Preisreigen im Wiener Volkstheater
Bilderbuch und Wanda - die beiden großen österreichischen Bands der letzten Jahre haben auch die diesjährigen Amadeus Awards dominiert. Beide Gruppen wurden am Donnerstag bei einer Gala im Wiener Volkstheater jeweils doppelt ausgezeichnet. Skandale wie beim deutschen Musikpreis Echo blieben aus, die Gala fiel fast schon zu brav aus. Einige Künstlerinnen und Künstler durften auf der Bühne glänzen - allen voran Moderatorin Conchita.
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Die Show begann mit einer Gesangseinlage der Moderatorin, die unter anderem Falcos Welthit „Rock Me Amadeus“ und Bilderbuchs „Bungalow“ zu einem Medley zusammenfügte. Conchita hatte erst kürzlich öffentlich gemacht, HIV-positiv zu sein. Ein Statement dazu auf der Bühne gab es seitens der Künstlerin nicht, der Fokus blieb auf die Musik gerichtet.
Der Preis spiegle die „Vielfalt der österreichischen Musikszene“, sagte Conchita eingangs. „Ich habe mir jedes einzelne eurer Videos angeschaut“, richtete die Moderatorin an die im Saal versammelten Musikschaffenden. „Der Amadeus ist euer Preis, das ist euer Applaus.“
Bester Liveact auf Tournee
In den Kategorie „Bester Song“ und „Pop/Rock“ setzten sich Wanda mit „Columbo“ durch. „Es sitzen einige hier, die uns das alles möglich gemacht haben. Von Herzen vielen Dank“, sagte Sänger Marco Wanda in seiner Dankesrede. „Dass wir das tun dürfen, was wir eigentlich gar nicht können, ist ein Wunder.“ Auch Conchita bekannte, Fan des „Wandalismus“ zu sein, den sie folgendermaßen definiert: „Bussis, viel Amore und oft nackert viel Columbo schauen.“

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Conchita gab im Glitzeroutfit ein Medley zum Besten
Den Titel „Liveact des Jahres“ sicherten sich wie schon 2017 Bilderbuch, die sich unter anderem gegen Wanda, Andreas Gabalier und Rainhard Fendrich durchsetzten. Die Dankesworte der Band kamen via Videobotschaft - passenderweise befindet sich das Quartett derzeit auf ausgedehnter Clubtournee.
Conchitas „Rock Me Amadeus“
Passend zum Namen des Musikpreises sang Conchita zum Galaauftakt Falcos „Rock Me Amadeus“ - als Medley.
Beim „Album des Jahres“ mussten die heimischen Chartstürmer aber anderen Kollegen den Vortritt lassen. Hier setzte sich das Duo Pizzera & Jaus durch und kann damit der Trophäe vom Vorjahr („Song des Jahres“) einen Kompagnon ins Regal stellen. Die Auszeichnung gab es für das bereits mit Platin veredelte Debütalbum „Unerhört solide“. Der Albumtitel passt auch gut zur Liveperformance der beiden Musiker, die ihren Hit „Mama“ im Volkstheater präsentierten.
Masterminds hinter Bilderbuch prämiert
Die Kategorie „Best Sound“ ging an drei Produzenten, die die österreichische Musikszene in den vergangenen Jahren geprägt haben: Zebo Adam, Alex „Fire“ Tomann (Recording und Mix) und Martin Scheer (Mastering) wurden für die Produktion von Bilderbuchs Hitalbum „Magic Life“ prämiert. Damit schließt sich ein Kreis: Adam und Tomann waren es, die die damalige Schülerband Ende der Nullerjahre entdeckt haben.

