Einstimmigkeitsprinzip fällt
SPÖ und ÖVP haben sich in Kärnten nach zwei turbulenten Tagen mit einem Obmannwechsel bei der ÖVP wieder zusammengerauft. Die geplante Zusammenarbeit in der ersten Kärntner Koalitionsregierung nach Abschaffung des Proporzes befindet sich nunmehr auf Schiene. Einer Angelobung bei der konstituierenden Landtagssitzung am Donnerstag sollte nichts mehr im Wege stehen.
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Noch vor Ostern hatten SPÖ-Chef Peter Kaiser und sein ÖVP-Pendant Christian Benger die Einigung präsentiert. Am Mittwochvormittag verkündete Benger dann überraschend seinen Rücktritt - sehr zum Ärger der SPÖ. Es hatte schon länger Gerüchte über eine Ablöse Bengers gegeben, weshalb die SPÖ und Kaiser während der Koalitionsverhandlungen personelle Stabilität und Kontinuität forderten, was Benger und die ÖVP auch immer wieder zusicherten.
ORF-Redakteur Bieche zur Kärntner Koalition
Die SPÖ-ÖVP-Koalition kommt nach Turbulenzen nun doch zustande. Bernhard Bieche, ORF-Kärnten-Chefredakteur, analysiert die aktuellen Entwicklungen.
Verärgerter Kaiser stellte Bedingungen
Kaiser stellte daher nach Bengers Rücktritt die Koalition infrage und sagte die geplanten Termine ab. In ihren Gremiensitzungen stellte die SPÖ schließlich noch am Mittwoch drei Forderungen auf: Der vereinbarte Koalitionspakt müsse weiter gelten, die ÖVP müsse Projekte für Kärnten auch im Bund unterstützen, und das verfassungsmäßige Einstimmigkeitsprinzip in der Regierung müsse „bis auf Weiteres“ fallen. Dieser Punkt stellte die ÖVP vor besondere Probleme: Indem (so wie bisher in der Konzentrationsregierung), Mehrheitsbeschlüsse möglich sein sollen, hat die SPÖ mit ihren fünf Regierungssitzen gegenüber der ÖVP mit zwei Sitzen immer die Mehrheit und Beschlussmöglichkeit.
Wie der neue ÖVP-Chef Martin Gruber am Donnerstagabend in seiner ersten Pressekonferenz bekanntgab, habe sein Parteivorstand die Bedingungen der SPÖ dennoch in einer Sitzung am späten Mittwochabend akzeptiert - in jener Sitzung, in der er selbst zum neuen geschäftsführenden Parteiobmann gewählt wurde. Auch Ministerin Elisabeth Köstinger sei bei Sitzung dabei gewesen. „Ich freue mich, dass wir eine Einigung zustande gebracht haben“, sagte Kaiser zum Einlenken der ÖVP. „Dass die ÖVP unsere drei Bedingungen akzeptiert hat, stellt sicher, dass die Arbeit für Kärnten positiv erledigt werden kann“ - mehr dazu in kaernten.ORF.at.
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APA/Gert Eggenberger
Martin Gruber hat einen bewegten Start an der Spitze der Kärntner ÖVP hinter sich
Gruber sieht „Vertrauensvorschuss“
Gruber sagte, die Zugeständnisse an die SPÖ sehe er als „Vertrauensvorschuss für eine zukünftige Koalition“. Er habe von der ÖVP auch „umfassendes Pouvoir für Personalentscheidungen“ bekommen. Wer neben ihm selbst zweiter Landesrat und wer Klubobmann werden soll, darüber müsse er sich aber erst klar werden. Auch erst nachdenken müsse er darüber, wie er mit einem öffentlich gewordenen Brief umgehen werde, in dem offenbar mehrere Oberkärntner Bürgermeister Benger mit Revolte drohen, sollte nicht der bisherige Klubobmann Ferdinand Hueter der zweite Landesrat werden.
Am Freitag werden nun wieder die Hintergrundarbeiten am Regierungsprogramm anlaufen. Dieses soll am Mittwoch, wenn der Pakt feierlich unterzeichnet wird, in gedruckter Form vorliegen. Bis dahin müssen auch noch die SPÖ-Parteigremien über die Zusammenarbeit entscheiden. Die konstituierende Landtagssitzung soll dann am Donnerstag stattfinden.
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