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Datenabfluss soll gestoppt werden

Mit einer Reihe von Maßnahmen will Facebook in Zukunft den Missbrauch von Userdaten verhindern. Das kündigte Mike Schroepfer, Chief Technology Officer bei Facebook, jüngst in einem Blogpost an. Bezeichnenderweise ließ das Unternehmen erst am Ende des Eintrags die Bombe platzen, dass bis zu 87 Millionen Userdaten mit der britischen Firma Cambridge Analytica geteilt worden seien.

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Auch Firmenchef Mark Zuckerberg zeigte sich in einer rund einstündigen Telefonkonferenz mit Journalisten erneut selbstkritisch. Facebook habe nicht genug unternommen, um seine Nutzer zu schützen, bekräftigte er. „Das war unser Fehler, das war mein Fehler.“

Zugang für Dritt-Apps beschnitten

Zuvor hatte Facebook weitere Einschränkungen für den Zugang von App-Entwicklern zu Nutzerdaten angekündigt. Für Mitglieder wird es nun einfacher, Facebook-Apps zu entfernen. Vor allem schränkte Facebook die Schnittstellen zu anderen Apps stark ein. Bisher konnte Facebook mit deren Hilfe Daten aus Veranstaltungsseiten, aus Gruppen und von Seiten auslesen, und zwar nicht nur von den Betreibern der Seite, sondern auch von allen, die dort teilnahmen oder Kommentare abgaben.

Auch für Drittanbieter-Apps und Websites, die das Facebook-Log-in für die eigene Zugangsbeschränkung wählten, soll der Zugang zu Daten gestoppt werden. Bisher konnten diese nämlich auch alle Statusinformationen wie religiöse und politische Ansichten, Beziehungsstatus, Angaben zu Bildung und Beschäftigung sowie weiter Aktivitäten wie Buch- und Musikkonsum einfach auslesen. Auch Freundschaftlisten wurden bisher eingesehen.

Zugriff auf Ruflisten eingeschränkt

Vergangene Woche schaffte Facebook auch die Möglichkeit ab, nach Nutzerprofilen über Telefonnummer und E-Mail-Adresse zu suchen. Die Messenger-App und Facebook Lite auf Android-Smartphones hatten - wenn nicht manuell deaktiviert - bisher auch Zugriff auf Ruf- und Textdaten, um sie mit den Kontaktlisten abzugleichen. Alle Daten, die älter als ein Jahr sind, werden nun gelöscht. Facebook verspricht zudem, den Inhalt der Gespräche und Nachrichten weiterhin nicht zu sammeln. Auch die Schnittstelle der Facebook-Tochter Instagram wird eingeschränkt.

Mausbewegungen unter der Lupe

Das Unternehmen formulierte seine Datenschutz- und Nutzungsbedingungen neu und versprach, sie dabei klarer und transparenter zu machen. Die Informationen über die Datensammlung seien jetzt ausführlicher formuliert, mit den neuen Regeln würden keine zusätzlichen Informationen erhoben. Aus den Bestimmungen erfährt man unter anderem, dass Facebook auf Geräten auf Informationen wie Namen von Apps und Dateien zugreift und auch Mausbewegungen registriert. Letzteres solle helfen, Menschen von Bots zu unterscheiden, hieß es.

Neu ist, dass andere Konzerndienste wie Instagram jetzt auch nach den Facebook-Datenschutzbedingungen agieren werden. An der Datenverarbeitung werde sich aber nichts ändern, betonte das Unternehmen. Die Datenschutzbedingungen schaffen auch die Grundlage für die geplante Einführung von Gesichtserkennungsfunktionen in Europa, wo sie bisher nach Widerstand von Datenschützern nicht verfügbar waren.