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Für den besten Song und in der Kategorie „Pop/Rock“ ausgezeichnet: Wanda
Die Band Farewell Dear Ghost, die im Volkstheater auch einen starken Liveauftritt hinlegte, sicherte sich den FM4 Award - mehr dazu in fm4.ORF.at. Sie setzte sich gegen 5K HD, Ankathie Koi, Dives und Mavi Phoenix durch, die ebenfalls in die finale Abstimmungsphase gekommen waren.
Chartstürmer bleibt stumm
RAF Camora holte sich den Bereich „Hip-Hop/Urban“. Trotz großer Erfolge in Deutschland und des Gewinns des Amadeus vor vier Jahren war der in Berlin lebende Wiener hierzulande von österreichischen Medien jahrelang ignoriert worden, was der mittlerweile 33-Jährige auch wortreich in Songs und Interviews beklagte. Das hat sich seit dem Erfolg seines Albums „Anthrazit“, das im Vorjahr in Deutschland und Österreich die Spitze der Charts erreichte, ein wenig gebessert.
Der Rapper war am Donnerstag dennoch der einzige Künstler, der keine Grußworte an das Publikum richtete. Auch Zuspieler gab es keinen. Auf ORF.at-Nachfrage hieß es seitens der Veranstalter, der Rapper produziere derzeit in Berlin sein neues Album und habe keine Zeit gehabt, eine Botschaft aufzunehmen.
Skandale bleiben aus
Skandale blieben bei der fast etwas zu brav geratenen Gala aus. Ganz vorbei ging das Ende des Echo an der Gala trotzdem nicht, setzte es doch nicht nur von Conchita einige dezente Seitenhiebe, sondern hatte der Verband der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI) den Schritt der deutschen Kollegen bereits am Nachmittag als „sehr klare Entscheidung“ bezeichnet und darauf verwiesen, dass die Amadeus-Nominierten je zur Hälfte durch Verkaufserfolg und Jury bestimmt werden. Folglich seien Probleme wie in Deutschland „noch nie in dieser Dimension“ aufgetreten. Nachsatz: „Aber ganz ausschließen wird man eine Diskussion um die Kunstfreiheit und ihre Grenzen nicht können.“
„Girls Wanna Have Fun“
Beim Titel „Girls Wanna Have Fun“ möchte man an Cyndi Lauper denken - Yasmo und ihr Künstlerinnenchor gaben dem Song beim Amadeus eine zusätzliche Bedeutung.
Bei der Gala selbst gab es kritische Worte - Stichwort „#MeToo“ - indes nur in Spurenelementen zu hören. Einzig die Rapperin Yasmo machte den schweren Stand, den Frauen im Musikbusiness nach wie vor haben, in ihrem Song „Girls Wanna Have Fun“ zum Thema. Unterstützung auf der Bühne bekam sie dabei von einem Chor weiblicher Künstlerinnen, in dem unter anderen Birgit Denk, Mieze Medusa und Clara Luzia dabei waren.
Preise für Leyya, Möwe und 5/8erl
Erneut zu Amadeus-Ehren kam das Elektronikduo Leyya. Nach dem Gewinn des FM4 Awards im Vorjahr durften sich Sängerin Sophie Lindinger und Marco Kleebauer über den Preis in der Kategorie „Alternative“ freuen. Im Bereich „Electronic/Dance“ setzte sich mit Möwe ebenfalls ein Duo durch, während die Kategorie „Hard & Heavy“ an Kaiser Franz Josef ging.
Das Nockalm Quintett holte sich die Trophäe in der Kategorie „Schlager/Volksmusik“. „Ehrfürchtig“ entgegengenommen wurde der Preis in der Kategorie „Jazz/World/Blues“ von den Wienern 5/8erl in Ehr’n. Der Songwriter-Preis ging an die Band Folkshilfe um Florian Ritt und Gabriel Haider.
Wilfried posthum geehrt
Der Lebenswerk-Amadeus ging an den im Vorjahr gestorbenen Wilfried Scheutz, besser bekannt als Wilfried. Mit ihm verlor Österreich ein Austropop-Urgestein, das kurz vor seinem Tod mit „Gut Lack“ noch ein starkes Alterswerk vorgelegt hat. Entgegengenommen wurde der Preis auf der Bühne von Regisseur Rudi Dolezal.

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Dolezal hielt eine Laudatio auf den verstorbenen Wilfried
Auf der Bühne stellte der Videoproduzent „ein paar Thesen“ zu Wilfried auf: „Ohne Wilfried keine EAV, kein Hubert von Goisern, kein Austropop“, aber auch „kein Spaß und kein Exzess“. „Egal, welche Projekte er gemacht hat, es war immer typisch Wilfried. Oder besser: untypisch Wilfried. Oder noch besser: eigentlich beides“, sagte Dolezal.
Amadeus für Lebenswerk
Videoproduzent Dolezal hielt eine Rede auf Wilfried. Die im Vorjahr verstorbene Austropop-Legende wurde postum für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards habe ihm einmal gesagt: „Was ein Musiker auf seinem Grabstein stehen haben sollte, sei: Er hat es weitergegeben“, so Dolezal. Und Wilfried habe es weitergegeben, konkret an seinen Sohn Hanibal Scheutz, der bei den prämierten 5/8erl in Ehr’n den Kontrabass spielt.
Jury soll neu zusammengesetzt werden
Mit Ausnahme des FM4 Awards, der mittels Onlinevoting bestimmt wurde, wurden alle anderen Gewinnerinnen und Gewinner durch ein Publikums- und ein Juryvoting ermittelt. In der Jury sitzen rund 100 Expertinnen und Experten aus der Musik- und Medienbranche. Kritik gab es im Vorfeld daran, dass neuerlich kaum Frauen bei den Amadeus Awards nominiert waren.
Der Verband der österreichischen Musikwirtschaft räumte gegenüber dem Onlinemusikmagazin Music Austria ein, dass es Aufholbedarf gebe, was die Chancengleichheit betreffe. Als ersten Schritt versprach der Verband gegenüber Music Austria, die Jury kommendes Jahr zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern zu besetzen.
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