„Das Volk kann man nicht verbieten“
Unter dem Motto „Wir sind die Mehrheit“ und Rufen wie „Orban, hau ab“ haben am Samstag mehrere zehntausend Menschen in Budapest gegen die Regierung des rechtskonservativen Premiers Viktor Orban demonstriert. Ein großes Transparent mit der Aufschrift „Das Volk kann man nicht verbieten“ wurde an der Spitze des Marsches getragen, der sich von der Oper zum Parlament bewegte.
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Mit dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne ging die Demonstration am Abend vor dem Budapester Parlament friedlich zu Ende. Die Organisatoren sprachen gar von rund hunderttausend Teilnehmern. Ungarische Medien kommentierten, dass eine so große Menschenmasse auch von Orban nicht ignoriert werden könne.
Organisator: „Wille zur Tat“
Mit der Forderung nach einer Neuauszählung der Stimmen bei den Parlamentswahlen am 8. April wegen Betrugsverdacht und nach einem neuen Wahlgesetz war über Soziale Netzwerke zu der Antiregierungsdemonstration aufgerufen worden. Der Hauptorganisator, der Student Örs Lanyi, hatte im Vorfeld erklärt, „Frustration, Enttäuschung und der Wille zu Tat“ stünden hinter der Aktion.

Reuters/Bernadett Szabo
Bei Reden wurden das Wahlsystem und zunehmende Repression angeprangert
Er vertraue darauf, dass sich das System Orbans nicht bis zu den kommenden Wahlen in vier Jahren halten, sondern eher zusammenbrechen werde. Lanyi hofft, dass die Demonstration der „Funke“ für weitere Aktionen sein könnte. Er kündigte eine weitere Demonstration für kommende Woche an.
„Politischer Flohzirkus“
Der Kabinettschef von Premier Orban, Antal Rogan, bezeichnete die Demonstration als „politischen Flohzirkus“. Er behauptete, hinter der Aktion stünde allein George Soros, der den Wahlsieg von FIDESZ und die Zweidrittelmehrheit nicht akzeptieren könne, so die ungarische Nachrichtenagentur MTI am Sonntag.
Der ungarischstämmige US-Milliardär Soros hätte die Demonstration finanziert. Seine Organisationen würden über „unsagbar viel Geld“ verfügen, weltweit an die 16 Mrd. Dollar (12,99 Mrd. Euro), kritisierte Rogan. Soros gilt in Ungarn als Staatsfeind Nummer eins. Die Regierung wirft ihm vor, Millionen Flüchtlinge nach Europa holen zu wollen.

APA/AP/MTI/Zoltan Balogh
Demonstranten auf der Andrassy-Straße
Bei der Demo am Samstag rund um den Kossuth-Platz waren EU-Fahnen mit der Aufschrift „Help“, ein Meer an blauen Luftballons, Schilder mit „Stopp Korruption“ und dem Orban-Foto sowie der Aufschrift „Das ist nicht mein Premier“ zu sehen. Auch die Opposition schloss sich der Demonstration an. Unter den Teilnehmern befand sich laut Index.hu unter anderem der nach der Wahl zurückgetretene Jobbik-Vorsitzende Gabor Vona.
Wahlsieg mit 49,6 Prozent
Orbans rechtsnationale FIDESZ-Partei hatte die Wahl mit 49,6 Prozent der Stimmen gewonnen. Aufgrund des Wahlrechts, das die stimmenstärkste Kraft unverhältnismäßig begünstigt, errang FIDESZ 133 von 199 Parlamentsmandaten und damit eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit.
In den vergangenen Tagen mehrten sich Berichte, wonach es bei der Stimmenauszählung in einigen Wahllokalen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll, die FIDESZ zugute gekommen wären. Experten zufolge waren diese mutmaßlichen Manipulationen in ihrem Ausmaß jedoch nicht wahlentscheidend, berichtete die Nachrichtenagentur dpa.
Kritiker werfen Orban vor, die Demokratie abzubauen und unabhängige Medien zu unterdrücken. Auch Korruptionsvorwürfe stehen im Raum. Sorge bereitet derzeit auch Orbans geplantes Anti-NGO-Gesetz, dass die Arbeit von regierungskritischen Organisationen enorm einschränken würde.
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