Themenüberblick

„Wir sind der Wandel“

Mehr als eine Million Menschen haben bei Demonstrationen quer durch die USA Verschärfungen des US-Waffenrechts gefordert. Allein an der zentralen Kundgebung in der Hauptstadt Washington nahmen Ende März Hunderttausende Menschen teil. Junge Redner wie Emma Gonzalez, die das Schulmassaker von Parkland in Florida überlebt hatte, rührten viele Teilnehmer zu Tränen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Demonstrationen liefen unter dem Titel „Marsch für unsere Leben“. Ein Großteil der Teilnehmer waren Schüler und Lehrer. Sie prangerten die Bedrohung durch Schusswaffengewalt an den Schulen und den Einfluss der mächtigen Waffenlobby NRA auf die Politik an.

Schülerproteste

APA/AP/Spenser Heaps

„Wir können und wir werden die Welt ändern“, sind die Schüler überzeugt

„Politiker - repräsentiert die Leute oder haut ab“

Die Organisatoren des Marsches in Washington gaben die Teilnehmerzahl mit 800.000 an, wie der Sender NBC berichtete. Angeführt wurde der Protest in der Hauptstadt von Schülern der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland im Bundesstaat Florida, wo ein ehemaliger Mitschüler am Valentinstag 17 Menschen erschossen hatte.

„Wir sind der Wandel“, rief der 17-jährige Cameron Kasky, einer der Parkland-Überlebenden. Er kündigte an, dass seine durch die Schusswaffengewalt geprägte Generation mit langem Atem für eine „sichere Zukunft“ kämpfen wolle: Der jetzige Marsch sei „nicht der Höhepunkt dieser Bewegung. Er ist der Anfang.“ Und: „Politiker - repräsentiert die Leute oder haut ab. Haltet zu uns oder nehmt euch in Acht, die Wähler kommen.“

Einen ihrer emotionalsten Momente erreichte die Demonstration im Zentrum der Hauptstadt mit dem Auftritt der Parkland-Schülerin Emma Gonzalez, die zu einem der bekanntesten Gesichter der neuen Graswurzelbewegung geworden ist. Sie verharrte minutenlang schweigend am Mikrofon, während ihr Tränen die Wangen hinunterliefen. Ihr Schweigen brach Gonzalez dann sechs Minuten und 20 Sekunden nach Beginn ihres Auftritts - genauso lang hatte das Morden an ihrer Schule gedauert. „In wenig mehr als sechs Minuten sind uns 17 unserer Freunde genommen worden (...), und jeder, absolut jeder, wurde für immer verändert“, sagte Gonzalez.

Auch King-Enkeltochter hat „einen Traum“

Bei der Kundgebung in Washington sprach auch die neunjährige Enkelin des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King. Auch sie habe „einen Traum“, sagte Yolanda Renee King in Anlehnung an das berühmteste Zitat ihres Großvaters: „Dies sollte eine Welt ohne Waffen sein. Punkt!“ Auch zahlreiche Prominente unterstützten den Protest. Die Reden wechselten sich mit Auftritten unter anderen der Popsängerinnen Miley Cyrus, Ariana Grande, Jennifer Hudson, Demi Lovato und des Rappers Common ab.

Yolanda Renee King und Jaclyn Corin

APA/AP/Andrew Harnik

Martin Luther Kings Enkeltochter träumt von einer „Welt ohne Waffen“

„Jeden Tag Angst, zur Schule zu gehen“

Viele junge Demonstranten sprachen von ihrem Gefühl der Unsicherheit im Schulalltag. „Wir sind diejenigen, die jeden Tag Angst haben, zur Schule zu gehen“, sagte die 17-jährige Lauren Tilley aus Kalifornien. „Es ist wichtig, sich an der Schule nicht zu fürchten. Denn wir sind zum Lernen da, und nicht, damit wir um unser Leben kämpfen“, sagte auch die 13-jährige Lily Ansell aus Buffalo im Bundesstaat New York.

Insgesamt fanden in den USA und im Ausland mehr als 800 Demonstrationen statt. In New York gingen laut Bürgermeister Bill de Blasio 175.000 Menschen auf die Straße. Unter ihnen war auch der britische Musiker Paul McCartney. In Los Angeles trat die Schauspielerin Amy Schumer ans Mikrofon.

Demonstranten in Las Vegas

APA/AP/Andrea Cornejo

Die Wut der Schüler richtet sich gegen die Waffenlobby NRA und die mit ihr verbündeten Politiker

Die neue Protestbewegung gegen die Schusswaffengewalt war spontan nach dem Schulmassaker in Parkland entstanden und wuchs sich zu einer breiten Bewegung aus. Zu den prominenten Unterstützern zählen auch Justin Bieber, Justin Timberlake, Amal Clooney und deren Ehemann George Clooney, Oprah Winfrey und Steven Spielberg.

In Florida wurde unter dem Druck der Bewegung bereits ein verschärftes Waffenrecht in Kraft gesetzt, das unter anderem das Mindestalter für den Waffenerwerb von 18 auf 21 Jahre heraufsetzte. In Washington hat sich hingegen bisher wenig im Waffenrecht bewegt. Am Vortag der Demonstrationen legte die Regierung zwar einen Entwurf zum Verbot von „Bump Stocks“ vor - das sind Aufsatzvorrichtungen, mit denen halbautomatische Waffen zu vollautomatischen aufgerüstet werden. Doch das ist keine weitreichende Änderung, denn sogar die NRA unterstützt ein Verbot der „Bump Stocks“.

Trump hielt sich fern

US-Präsident Donald Trump hielt sich unterdessen auf seinem privaten Anwesen Mar-a-Lago in Florida auf. Der britische Independent kommentierte das so: "Anstand ist keine Eigenschaft, die oft mit Donald Trump in Verbindung gebracht wird. Daher konnte man voraussagen, dass er es vorziehen würde, den Tag in seinem Golfclub in Florida zu verbringen, anstatt in Washington junge Amerikaner bei ihrem „March for Our Lives“ zu begrüßen. Hätte er es getan - wie sicherlich die meisten seiner Vorgänger -, würde er wenigstens etwas Mitgefühl für die Opfer der jüngsten Schusswaffenangriffe gezeigt haben. Dass es keine offizielle Anerkennung des Protestmarsches gab, ist unentschuldbar. Eine fade Erklärung des stellvertretenden Pressesprechers der Regierung war zu wenig.“

Links: