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Rechtsbereinigung wie „Kleiderkasten“

Nach dem Reigen der Landtagswahlen will die Bundesregierung größere Reformvorhaben umsetzen. Am Mittwoch befasste sich der Ministerrat mit der bereits Anfang des Jahres angekündigten Rechtsbereinigung. So sollen 2.500 Bundesgesetze und Verordnungen, die vor dem Jahr 2000 erlassen wurden und nicht mehr als nötig befunden werden, gestrichen werden, sagte der zuständige ÖVP-Justizminister Josef Moser.

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Von den rund 5.000 Rechtsnormen sei die Hälfte „nicht mehr zeitgemäß“, so Moser weiter. Er verglich die Maßnahme mit einem Kleiderkasten, der einmal voll wird. „Das, was man benötigt, findet man nicht“, so der Minister. Als gegenstandslos wurde beispielsweise ein Bundesgesetz aus dem Jahr 1990 „zur Durchführung von Bestimmungen des Abkommens zwischen Österreich und der Schweiz betreffend bestimmte Käsesorten und Käsefondue“ gewertet. Der Gesetzesentwurf soll am Freitag in eine fünfwöchige Begutachtung geschickt werden.

Justizminister Moser vor der Presse

APA/Roland Schlager

ÖVP-Justizminister Moser sagte vor dem Ministerrat, dass 2.500 Rechtsnormen abgeschafft würden

Trotz anhaltender Expertenkritik hatte Moser gleich zu Amtsantritt die pauschale Aufhebung alter Gesetze angekündigt. Die anderen Ressorts wurden aufgefordert, bis 15. März zu melden, welche zwischen den Jahren 1946 und 2000 kundgemachten Gesetze weiterhin gebraucht und folglich nicht aufgehoben werden. Das Ergebnis: Jede zweite überprüfte Rechtsnorm soll ersatzlos gestrichen werden.

„Gold-Plating“ und Artikel 12 im Visier

Moser sieht die Rechtsbereinigung allerdings nur als ersten Schritt. Die Regierung will außerdem Vorschriften und Regulierungen auf EU-Mindeststandards zurückschrauben. Das Regierungsprogramm spricht hier von der Rücknahme von „Gold-Plating zulasten von Unternehmen“. Unternehmen und diverse Anteilseigner wurden aufgefordert, bis 15. Mai entsprechende Regeln zu melden.

Ebenfalls heuer will der Minister einen Vorschlag für eine „Kompetenzbereinigung“ zwischen Bund und Ländern vorlegen. Konkret geht es dabei um eine Abschaffung des Artikels 12 der Bundesverfassung. Dieser beschreibt geteilte Kompetenzen zwischen Bund und Ländern, die nun entweder dem einen oder den anderen zugeordnet werden sollen. In diesen Bereich fällt neben Krankenanstalten und Elektrizitätswirtschaft auch die Mindestsicherung.

Justizminister Moser will diesen Artikel „außer Kraft setzen“, wie er vor dem Ministerrat sagte. Es sei ein umfangreiches Paket, das er im zweiten Halbjahr angehen möchte. „Ich setze mich im Mai mit den Landeshauptleuten zusammen“, sagte der Justizminister.

Schramböck will Projekte schneller umsetzen

Der Ministerrat beschäftigte sich auch mit einem Standortentwicklungskonzept, das Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) vorgelegt hat. Ein Hauptpunkt dabei ist das Standortentwicklungsgesetz, das es der Regierung künftig ermöglichen soll, für den Wirtschaftsstandort wichtige Projekte per Verordnung zu beschleunigen, so Schramböck schon im Ö1-Morgenjournal - Audio dazu in oe1.ORF.at.

Pressefoyer nach dem Ministerrat

Nach dem Ministerrat erklärte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) das neu geplante Standortentwicklungsgesetz.

Schramböck sagte nach dem Ministerrat, dass Projekte, „die im Sinne Österreichs sind“, schneller umgesetzt werden müssten. Derzeit seien Großprojekte im Wert von 15 Milliarden Euro in der Warteschleife. „Ein Stadttunnel in Feldkirch würde darunter fallen, die vielbesagte dritte Piste (auf dem Flughafen Wien-Schwechat, Anm.), aber auch Projekte wie Universitäten und Infrastrukturprojekte, wo wir wirklich schneller werden müssen“, sagte Schramböck. Wie die Projekte beschleunigt werden sollen, ohne dass es zulasten der Umwelt oder der Bürgerbeteiligung geht, erklärte Schramböck vorerst nicht.

Darüber hinaus will die Regierung die Wirtschaft als Staatsziel in der Verfassung verankern. „Wirtschaftswachstum schafft Arbeitsplätze und ist an unserer Prioritätenliste ganz weit vorne“, sagte die Ministerin. Wie die Koalitionsparteien die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit erreichen können, ist derzeit unklar. SPÖ und Liste Pilz lehnten gegenüber ORF.at das Vorhaben ab, NEOS will als Bedingung ein breitgefasstes Wirtschaftspaket. Schramböck sagte, sie würde sich wundern, wenn keine Partei zustimmt.

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