Debatte nach internem Bericht
In der Debatte über eine Reform des Arbeitsmarktservice (AMS) hat Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Mittwoch erklärt, die beiden Vorstände Johannes Kopf und Herbert Buchinger nicht ablösen zu wollen. Es ergebe „keinen Sinn, Köpfe jetzt infrage zu stellen“, sagte Hartinger-Klein.
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Es gehe um eine Reform des AMS, so die Sozialministerin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Die Vorgeschichte: Nachdem ein kritischer interner Revisionsbericht zur Betreuung von Arbeitslosen mit nicht deutscher Muttersprache an die Öffentlichkeit gelangte, muss der AMS-Doppelvorstand, der den Bericht nach Eigenangaben selbst in Auftrag gegeben hat, am 18. April bei der Regierungsspitze antreten.
Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Strache fordern unter Berufung auf den Bericht eine Reform des AMS. Im Herbst 2017 hatte die rot-schwarze Regierung die Verträge der AMS-Langzeitvorstände Herbert Buchinger und Johannes Kopf ab Juli 2018 für weitere sechs Jahre verlängert. Buchinger, der seit 1994 im AMS-Vorstand ist, wird der SPÖ zugerechnet, Kopf ist seit 2006 Mitglied im Vorstand und gilt als ÖVP-nah.
Buchinger: „Wenn ich Hindernis bin, gehe ich“
Buchinger zeigte sich am Dienstagabend im Interview mit der ZIB2 bereit, der Regierung seinen Rücktritt anzubieten. Es brauche eine konstruktive Zusammenarbeit von Regierung, Arbeitnehmern und Arbeitgebern im AMS: „Wenn ich persönlich ein Hindernis bin, gehe ich gerne“, sagte Buchinger. „Selbstverständlich thematisiere ich, ob ich als Person ein Problem bin für die Regierung. Dann kann man auch darüber reden, meinen Vertrag vorzeitig aufzulösen.“
Buchinger bot Rücktritt an
Im ZIB2-Interview sprach Buchinger über das beschlossene AMS-Budget für 2018 und bot der Regierung seinen Rücktritt an
Strache: „Ablöse nicht das Thema“
Doch auch Strache will die AMS-Doppelspitze derzeit nicht ablösen und auch nicht bewerten. „Das ist nicht das Thema.“ Es gebe einen Reformbedarf im AMS, und das Management werde sich damit auseinandersetzen. „Davon gehen wir aus.“ Der Revisionsbericht habe „gravierende Probleme“ offengelegt und die „Befürchtungen übertroffen“. Für Strache gibt es „mehrere Baustellen“ im AMS. Die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt müsse man auch nützen, um „die Sinnhaftigkeit und Treffsicherheit der Förderungen“ zu überprüfen.
Hartinger-Klein will „Strukturen bereinigen“
Im Rahmen einer AMS-Reform will Hartinger-Klein Strukturen im AMS „bereinigen“ und eine stärkere Flexibilisierung der Budgetverwendung durch einzelne AMS-Geschäftsstellen ermöglichen. Auch seien die Entscheidungsprozesse im AMS-Verwaltungsrat „sehr langsam“, kritisierte die Sozialministerin.
Keine Ablösen der AMS-Vorstände geplant
Sozialministerin Hartinger-Klein und Vizekanzler Strache (beide FPÖ) wollen die AMS-Vorstände nicht austauschen. Wichtig seien Reformen.
Der neunköpfige AMS-Verwaltungsrat besteht aus Vertretern des Finanz- und Sozialministeriums, der Arbeiterkammer, Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung und trifft sich einmal pro Monat. Die Entscheidungen fallen per Mehrheitsbeschluss.
„Diskrepanz“ zu Bedürfnissen der Wirtschaft
Für die Sozialministerin muss das AMS auch mehr im Bereich der Qualifizierung von Arbeitslosen tun. Es gebe eine Diskrepanz, was die „derzeit boomende“ Wirtschaft brauche und „der Arbeitsmarkt bietet“. Es müsse darauf geschaut werden, dass die Wirtschaft jenes Personal bekommt, dass sie wirklich braucht, so Hartinger-Klein. Die OECD und der Rechnungshof hätten etwa empfohlen, dass mehr AMS-Berater in die Unternehmen gehen. Hartinger-Klein verwies darauf, dass im AMS-Förderbugdet 2018 mit 3.633 Euro pro Arbeitslosen mehr Mittel zur Verfügung stehen als 2017 mit 3.219 Euro.
„AMS-Mitarbeiter tun mir leid“
Für Strache und Hartinger-Klein ist die Lösung von Integrationsproblemen bei Migranten und Flüchtlingen nicht Hauptaufgabe des AMS. Es gehe nicht nur um Deutsch, sondern auch um das Sozialverhalten, Pünktlichkeit und das Verhalten gegenüber Frauen. „Das ist nicht Aufgabe des AMS“, so Hartinger-Klein. Die Sozialministerin kann sich ein Kompetenzzentrum für diese Thematiken vorstellen. „Die AMS-Mitarbeiter tun mir leid.“
Details zum von der Regierung geplanten degressiven „Arbeitslosengeld neu“ wollten Strache und Hartinger-Klein nicht bekanntgeben. Es sei „alles gesagt“, das Arbeitslosengeld sei in Vorbereitung, so Strache. Man sei „mittendrin“, es würden derzeit Kennzahlen berechnet, sagte die Sozialministerin.
Foglar spielt Ball an Kurz zurück
ÖGB-Präsident Erich Foglar spielte unterdessen den Ball an Kurz zurück. Die Herausforderung durch die Zuwanderung sei in erster Linie ein Integrationsthema, „da hätte der Herr Kanzler als Außenminister und vor allem als Integrationsminister jede Menge Möglichkeiten gehabt, die Situation zu verbessern“, so Foglar.
Die OECD bescheinige dem AMS eine höchst erfolgreiche, höchst effiziente Arbeit im internationalen Vergleich. „Also worin diese Unzufriedenheit besteht, ist in keinster Weise sachlich nachvollziehbar“, sagte der ÖGB-Präsident im Ö1-Morgenjournal - Audio dazu in oe1.ORF.at.
„Möglicherweise will man umfärben“
Zu den Aussagen von Kurz, beim AMS müsse sich dringend etwas ändern, die dieser nach Bekanntwerden des internen AMS-Revisionsberichts getätigt hatte, meinte Foglar: Die Studie sei im Sommer 2017 fertig gewesen, fast vor einem Dreivierteljahr. Es sei „durchsichtig und fadenscheinig“, dass man die Studie jetzt hernehme. Der „wahre Grund der Absicht der Regierung“ sei „völlig woanders“ zu vermuten, so der ÖGB-Chef: „Möglicherweise will man umfärben.“
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