Schatten über jahrzehntelangem Einsatz
Knapp fünf Jahre nach dem überhasteten Abzug lässt der österreichische Blauhelmeinsatz auf dem Golan wieder die Wogen hochgehen.
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Die im Mai 1974 unter dem damaligen UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim beschlossene Mission galt jahrzehntelang als Vorzeigebeispiel für das globale Engagement des neutralen Österreichs. Der Tod von neun Syrern in einem Hinterhalt wirft nach dem überhasteten Abzug im Jahr 2013 nun einen weiteren Schatten auf sie.
Die Blauhelmtruppe UNDOF (United Nations Disengagement Observer Force) soll auf dem im Sechstagekrieg von Israel eroberten Gebiet die Konfliktparteien auseinanderhalten. Derzeit sind rund 1.144 Soldaten im Auftrag der Vereinten Nationen im Einsatz. Die größten Truppensteller sind Nepal, die Fidschi-Inseln, Indien und Irland.
Entmilitarisierte Zone
Die Blauhelme überwachen eine entmilitarisierte Pufferzone, die 75 Kilometer lang und bis zu zehn Kilometer breit ist. Die Soldaten sind unter anderem auf dem mehr als 2.800 Meter hohen Bergmassiv Hermon stationiert. Dieser weltweit höchstgelegene UNO-Posten trägt den Namen „Hermon Hotel“.
Seit Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 ist die Lage auch für die Blauhelme immer gefährlicher geworden. Japan und Kroatien zogen deshalb ihre Truppenkontingente ab.
Abzug nach syrischen Kampfhandlungen
Österreich, das fast 40 Jahre lang im Einsatz war, entschied Anfang Juni 2013, die zuletzt knapp 380 heimischen Blauhelme abzuziehen. Dem vom damaligen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) verkündeten Beschluss waren immer häufigere Verletzungen der Waffenstillstandszone vorangegangen. Die nur leicht bewaffneten Blauhelme waren kaum mehr aus ihren Schutzräumen gekommen, hieß es.
Viel Kritik für Entscheidung
Der überstürzte Abzug wurde von den Vereinten Nationen irritiert zur Kenntnis genommen, Israel übte deutliche Kritik. Auch Bundespräsident Heinz Fischer bewog die damalige Entscheidung später zu Selbstkritik. Er sei im Auto unterwegs gewesen, als ihn Verteidigungsminister und Bundeskanzler telefonisch von der Entscheidung des Rückzugs informiert hätten, rekapitulierte der Bundespräsident zum Ende seiner zweiten Amtszeit im Mai 2016.
Es sei von Feuergefechten und vielen Toten die Rede gewesen. „Prüft das gut“, habe er gesagt. Dass er nicht explizit vom Abzug abgeraten habe, sehe er als einen seiner wenigen Fehler als Bundespräsident. Die Entscheidung sei nämlich falsch gewesen. „Und ich habe sie nicht zu verhindern gewusst.“
Hastiger Abzug
Das „AusBatt“, das Austrian Battalion, war zuvor als einzige Einheit seit 1974 ununterbrochen auf dem Golan im Einsatz gewesen und stellte das größte Truppenkontingent, zuletzt 378 Soldaten. Insgesamt waren im Laufe der Jahrzehnte mehr als 26.000 österreichische Soldaten im Golan-Einsatz. Innerhalb von acht Wochen endete die jahrzehntelange rot-weiß-rote Ära auf dem Golan.
Nun sorgt eine Episode, die sich wenige Monate vor dem Abzug zugetragen hat, für Schlagzeilen. Im September 2012 sollen österreichische Blauhelme zugeschaut haben, wie syrische Geheimpolizisten in einen Hinterhalt von Kriminellen fuhren. Neun Tote habe es dabei gegeben, berichtet die Wiener Stadtzeitung „Falter“ und untermauert die Vorwürfe mit einem der Zeitung zugespielten Video.
Das Verteidigungsministerium setzte eine Untersuchungskommission ein. Wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der APA am Freitag sagte, wird dabei auch zu klären sein, ob dieser Vorfall zum Golan-Abzug, der von der SPÖ-ÖVP-Koalition beschlossen wurde, beigetragen habe.
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