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Historisches Treffen in Grenzort

Noch vor wenigen Monaten hat im Atomkonflikt mit Nordkorea eine militärische Eskalation gedroht. Nordkorea hatte 2017 mehrfach Raketen und seine bisher größte Atombombe getestet und dadurch mehrmals gegen UNO-Resolutionen verstoßen. Am Freitag werden die Staatschefs der beiden Koreas nun zu einem ersten Gipfeltreffen im Grenzort Panmunjon zusammentreffen.

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Kim Jong Un wird als erster nordkoreanischer Machthaber seit dem Ende des Korea-Krieges (1950 bis 1953) an der Demarkationslinie in der gemeinsamen Sicherheitszone empfangen und von der südkoreanischen Ehrengarde nach Panmunjon geleitet. Nach 2000 und 2007 in Pjöngjang ist dieses Treffen der erste Gipfel seit der Eskalation des Atomkonflikts und der erste in Südkorea.

Gebäude in der demilitarisierten Zone in Panmunjom

APA/AFP/Korea Summit Press Pool

Demilitarisierte Zone in Panmunjon: In der Grenzstadt finden immer wieder innerkoreanische Kontakte statt

Kim und der südkoreanische Präsident Moon Jae In wollen sich auf atomare Abrüstung und eine langfristige Friedenslösung konzentrieren. Die Wiedervereinigung der beiden Länder dürfte diesmal kein großes Thema sein. Moons Strategie: ohne Frieden keine Wiedervereinigung. Er setzt auf eine friedliche Koexistenz mit dem nördlichen Nachbarn.

Kim auf Annäherungskurs seit Anfang des Jahres

Kims überraschende Annäherungspolitik hatte bereits Anfang des Jahres begonnen. Er sandte sogar nordkoreanische Sportler zu den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang. Unklar sei, mit welcher Art von Vereinbarung das Treffen enden wird, sagte der Vorsitzende des Vorbereitungskomitees, Im Jong Seok. Strittig sei vor allem das Thema der atomaren Abrüstung Nordkoreas. Fortschritte wären eine gute Grundlage für das Ende Mai oder Anfang Juni geplante Treffen zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump.

Karte von Nordkorea und Südkorea

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AFP

Die enormen Vorbereitungen und die hochrangigen Delegationen zeigen, dass beide Staaten daran interessiert sind, das Treffen zu einem Erfolg zu machen. Südkoreas Präsident Moon widmet sich die gesamte Woche dem Gipfeltreffen und nimmt keine Termine außerhalb des Präsidentenpalasts wahr. Eine direkte Telefonverbindung zu Kim wurde bereits auf seinem Schreibtisch installiert. Bisher gab es nur eine Hotline in der gemeinsamen Sicherheitszone in Panmunjon. In Südkorea soll das Treffen live übertragen werden, in Schulen wird der Unterricht unterbrochen, um die Übertragung zeigen zu können.

Pinie und Mango-Mousse

Das innerkoreanische Treffen ist minutiös geplant - begleitet von zahlreichen Symbolen. So soll etwa an der Demarkationslinie, die Nord- und Südkorea seit 65 Jahren trennt, von Kim und Moon eine Pinie als Zeichen für Frieden und Wohlergehen gepflanzt werden.

Panmunjom

Der Grenzort wird seit vielen Jahren für Kontakte zwischen den beiden Koreas verwendet. Mehrere Gebäude sind direkt über die Grenze gebaut, sodass sich Verhandler in einem Raum treffen können, ohne ihr jeweiliges Land verlassen zu müssen.

Kim wird als erster nordkoreanischer Führer mit militärischen Ehren begrüßt, in kleiner Runde sind zunächst Gespräche im Friedenshaus auf der südkoreanischen Seite der Grenzanlagen von Panmunjon geplant. Später kommen weitere Delegationsmitglieder dazu. Das Mittagessen will die nordkoreanische Delegation wieder im eigenen Land einnehmen. Am Nachmittag gehen die Gespräche nach einem kurzen gemeinsamen Spaziergang weiter, für den Abend ist ein Bankett geplant. Das Protokoll des Treffens ist heikel. Schon das zum Dessert geplante Mango-Mousse führte im Vorfeld zu diplomatischen Verstimmungen.

