Angespannte Stimmung nach Bericht
Nach einem kritischen internen Revisionsbericht zur Betreuung von Migranten müssen die Vorstände des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf und Herbert Buchinger, am Mittwoch zum Rapport bei der Regierungsspitze antreten. Der Termin steht schon lange fest. ÖVP und FPÖ fordern eine Klarstellung und drängen zugleich auf eine Neuausrichtung des AMS.
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Denn der im März publik gewordene interne Bericht, der dem AMS Probleme bei der Betreuung von Arbeitslosen mit nicht deutscher Muttersprache bescheinigt, hatte ordentlich Staub aufgewirbelt. Das AMS sei den Herausforderungen durch die Zuwanderung nicht mehr gewachsen, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und zitierte den AMS-Vorstand zu sich. Gemeinsam mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sollen nun Reformvorhaben besprochen werden.

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AMS-Chef Kopf (r.) spricht am Mittwoch mit Bundeskanzler Kurz über mögliche Reformen
Im AMS gibt man sich allerdings noch bedeckt. Zum Gipfeltreffen will man sich vorab nicht äußern, hieß es aus der AMS-Presseabteilung auf ORF.at-Anfrage. Der Vorstand, also Kopf und Buchinger, werde aber nach den Gesprächen eine Stellungnahme abgeben. Gefragt, mit welcher Erwartungshaltung die Doppelspitze denn in das Bundeskanzleramt gehe, verwies man hingegen auf Bundeskanzler Kurz. Dieser habe ja zum Termin geladen und werde dementsprechende Erwartungen haben.
Hartinger-Klein: Strukturen „bereinigen“
Mögliche Vorhaben hatte Sozialministerin Hartinger-Klein schon Ende März deponiert. So sollen einige Strukturen im AMS „bereinigt“, die Budgetverwendung liberalisiert und bei der Qualifizierung von Arbeitslosen mehr investiert werden. Vorstellen kann sich die FPÖ-Politikerin auch Kompetenzzentren, in denen Zuwanderern die österreichischen Werte nähergebracht werden. Nähere Details verriet sie allerdings noch nicht.
Auch über den AMS-Verwaltungsrat, der von Vertretern der Ministerien und Sozialpartnern besetzt wird, könnte beim Gipfeltreffen debattiert werden. Für die Regierung agiere das oberste Gremium des AMS „sehr langsam“, weshalb man sich hier Änderungen vorstellen kann. Was das konkret bedeutet, ist noch unklar. Fakt ist, dass im Regierungsprogramm die „Steuerung durch Ministerien und Sozialpartner“ infrage gestellt wird. Überraschend wäre ein Umbau des neunköpfigen Verwaltungsrats also nicht.

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Konkret, so wird jedenfalls gemutmaßt, könnten ÖVP und FPÖ mit einer Reform darauf abzielen, den Einfluss der Sozialpartner zurückzudrängen - zugunsten der Regierung. Denn bisher stellen die Sozialpartner (plus Industriellenvereinigung) sechs der neun Mitglieder, die Regierung (Sozial- und Finanzministerium) drei. Und da die Entscheidungen des Verwaltungsrats - zum Beispiel über die Besetzung des Vorstands - per Mehrheitsbeschluss getroffen werden, halten viele Experten einen Umbau für möglich.
Taskforce soll sich um Reform kümmern
Dafür spricht übrigens auch die Taskforce, die für die Reform angekündigt wurde. Neben den Regierungskoordinatoren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) sind daran Sozialministerin Hartinger-Klein, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) beteiligt. Die bisher einflussreichen Sozialpartner sind nicht vertreten und zeigten sich dementsprechend verwundert.
Dass im Rahmen einer Neuausrichtung auch die beiden AMS-Vorstände Kopf und Buchinger abgelöst werden könnten, stellte Sozialministerin Hartinger-Klein zuletzt in Abrede. Es mache „keinen Sinn, Köpfe jetzt infrage zu stellen“, sagte sie. An eine vorzeitige Ablöse glaubt auch Buchinger nicht. Der SPÖ-nahe Kovorstand sprach allerdings von einer „ernstzunehmenden Vertrauenskrise“ zwischen dem AMS und der Regierung.

APA/Georg Hochmuth
Sozialministerin Hartinger-Klein will ein effizienteres AMS und kündigte Reformen bei der Struktur an
„Ich glaube, die Regierung respektiert, dass die Verträge von Johannes Kopf und mir im Oktober 2017 um sechs Jahre verlängert wurden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jetzt aus Jux und Tollerei Geld in die Hand nimmt, um die Verträge vorzeitig aufzulösen. Aber ich kann mich auch irren“, sagte Buchinger, der seit 1994 als Vorstand des AMS im Amt ist. Der als ÖVP-nahe geltende Kopf ist seit dem Jahr 2006 AMS-Vorstand.
Experten: AMS steht „ganz gut“ da
Während die Regierung die Effizienz des AMS kritisiert, kann der Arbeitsmarktexperte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Christopher Prinz, die Debatte nicht nachvollziehen. „Das AMS wird international als eines der effektivsten und am besten geführten Arbeitsmarkservices gesehen“, sagte der OECD-Experte. Auch für den Ökonomen des Instituts für Höhere Studien (IHS) Helmut Hofer steht das AMS „ganz gut“ da. Man dürfe nicht spezielle Probleme bei der Arbeitsmarktintegration mit der allgemeinen Effizienz des AMS vermischen.
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