Osten bei Bloomberg.

Auch seien die Investoren über staatliche Eingriffe in die Währungspolitik, die auch noch die Unabhängigkeit der Zentralbank antasten würden, beunruhigt. Einigen sei durch die Aussagen von Erdogan geradezu mulmig zumute geworden. „Unglücklicherweise sind allerdings nervöse Investoren das Letzte, was Erdogan für die Stabilisierung der Lira brauchen kann“, so Daoud in einem Kommentar.

Präsident will Zentralbank lenken

Erdogan will die Notenbank im Falle eines Wahlsieges stärker unter seine Fittiche nehmen. Er geht davon aus, dass die Währungshüter dann seinem Wunsch nach niedrigeren Zinsen folgen werden, hatte Erdogan in einem Interview mit Bloomberg TV am Montagabend gesagt. Wenn die Bevölkerung wegen der Politik der Zentralbank Probleme habe, würde sie den Präsidenten dafür verantwortlich machen, so Erdogan. Daher müsse er eingreifen. Die türkische Notenbank hatte zuletzt die Zinsen angehoben, um gegen die hohe Inflation im Land und die schwache Währung anzukämpfen, das hielt die Talfahrt der Lira jedoch nicht auf.

Markige Sprüche im Wahlkampf

Am 24. Juni wird in der Türkei erstmals gleichzeitig sowohl der Präsident als auch das Parlament gewählt; dementsprechend heiß läuft inzwischen der Wahlkampf. Bereits Anfang Mai hatte Erdogan mit markigen Worten die Finanzmärkte des eigenen Lands unter Druck gebracht. Die Türkei müsse die Zinsen senken, weil sie die „Mutter allen Übels“ und Grund für Inflation seien, sagte der Präsident.

Außerdem holte er zu einem Rundumschlag aus gegen alles, was mit internationalen Finanzmärkten zu tun hat. „Devisenspekulanten, die Zinslobby und Feinde der Türkei unter dem Deckmantel von Ratingagenturen sind unsere Sache nicht“, sagte Erdogan vor Unternehmensvertretern. Anfang Mai hatte die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) die Bewertung der türkischen Kreditwürdigkeit auf „BB-“ gesenkt - unter anderem mit Verweis auf die hohe Inflation.

Wirtschaft in heikler Lage

Bereits seit März ist die Lira stark unter Druck und fällt von einem Rekordtief zum nächsten. Zuvor hatten die historisch niedrigen Zinsen in Industrieländern lange Zeit viel Geld internationaler Investoren in Schwellenländer wie die Türkei gelockt. Doch die Leitzinserhöhungen in den USA und die in Aussicht stehende allmähliche Abkehr vom Krisenmodus der Geldpolitik im Euro-Raum lassen nun umgekehrt wieder Geld aus Schwellenländern abfließen. Das setzt die dortigen Währungen unter Druck.

Die Türkei ist davon besonders stark betroffen, weil sich hier die Wirtschaft trotz eines nach offiziellen Zahlen äußerst hohen Wachstums in einer sehr heiklen Lage befindet. Die schwache Landeswährung verteuert die Importe; und das in einem Land, dessen Einfuhren die Ausfuhren chronisch übersteigen.

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