EU-Verordnung ab Mai

Die neuen, ausführlicheren Formulierungen und Nutzerrechte gehen in Europa zu großen Teilen auf die Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung zurück, die am 25. Mai Pflicht wird. Ziel ist es, personenbezogene Daten besser zu schützen und die Verarbeitung der Daten durch Firmen einheitlicher zu gestalten. Sollten Unternehmen gegen die Auflagen verstoßen, drohen ihnen Strafzahlungen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent ihres weltweiten Umsatzes. Apple und einige andere Technologiefirmen haben bereits angekündigt, sie wollten auch ihren Kunden in den USA und in anderen Regionen den gleichen Datenschutz gewähren wie den Europäern.

Facebook gab bekannt, dass man sich dem neuen schärferen EU-Datenschutzrecht fügen wolle. Man habe „die meisten Datenschutzvorkehrungen“, die von der EU verlangt werden, umgesetzt. Zugleich lehnte Zuckerberg es ab, den EU-Standard komplett für Facebook zu übernehmen. Allerdings werde man sich bei den geplanten globalen Anpassungen der Datenschutzregeln vom „Geist“ der EU-Vorschriften leiten lassen.

Facebook löscht Hunderte Accounts

Zu diesem Zweck wolle man künftig alle Accounts löschen, die von manipulierenden Organisationen kontrolliert werden, sagte Zuckerberg. So seien bereits „Hunderte“ mit einer russischen „Trollfabrik“ verbundene Accounts stillgelegt worden.

Diese „Trollfabrik“ steht nach Erkenntnissen der US-Justiz hinter der berüchtigten Kampagne zur Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahl im Jahr 2016. Zuckerberg sagte, dass viele der gelöschten Accounts und Seiten auf die im russischen St. Petersburg beheimatete Internet Research Agency zurückzuführen seien. Diese habe „wiederholt versucht, Menschen auf aller Welt zu täuschen und zu manipulieren, und wir wollen sie nicht mehr auf Facebook haben“.

Der Datenskandal wird aber nicht so einfach vom Tisch zu wischen sein. Zuckerberg im US-Kongress dazu aussagen. Er werde dann vom Handelsausschuss des Repräsentantenhauses angehört, teilten Mitglieder des Gremiums in Washington mit. Der republikanische Ausschussvorsitzende Greg Walden und der Vertreter der oppositionellen Demokraten, Frank Pallone, erklärten, durch die Anhörung sollten die US-Bürger besser verstehen, „was mit ihren persönlichen Daten online geschieht“.

Seit 2015 von Missbrauch gewusst

Facebook wusste seit 2015 von dem Datenmissbrauch durch Cambridge Analytica, gab sich aber mit der Zusicherung der Firma zufrieden, dass die Daten gelöscht worden seien. Weitere rechtliche Schritte wurden nicht eingeleitet. Auch die Nutzer wurden damals nicht über den möglichen Datenmissbrauch informiert, was Facebook inzwischen als Fehler bezeichnet und nachholen will. Zuckerberg betonte, dass die Softwareschnittstellen, die einer Umfrage-App einen so breiten Zugriff auf Nutzerdaten überhaupt möglich machten, bereits 2014 geschlossen worden seien.

Datenskandal trifft auch Österreicher

Zehntausende Österreicher sollen von dem Facebook-Datenskandal laut einem Sprecher des Sozialen Netzwerks betroffen sein.

Potenziell 33.555 Betroffene in Österreich

Der Datenmissbrauch soll den aktualisierten Angaben des Netzwerks zufolge aber vor allem Nutzer in den USA betreffen: Dort sieht Facebook potenziell 70,6 Millionen Betroffene. Auf Platz zwei folgen mit weitem Abstand die Philippinen mit nahezu 1,2 Millionen. In Großbritannien könnten es fast 1,1 Millionen Facebook-Mitglieder sein, in Deutschland und Australien rund 300.000.

In Österreich sind laut neuesten Erkenntnissen potenziell 33.555 Facebook-User betroffen. 13 Personen hätten die Umfrage-App von Cambridge Analytica installiert, teilte der Sprecher der APA mit. Die Zahl der potenziell weiteren Betroffenen ergibt sich dadurch, dass durch das Leck auch die Freunde der 13 User betroffen sein könnten, so ein Sprecher des Netzwerks.

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