Behörde warnt vor Verharmlosung
Während in Italien weiterhin eine heftige Diskussion über die Impfpflicht tobt, hat der italienische Spielzeughersteller Giochi Preziosi mit einer an Masern erkrankten Puppe für einen Eklat gesorgt. Der norditalienische Produzent brachte kürzlich die Puppe „Cicciobello Morbillino“ mit roten Masernpunkten auf den Wangen auf den Markt.
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Kinder können die Babypuppe behandeln, indem sie die Masernpunkte im Gesicht mit einer Creme wegwischen. Das Spielzeug, das im Handel rund 43 Euro kostet, löste einen Protest der italienischen Gesundheitsbehörden aus, die vor einer Verharmlosung der Masern warnten.

www.giochipreziosi.it
Die Masernpuppe ist Stein des Anstoßes für die Gesundheitsbehörde
Rücknahme aus Handel gefordert
Im vergangenen Jahr erlebte Italien eine Masernepidemie mit fast 4.900 Erkrankungen und vier Todesfällen. Masern seien keine harmlose Kinderkrankheit, sondern könnten schwere und bleibende Schäden hervorrufen, ja sogar zum Tod führen, warnte der Präsident des italienischen Gesundheitsinstituts ISS, Walter Riccardi, in einer Presseaussendung. Er forderte die sofortige Rücknahme der Puppe aus dem Handel.
Riccardis Stellungnahme löste heftige Diskussionen im Internet aus. Der Spielzeughersteller Giochi Preziosi verteidigte sich unterdessen. Der Konzern produziere bereits seit Jahren Puppen, die von Kindern behandelt werden können, die „Doktor spielen“. Einen Rückruf schloss die Firma aus.
Strafen für Eltern
Die italienische Regierung hatte im vergangenen Jahr nach der großen Masernepidemie eine Impfpflicht für zehn Krankheiten eingeführt, darunter eben Masern, Hirnhautentzündung, Tetanus, Kinderlähmung, Mumps, Keuchhusten und Feuchtblattern. Kinder dürfen nach dem Gesetz nur in Kindergärten gehen, wenn ein Impfzertifikat vorgelegt wird. In der Schule müssen Eltern Buße zahlen, wenn Kinder nicht geimpft sind. Ungeimpfte Kinder müssten daher eigentlich vom Besuch des Kindergartens bzw. der Schule ausgeschlossen werden, bis sie geimpft sind.
Verfassungsgericht bestätigte Impflicht
Das Verfassungsgericht in Rom hatte im November die im Mai von der italienischen Regierung erlassene Impfpflicht gebilligt. Die Richter bestätigten, dass Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren ohne Impfung nicht in Krippen, Kindergärten oder Vorschulklassen aufgenommen werden dürfen. Die Region Venetien hatte das Gesetz als Eingriff in das individuelle Gesundheitsrecht bezeichnet und geklagt. Regionalpräsident Luca Zaia erklärte im November, die Entscheidung des Verfassungsgerichts zu akzeptieren.
Wahlkampfthema und EU-Rüge
Die Impfpflicht wurde auch in diesem Jahr zu einem Wahlkampfthema. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtspopulistische Lega versprachen im Wahlkampf, die Pflicht rückgängig zu machen. Selbst die EU-Kommission schaltete sich bereits mahnend in den Streit ein: EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis hatte vor einer Instrumentalisierung des heiklen Themas im Wahlkampf gewarnt.
Politiker, die die Argumente von Impfgegnern anheizten, seien für den verfrühten Tod von Menschen verantwortlich, sagte er. Er sagte damals, dass er „sehr besorgt“ sei, dass dieses Thema für Wahlkampfzwecke missbraucht werde. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) müssen 95 Prozent der Menschen in einem Land geimpft sein, damit der Impfschutz für die gesamte Bevölkerung gilt.
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