Das Mangodessert, das beim Treffen zwischen Nordkorea und Südkorea serviert werden soll

Reuters/The Presidential Blue House

Das geplante Dessert löste schon im Vorfeld diplomatische Verstimmungen mit Japan aus

Die Süßspeise ist mit einer Karte Koreas einschließlich einer als Liancourt-Felsen bekannten Inselgruppe dekoriert. Auf halbem Wege zwischen den beiden Staaten gelegen, wird der Archipel sowohl von Südkorea beansprucht, das die Inseln Dokdo nennt, als auch von den Japanern, bei denen sie Takeshima heißen. Japan zeigte sich irritiert und forderte Südkorea auf, das Arrangement noch einmal zu überdenken.

Eigene Toilette für Kim

Mit der Wahl von Schweizer Rösti wurde hingegen eine Speise ausgewählt, die als „Hommage an Kims Kindheit“ in der Schweiz dienen soll. Kim verbrachte Medienberichten zufolge seine Schulzeit in der Schweiz. Um Moon an seine Kindheit zu erinnern, steht zudem gebackener Petersfisch aus der Hafenstadt Busan auf dem Speiseplan.

Mit im Gepäck der nordkoreanischen Delegation wird eine eigene Toilette für Kim sein. Dieser benutze aus Sicherheitsgründen keine öffentlichen Toiletten, zitierte die „Washington Post“ einen ehemaligen Leibwächter Kims. Kims Ausscheidungen enthielten Informationen über seinen Gesundheitszustand, die nicht zurückgelassen werden könnten.

Atomtestgelände beschädigt

Fraglich ist, wie ernst Kim es mit Friedensbekundungen meint. Als positives Signal wurde Kims Ankündigung vor wenigen Tagen gewertet, die Atomtests vorerst auszusetzen. Stattdessen wolle sich Nordkorea nun auf den wirtschaftlichen Aufbau konzentrieren. Bei dieser Entscheidung könnte allerdings auch ausschlaggebend gewesen sein, dass eines der wichtigsten Nukleartestgebiete in Nordkorea chinesischen Geologen zufolge schwer beschädigt sein soll.

Den Experten zufolge wurde der Berg Mantapsan in dem Testgebiet instabil und brach zum Teil zusammen. Eine Ursache dafür könnte der bisher stärkste Atomtest des nordkoreanischen Regimes im Herbst vergangenen Jahres gewesen sein. Dieser soll auch zu Erdbeben geführt haben. Die Studie soll in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letter“ veröffentlicht werden.

Lange Geschichte nordkoreanischer Versprechen

Einige Beobachter warnen vor zu großer Euphorie. Es gebe eine lange Geschichte nordkoreanischer Versprechen und Zusagen, sagte der Experte Nam Sung Wook an der Korea-Universität in Seoul. Jeder erinnere sich daran, wie diese im Lauf der Zeit wertlos geworden seien.

Konferenzraum in Panmunjom, in dem das Treffen zwischen Nordkorea und Südkorea stattfinden soll

AP/South Korea Presidential Blue House

Ein Konferenzsaal im Friedenshaus in Panmunjon

Auch diesmal ist Kims Zugeständnis, Atomtests zu beenden, eigentlich begrenzt. Denn es gab keinen Hinweis darauf, dass er seine Atomwaffen aufgeben wollte. Die Zweifel sind groß, dass Kim auf diese Waffen verzichten wird, die seit Jahrzehnten in Nordkorea entwickelt werden. Einige Experten deuten die Ankündigung Kims in die Richtung, dass sich Nordkorea nun als verantwortungsbewusste Atommacht präsentieren will.

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