Nur wer leise ist, überlebt
Ein Horrorfilm, bei dem es im Kinosaal so still ist, dass man das Popcorn rascheln hört: Mit „A Quiet Place“ hat der US-Regisseur und Schauspieler John Krasinski einen Alien-Gruselschocker geschaffen, in dem jedes Geräusch zum Todesurteil werden kann. In den USA dominiert der Film die Kinocharts - und setzt damit Hollywoods Horrortrend fort.
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In Krasinskis („Das Büro“) Dystopie haben Außerirdische das Kommando auf der Erde übernommen. Die spindeldürren Aliens mit ihren scharfen, krabbenartigen Werkzeugen sind blind, aber ausgezeichnete Jäger - ihr außergewöhnliches Gehör führt sie zur Beute. Und so gilt: Nur wer vollkommen still ist, überlebt.
Im Zentrum steht die Geschichte der Familie Abbott (gespielt von Krasinski, Emily Blunt sowie den Kinderstars Noah Jupe, Millicent Simmonds und Cade Woodward). Nach der Invasion verstecken sie sich in einem Haus. An eine normale Kindheit ist angesichts der Bedrohung nicht zu denken. Die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern findet nonverbal statt. Nur unter einem nahen Wasserfall können sie miteinander sprechen. Das Rauschen des Wassers überdeckt ihre Stimmen, die Aliens können sie nicht orten.
Horror als Kassenschlager
In den USA konnte der Film nicht nur die Kritikerinnen und Kritiker überzeugen, sondern auch das Publikum: An seinem Eröffnungswochenende spielte „A Quiet Place“ in Nordamerika umgerechnet mehr als 40 Millionen Euro ein. Es war in diesem Jahr der zweitbeste Kinostart für einen Film - geschlagen nur von „Black Panther“.

Constantinfilm
Evelyn Abbott (Emily Blunt) und Tochter Regan (Millicent Simmonds): Das kleinste Geräusch kann tödlich sein
So schließt der Film an die Erfolge anderer Horrorproduktionen der vergangenen Jahre an. Im Jahr 2016 spielte der Horrorthriller „Don’t Breathe“ bei Produktionskosten von umgerechnet etwas mehr als acht Millionen Euro fast 130 Millionen Euro ein.
2017 folgte für Hollywood ein „Horrorjahr“ im positiven Sinn: Die Neuverfilmung von Stephen Kings „Es“, der Gruselhorror „Annabelle 2“, der Splatterfilm „Happy Deathday“ und „Get Out“ wurden zu Kassenschlagern. Laut dem US-Portal IndieWire wurden im Vorjahr neun Prozent der gesamten Umsätze an den Kinokassen mit Horrorfilmen erwirtschaftet. Die Streifen sind verhältnismäßig billig zu produzieren. Zündet eine Produktion, dann ist der Gewinn besonders hoch.
Kreativität und ein junges Publikum
Jordan Peeles sozialkritischer Horrorfilm „Get Out“ sorgte zudem für eine Premiere: Mit Peele, der auch das Skript zum Film schrieb, wurde bei den Oscars heuer erstmals ein Afroamerikaner in der Kategorie „Bestes Originaldrehbuch“ ausgezeichnet. Im Film geht es um einen schwarzen Fotografen, der die Eltern seiner weißen Freundin kennenlernt. Die vermeintlich Liberalen erweisen sich als mörderische Bande.
Dass das Horrorgenre sich in den letzten Jahren derart entwickelt hat, liegt wohl an einer Mischung aus Kreativität und Brutalität. Der in Australien produzierte Psychohorrorfilm „Der Babadook“ brachte 2014 die Kritikerinnen und Kritiker zum Schwärmen. Im selben Jahr erschien der österreichische Horrorfilm „Ich seh Ich seh“ (Regie: Veronika Franz und Severin Fiala), der international für Furore sorgte, zahlreiche Preise gewann und auf der Longlist für den Auslandsoscar war. Auch der französische Kannibalenthriller „Raw“ und der Hexenfilm „The Witch“ begeisterten.
Zudem schaffen es Horrorfilme, junges Publikum anzuziehen. 60 Prozent der Zuschauerinnen und Zuschauer, die am Eröffnungswochenende „Happy Deathday“ gesehen haben, seien unter 25 Jahre alt gewesen, berichtete der „Hollywood Reporter“. Bei „Blade Runner 2049“ sei der Anteil der Jungen im Publikum dagegen lediglich bei 20 Prozent gelegen.
„Scream“, „Saw“ und der ultimative Gruselfilm
„Horrorwellen“ gab es seit den 1990ern immer wieder. 1996 schuf Wes Craven den kultigen Teeniesplatterfilm „Scream“. In der gleichen Kategorie spielte auch „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“, der zwei Fortsetzungen erhielt. Gleich zum Franchise wurde „Final Destination“. Mit „Saw“ und „Hostel“ folgten Folterhorrorfilme. „Blair Witch Project“ und „Paranormal Activity“ punkteten beim Publikum dagegen mit authentischem Horror, aufgenommen mit Handkamera.
Der große Unterschied bei der aktuellen Horrorwelle sei die Qualität der Produktionen, sagte Matteo Rolleri vom europäischen Horrorfilmproduzenten Devilworks dem „Hollywood Reporter“. „Die neuen Horrorfilme sind einfach bessere Filme, mit besseren Geschichten und besseren Charakteren“, so Rolleri. Dementsprechend höher liege die Latte für junge Filmschaffende.
Auf dem Sundance Festival im Jänner hat sich unterdessen der nächste potenzielle Horrorblockbuster angekündigt. Nach dem Screening des Gespensterthrillers „Hereditary“ berichteten zahlreiche Kritikerinnen und Kritiker, der Film sei der „gruseligste“, den sie je gesehen hätten. In Österreich soll er am 14. Juni anlaufen.
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