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Beschluss trotz scharfer Kritik

Das „Sicherheitspaket“ ist am Freitag im Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen worden. Mit der Novelle erhält die Polizei Zugriff auf einen Großteil der Überwachungskameras im öffentlichen Raum. Die Abstimmung über die Vorlage hatte sich wegen der dazwischen abgehaltenen Dringlichen Anfrage verzögert.

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Zuvor hatte eine kontroversielle Debatte im Parlament stattgefunden. Während die Oppositionsparteien die Maßnahmen kritisierten und vor einem „Überwachungsstaat“ warnten, verteidigten ÖVP und FPÖ die aus ihrer Sicht maßvollen Vorhaben. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) betonte, er sei als Ressortchef für den größtmöglichen Schutz der Bevölkerung verantwortlich.

Mit dem „Sicherheitspaket“ können Aufzeichnungen von Section-Control-Anlagen und Kennzeichenüberwachungssystemen ausgewertet werden. Ein Aus steht hingegen anonymen Wertkartenhandys bevor, Prepaid-Handy-Karten müssen künftig registriert werden. Ebenfalls im Paket enthalten: Wer sich aus grobem Leichtsinn in Gefahr begibt und damit einen Polizeieinsatz auslöst, kann künftig zur Kasse gebeten werden.

SPÖ: „Unsicherheitspaket“ und „Bundestrojaner“

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim sprach im Plenum von einem „Unsicherheitspaket“ und kritisierte unter anderem den geplanten „Bundestrojaner“. Über Handys würde auch auf Daten von unbeteiligten Personen zugegriffen, die mit Verdächtigen in Kontakt stehen, gab er zu bedenken. Er warnte außerdem vor den Missbrauchsmöglichkeiten und kündigte an, weiterhin gegen den „Schwachsinn“ anzukämpfen.

Von einem „tätlichen Angriff auf das Grundrecht“ und einem Schritt zum „umfassenden Überwachungsstaat“ sprach auch Nikolaus Scherak von NEOS. Er hielt der FPÖ vor, dass sie in der letzten Legislaturperiode in Opposition selbst noch die geplanten Maßnahmen kritisiert habe. Ein Programm, das lediglich auf Nachrichten auf dem Handy zugreift, gebe es noch nicht, und das Warten darauf sei „wie der Wunsch nach warmen Eislutschern“, so Scherak.

Herbert Kickl

APA/Hans Punz

Innenminister Kickl verteidigte am Freitag das „Sicherheitspaket“

Alfred Noll von der Liste Pilz betonte ebenfalls, dass es sich „selbstverständlich“ um ein „Überwachungspaket“ handle, und legte sich mit FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz an: Man kämpfe in einer anderen intellektuellen Gewichtsklasse, meinte er. Inhaltlich gab er zu bedenken, dass man für den „Bundestrojaner“ mit jedem Update am Gerät eine neue Version benötige. Deshalb geht er auch davon aus, dass die veranschlagten Kosten „illusorisch“ sind.

Innenminister Kickl lobte „Sicherheitspaket“

Innenminister Kickl hingegen zeigte sich über das „größte Sicherheitspaket“ erfreut, denn es ermögliche Prävention und Kriminalitätsbekämpfung auf der Höhe der Zeit. „Es ist modern, es ist adäquat“, so Kickl, der sich gegen den Begriff „Überwachungspaket“ wehrte. Der Ressortchef erklärte, dass mit den Maßnahmen die Masse geschützt werde, überwacht würden nur die einzelnen Kriminellen. „Wir reden von Schwerkriminellen, von organisierter Kriminalität und Schlepperei“, so Kickl weiter.

Der FPÖ-Abgeordnete Harald Stefan räumte ein, dass die FPÖ in der vergangenen Legislaturperiode in Opposition noch gegen das „Sicherheitspaket“ war. Inzwischen seien jedoch nach den Begutachtungsverfahren viele Stellungnahmen berücksichtigt und eingearbeitet worden. Ohne Eingriff in das Grundrecht gehe es nicht, Stefan verwies aber auf den Rechtsschutz und die gerichtliche Anordnung von Maßnahmen.

ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon zeigte sich über die Kritik der Opposition verärgert, denn diese verunsichere die Bevölkerung. Auch er lehnt den Begriff „Überwachungspaket“ ab und betonte, dass etwa der Zugriff auf bereits vorhandenes Bildmaterial auf Flughäfen und in U-Bahnen erfolge. „Das hat mit Massenüberwachung nichts zu tun, aber was Sie tun, ist Massenverunsicherung“, so der ÖVP-Abgeordnete.

Protest mit Unterwäsche

Zuvor hatte die SPÖ mit Unterhosen und Kondomen gegen das Sicherheitspaket protestiert. SPÖ-Abgeordnete hängten vor der Hofburg, wo sich auch das Parlament befindet, eine Wäscheleine mit intimen Gegenständen wie Unterwäsche und Privatfotos auf und forderten auf Plakaten „ein Privatleben ohne Kickl“.

SPÖ-Protest gegen umstrittenes „Sicherheitspaket“

Vor der Abstimmung im Parlament protestierten SPÖ-Abgeordnete und -Mitglieder gegen das „Sicherheitspaket“.

„Dieses Überwachungspaket ist vergleichbar mit einem Polizisten, der mit seiner Dienstpistole nicht trifft und daher mit einem Maschinengewehr ausgestattet wird. Diese Gesetzesnovelle bringt nicht mehr Sicherheit, sie ist nicht wie von der Regierung angekündigt ein Leuchtturmprojekt, sondern ein schwarz-blaues Grablicht am Grab von Demokratie und Grundfreiheiten“, kritisierte die SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr.

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