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Nutzungsbedingungen neu formuliert

Der Datenskandal bei Facebook hat deutlich größere Dimensionen als bisher angenommen. Insgesamt seien die Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern „unzulässig“ mit der britischen Datenanalysefirma Cambridge Analytica geteilt worden, teilte der Technologiechef von Facebook, Mike Schroepfer, am Mittwoch mit. Bisher war von rund 50 Millionen betroffenen Nutzern ausgegangen worden.

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Die Daten sollen unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump ausgewertet und genutzt worden sein. Behörden in den USA wie in Großbritannien haben deshalb Ermittlungen eingeleitet. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat sich für den Datenmissbrauch entschuldigt und Reformen angekündigt.

„Das war mein Fehler“

Es werde aber „einige Jahre“ brauchen, um die Probleme mit dem Schutz von Nutzerdaten zu beheben, so Zuckerberg. In einer rund einstündigen Telefonkonferenz mit Journalisten zeigte er sich selbstkritisch. Facebook habe nicht genug unternommen, um seine Nutzer zu schützen, bekräftigte er. „Das war unser Fehler, das war mein Fehler.“

Grafik zu Facebook

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Erste Maßnahmen wurden schon ergriffen. So wurde etwa die Möglichkeit abgeschafft, nach Nutzerprofilen über Telefonnummer und E-Mail-Adresse zu suchen. Über diese Funktion könnten öffentlich zugängliche Informationen der Mehrheit der Nutzer von außerhalb der Plattform abgesaugt worden sein. Das sind meist Grundinformationen wie Profilfoto, Stadt und Arbeitgeber. Zuvor hatte Facebook weitere Einschränkungen für den Zugang von App-Entwicklern zu Nutzerdaten angekündigt. Dazu gehört etwa der Zugang zu Terminen und Informationen über Anrufe auf Smartphones. Für die Mitglieder wird es zudem einfacher, Facebook-Apps zu entfernen.

Mausbewegungen unter der Lupe

Das Unternehmen formulierte am Mittwoch seine Datenschutz- und Nutzungsbedingungen neu und versprach, sie dabei klarer und transparenter zu machen. Die Informationen über die Datensammlung seien jetzt ausführlicher formuliert, mit den neuen Regeln würden keine zusätzlichen Informationen erhoben. Aus den Bestimmungen erfährt man unter anderem, dass Facebook auf Geräten auf Informationen wie Namen von Apps und Dateien zugreift sowie auch Mausbewegungen registriert. Letzteres solle helfen, Menschen von Bots zu unterscheiden, hieß es.

Neu ist, dass andere Konzerndienste wie Instagram jetzt auch nach den Facebook-Datenschutzbedingungen agieren werden. An der Datenverarbeitung werde sich aber nichts ändern, betont das Unternehmen. Die Datenschutzbedingungen schaffen auch die Grundlage für die geplante Einführung von Gesichtserkennungsfunktionen in Europa, wo sie bisher nach Widerstand von Datenschützern nicht verfügbar waren.

EU-Verordnung ab Mai

Die neuen ausführlicheren Formulierungen und Nutzerrechte gehen in Europa zu großen Teilen auf die Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung zurück, die am 25. Mai Pflicht wird. Ziel ist es, personenbezogene Daten besser zu schützen und die Verarbeitung der Daten durch Firmen einheitlicher zu gestalten. Sollten Unternehmen gegen die Auflagen verstoßen, drohen ihnen Strafzahlungen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent ihres weltweiten Umsatzes. Apple und einige andere Technologiefirmen haben bereits angekündigt, sie wollten auch ihren Kunden in den USA und in anderen Regionen den gleichen Datenschutz gewähren wie den Europäern.

Facebook gab bekannt, dass man sich dem neuen schärferen EU-Datenschutzrecht fügen wolle. Man habe „die meisten Datenschutzvorkehrungen“, die von der EU verlangt werden, umgesetzt. Zugleich lehnte Zuckerberg es ab, den EU-Standard komplett für Facebook zu übernehmen. Allerdings werde man sich bei den geplanten globalen Anpassungen der Datenschutzregeln vom „Geist“ der EU-Vorschriften leiten lassen.

Facebook löscht Hunderte Accounts

Zu diesem Zweck wolle man künftig alle Accounts löschen, die von manipulierenden Organisationen kontrolliert werden, sagte Zuckerberg am Dienstag. So seien bereits „Hunderte“ mit einer russischen „Trollfabrik“ verbundene Accounts stillgelegt worden. Diese „Trollfabrik“ steht nach Erkenntnissen der US-Justiz hinter der berüchtigten Kampagne zur Beeinflussung der amerikanischen Präsidentschaftswahl im Jahr 2016. Zuckerberg sagte, dass viele der gelöschten Accounts und Seiten auf die im russischen St. Petersburg beheimatete Internet Research Agency zurückzuführen seien. Diese habe „wiederholt versucht, Menschen auf aller Welt zu täuschen und zu manipulieren, und wir wollen sie nicht mehr auf Facebook haben“.

Der Datenskandal wird aber nicht so einfach vom Tisch zu wischen sein. Am Mittwoch kommender Woche soll Zuckerberg im US-Kongress dazu aussagen. Er werde dann vom Handelsausschuss des Repräsentantenhauses angehört, teilten Mitglieder des Gremiums am Mittwoch in Washington mit. Der republikanische Ausschussvorsitzende Greg Walden und der Vertreter der oppositionellen Demokraten, Frank Pallone, erklärten, durch die Anhörung sollten die US-Bürger besser verstehen, „was mit ihren persönlichen Daten online geschieht“.

Potenziell 33.555 Betroffene in Österreich

In Österreich sind laut neuesten Erkenntnissen potenziell 33.555 Facebook-User von dem Datenskandal betroffen. 13 Personen hätten die Umfrage-App von Cambridge Analytica installiert, teilte der Sprecher der APA mit. Die Zahl der potenziell weiteren Betroffenen ergibt sich dadurch, dass durch das Leck auch die Freunde der 13 User betroffen sein könnten, so ein Sprecher des Netzwerks am Donnerstag auf APA-Anfrage.

Australien nahm unterdessen Ermittlungen auf. Es werde überprüft, ob Facebook gegen australische Gesetze verstoßen habe, teilte die Datenschutzbeauftragte Angelene Falk am Donnerstag mit. Zuvor war bekanntgeworden, dass auch persönliche Informationen von rund 300.000 Australiern ohne deren Einverständnis weitergegeben worden seien.

Angesichts der Ausweitung des Skandals forderten Europas Grüne mehr Transparenz von dem Unternehmen. „Facebook muss jetzt endlich alle Karten offen auf den Tisch legen und den Datenschutzbehörden vollen Zugang zu seinen Systemen bieten“, sagte der innen- und justizpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Jan Philipp Albrecht, dem deutschen „Handelsblatt“.

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