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„Show“ statt Strategie

„Mission Accomplished“ (dt.: Mission erfüllt) hat US-Präsident Donald Trump im Anschluss an die von den USA, Frankreich und Großbritannien geführten Luftschläge in Syrien bereits am Samstag getwittert. Doch zahlreiche Experten und Kommentatoren sehen in den Angriffen in der Nacht auf Samstag vor allem eine „Show“ mit geringen Konsequenzen für das Regime von Baschar al-Assad.

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Karim El-Gawhary bezeichnete die westliche Militäraktion in der „taz“ als „Show ohne strategische Wirkung“. Weder die USA noch Europa hätten eine kohärente Strategie, wie mit Syrien umzugehen ist. Die „Süddeutsche Zeitung“ sprach bei den Luftschlägen von einem „Symbol der Hilflosigkeit“, sah sie aber auch als Zeichen der westlichen Staaten, den „völkerrechtswidrigen Einsatz von Giftgas nicht widerspruchslos“ zu akzeptieren. Das syrische Regime soll vor wenigen Tagen einen Chemiewaffenangriff in der Stadt Duma durchgeführt haben. Die Luftschläge wurden mit einer Reaktion darauf begründet.

„Assad sollte erleichtert sein“

Auf den Krieg in Syrien und die Position Assads dürften die Angriffe nur begrenzte Auswirkungen haben. Assad richtete russischen Abgeordneten nach der Attacke aus, dass Syrien den Handlungen des Westens keine Aufmerksamkeit schenken werde. Zudem ließ er am Samstag ein Video veröffentlichen, das ihn mit Aktenkoffer auf den Weg ins Büro zeigt. Andere Personen sind nicht zu sehen. Assad gibt auch keinen Kommentar ab. Wann das Video gefilmt wurde, ist unklar.

Bashar al-Assad

APA/AFP/Syrian Presidency Twitter page

Business as usual? Assad zeigte sich in einem am Samstag veröffentlichten Video unbeeindruckt von den Luftschlägen

Die Botschaft dahinter: Business as usual - der Alltag geht weiter. Assad scheint als Machthaber gefestigt. Wenn die Luftangriffe vom Samstag die Reaktion des Westens gewesen sind, „sollte Assad erleichtert sein“, meinte auch Rand Slim vom Thinktank Middle East Institute gegenüber dem „Guardian“.

Das unterstreicht auch die Reaktion des französischen Präsidenten Emmanuel Macron Sonntagabend. Er verteidigte die westlichen Luftangriffe als „legitim“: „Frankreich und seine Verbündeten haben dem Regime von Baschar al-Assad nicht den Krieg erklärt. Wir sind bloß tätig geworden, damit das internationale Recht, damit die Resolutionen des Sicherheitsrats nicht mehr wirkungslos bleiben.“

Sorge um weitere Rebellengebiete

An ein Ende der syrischen Angriffe auf Rebellengebiete denkt das Regime offenbar nicht. Bereits kurz nach den Luftangriffen verkündete die syrische Armee die vollständige Eroberung der Rebellenhochburg Ostghuta. Dort liegt auch die Stadt Duma, in der der mutmaßliche Giftgasangriff ausgeführt worden sein soll. Nun stehen die verbleibenden Rebellengebiete im Visier Assads.

Zerstörte Wohnhäuser in Idlib

APA/AFP/Omar Haj Kadour

In der Rebellenhochburg Idlib leben derzeit rund zwei Millionen Menschen

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian warnte bereits am Wochenende vor einer humanitären Katastrophe in der Rebellenhochburg Idlib, wo derzeit rund zwei Millionen Menschen leben. Kürzlich hatte ein hochrangiger iranischer Regierungsvertreter angedeutet, dass Idlib nach dem Fall von Duma das nächste Ziel der syrischen Regierungstruppen sein könnte.

Giftgasattacken weiter möglich

Auch wenn der westliche Militärschlag stärker war als der vom vergangenen Jahr, als Trump das erste Mal militärisch auf einen mutmaßlichen Giftgasangriff Assads reagiert hatte, ist Assad Experten zufolge nach wie vor in der Lage, Giftgas gegen die syrische Bevölkerung einzusetzen, berichtete die „New York Times“ („NYT“).

Bei dem Angriff wurden nach US-Angaben drei Anlagen in der Hauptstadt Damaskus und nahe Homs zerstört, die als Forschungs-, Produktions- und Lagerstätten für Chemiewaffen gedient haben sollen. Unklar ist aber laut „NYT“, ob diese Anlagen noch in Betrieb waren. Zudem zeigten die Luftangriffe, dass es nicht nur einfach sei, Assads chemische Anlagen zu zerstören, sondern auch, diese an einem anderen Ort wiederaufzubauen.

Satellitenaufnahmen vom Forschungszentrum in Barsa

APA/AFP/US Department of Defense/Jose Romero

Das Forschungszentrum in Barsa wurde bei den Angriffen zerstört. Dort sollen Chemiewaffen entwickelt worden sein.

Entsprechend vorsichtig zeigte sich US-General Kenneth McKenzie auch in seiner Beurteilung der langfristigen Konsequenzen der jüngsten Luftschläge. Das syrische Chemiewaffenprogramm werde durch die Luftschläge um Jahre zurückgeworfen, so der General. Er vermute aber weiterhin restliche Elemente des syrischen (Giftgas, Anm.) Programms: „Ich sage nicht, dass sie (das syrisches Regime, Anm.) in Zukunft keinen Chemiewaffenangriff mehr führen können.“

„Situation nicht außer Kontrolle“

Auf Ebene der Großmächte blieb die zuvor befürchtete direkte Konfrontation zwischen den USA und Russland, als Schutzmacht für Assad, aus. „Die Ziele wurden sorgfältig ausgewählt, sodass die Situation nicht außer Kontrolle geraten wird“, analysierte etwa der Herausgeber der Zeitschrift „Russia in Global Affairs“, der kremlnahe Politologe Fjodor Lukjanow.

Der russische Präsident Wladimir Putin ist sich des Eskalationspotenzials eines Gegenschlags bewusst und will derzeit noch darauf verzichten. Er warnte am Sonntag aber die USA und ihre Verbündeten vor weiteren Luftangriffen auf syrische Stellungen. Das würde „unweigerlich Chaos in den internationalen Beziehungen verursachen“.

„Angriff in Syrien so perfekt“

Von einer nachhaltigen Lösung des Syrien-Konflikts durch die westlichen Luftschläge kann jedenfalls keine Rede sein. Trumps „Mission Accomplished“-Tweet wurde nicht nur deshalb heftig kritisiert. Die Aussage weckte auch Erinnerungen an das Jahr 2003, als der damalige US-Präsident George W. Bush mit denselben Worten die Kampfhandlungen im Irak für beendet erklärt hatte. Tatsächlich dauerte der US-Einsatz danach aber noch mehrere Jahre.

Trump verteidigte seine Wortwahl dennoch: „Der Angriff in Syrien wurde so perfekt und mit einer solchen Präzision ausgeführt, dass die einzige Möglichkeit für die Fake-News-Medien, ihn schlechtzumachen, in meiner Verwendung des Begriffes ‚Mission Accomplished‘ bestand.“ Es sei aber „ein großartiger Militärbegriff“, den man öfter benützen müsse.

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