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„Verehrte First Lady“

Ri Sol Ju, die stilbewusste Ehefrau von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, hat von den Staatsmedien einen neuen Titel erhalten. Die prestigeträchtige Anrede bringt Ris neue Rolle an der Seite von Kim zum Ausdruck und steht Experten zufolge für den Versuch, den kommunistischen Staat im Vorfeld der Gipfeltreffen mit den Staatschefs von Südkorea und den USA als „normales Land“ darzustellen.

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Es ist das erste Mal in mehr als 40 Jahren, dass der Titel der „First Lady“ von offizieller Seite für die Frau eines nordkoreanischen Machthabers verwendet wird. Das Adjektiv „verehrt“ war bisher sogar allein für das nordkoreanische Staatsoberhaupt reserviert. Zur Verkündung des Titels im Staatsfernsehen wurde eigens die legendäre Nachrichtensprecherin Ri Chun Hee aufgeboten. Sie wird nur bei besonderen Ereignissen aus dem Ruhestand ins Fernsehstudio gerufen.

Die neue Stellung von Ri Sol Ju hatte sich zuletzt bereits angedeutet. Zwar hatte sie ihren Mann schon in der Vergangenheit bei offiziellen Anlässen begleitet. Mitte April absolvierte sie dann ihren ersten Soloauftritt in der Öffentlichkeit bei der Vorstellung einer chinesischen Balletttruppe.

Kaum Details über Ri bekannt

Dabei ist über die Frau des nordkoreanischen Machthabers wenig bekannt, nicht einmal ihr genaues Geburtsjahr. 29 Jahre soll sie alt sein und zusammen mit Kim drei Kinder haben, darunter mindestens eine Tochter. Ri entstammt nicht der Führungsschicht des isolierten Landes: Dem südkoreanischen Geheimdienst zufolge arbeitete Ris Vater als Lehrer, ihre Mutter war Ärztin.

Ri machte Karriere als Sängerin des nordkoreanischen Unhasu-Orchesters. 2012 wurde ihre Ehe mit Kim offiziell verkündet, die Hochzeit soll schon 2009 oder 2010 gefeiert worden sein. Lange Zeit galt Kims Gattin als schicke, aber politisch unbedeutende Begleitung des Machthabers. Staatsmedien bezeichneten sie lediglich als „Genossin“. Dafür war sie bekannt für ihren Hang zu luxuriöser Kleidung - in einem von chronischer Armut geplagten Land.

Gipfeltreffen als Wendepunkt

Ris neue Rolle dürfte auch mit den anstehenden Gipfeltreffen zusammenhängen: Am Freitag will ihr Mann den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In treffen, außerdem laufen Vorbereitungen für direkte Gespräche mit US-Präsident Donald Trump.

„Ri Sol Ju zu befördern ist eine äußerst effektive Vermarktungsstrategie“, sagt An Chan Il, Präsident des Weltinstituts für Nordkorea-Studien. „Das Gipfeltreffen wird auf Augenhöhe stattfinden, wenn also Melania Trump dabei ist, wird auch Ri dabei sein.“ Kim war bereits bei seinem Peking-Besuch vergangenen Monat von seiner Frau begleitet worden.

Kim Jong Ils Ehefrau im Schatten des Machthabers

Andere Experten verweisen hingegen auf ein Kindheitstrauma Kims, um die öffentliche Aufwertung seiner Frau zu erklären. Kims Mutter Ko Yong Hui stand während ihrer Ehe im Schatten ihres Mannes Kim Jong Il, des Vaters des heutigen Machthabers. Nachdem sie 2004 gestorben war, wurde sie im Stillen beerdigt. Kim wollte es dieser Deutung zufolge anders machen - und erhöhte die Stellung seiner eigenen Frau.

Überhaupt fällt auf, dass sich Kim viel häufiger als sein Vater und Großvater öffentlich mit Frauen zeigt und diesen wichtige politische Funktionen zuweist. So schickte er seine Schwester zu den Winterspielen in Südkorea - als Symbol für das diplomatische Tauwetter mit Seoul.

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