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Whistleblower belastet Palantir

Palantir, eine Big-Data-Firma im Sold der US-Geheimdienste, hat in der Nacht auf Mittwoch eingeräumt, dass ein Mitarbeiter in „privater Funktion“ mit Cambridge Analytica, der Firma im Zentrum der Facebook-Datenaffäre, zusammengearbeitet hat. Zuvor sagte der Whistleblower Christopher Wylie, dass „führende Palantir-Mitarbeiter an den Facebook-Daten“ gearbeitet hätten.

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Zunächst wies Palantir die Vorwürfe Wylies zurück: „Palantir hatte nie eine Verbindung mit Cambridge Analytica und auch nie mit Daten von Cambridge Analytica gearbeitet“, zitierte der britische „Guardian“ eine Sprecherin. Doch nur wenige Stunden später revidierte der Konzern des Investors Peter Thiel seine Aussagen.

Der Whistleblower Christopher Wylie

APA/AP/Alastair Grant

Der Ex-Forschungsdirektor von Cambridge Analytica, Christopher Wylie, belastete den US-Dienstleister Palantir

„Wir wurden von Einzelpersonen von Cambridge Analytica mehrfach kontaktiert, wir haben uns jedoch dagegen entschieden, gemeinsam weiterzuarbeiten“, heißt es in einer zweiten Stellungnahme. „Wir haben herausgefunden, dass ein Mitarbeiter in der Zeit von 2013 bis 2014 in rein privater Funktion mit Cambridge Analytica zusammengearbeitet hat.“ Eine Sprecherin sagte gegenüber Bloomberg: „Wir untersuchen das und werden angemessene Maßnahmen ergreifen.“

Weitere Firma mit Trump-Verbindungen

Zwar bestätigte Wylie, dass es keinen Vertrag zwischen Palantir und Cambridge gab. Aber: „Es gab Palantir-Mitarbeiter, die ins Büro kamen und mit den Daten arbeiteten. Und wir trafen uns mit Palantir-Mitarbeitern in deren Büro“, so Wylie.

Wylies Aussagen vor dem britischen Parlament ziehen damit ein weiteres Unternehmen in die Datenaffäre, das eine Verbindung zu US-Präsident Donald Trump aufweist, wie die „New York Times“ schreibt. Cambridge Analytica wurde von Robert Mercer gegründet, der die Trump-Kampagne unterstützte - und auch Thiel, der Mitbegründer von Palantir, unterstützte Trumps Wahlkampf 2016. Thiel sitzt darüber hinaus auch im Facebook-Aufsichtsrat und war einer der ersten Geldgeber des Sozialen Netzwerks.

Idee für App soll von Palantir-Mitarbeiter stammen

Cambridge Analytica wertete im US-Wahlkampf 2016 heimlich Millionen Facebook-Profile aus, die Dienste wurden vom damaligen Kandidaten Trump in Anspruch genommen. Die Daten stammen von der Quiz-App Thisismydigitallife des Forschers Aleksandr Kogan. Wylie sagte nun, dass die die App ursprünglich von einem Palantir-Mitarbeiter angeregt wurde. Noch vor der Gründung von Cambridge Analytica - Wylie arbeitete damals für den Mutterkonzern SCL Group - soll Wylie per Mail mit dem Palantir-Mitarbeiter kommuniziert haben, den er vor dem britischen Parlament auch namentlich nannte.

In dem Mailverkehr, der dem „Guardian“ vorliegt, soll der Mitarbeiter vorgeschlagen haben, die Idee eines anderen Forschers nachzubauen: „Was, wenn wir die Arbeit des Cambridge-Professors nachmachen als mobile App, die zu Facebook verbindet? Zum Beispiel als Persönlichkeitstest, der mit Freunden verglichen werden kann - oder einem anderen Spin, der die Leute dazu bringt, den Test zu machen“, heißt es darin.

Whistleblower sieht deutlich mehr Profile betroffen

Auch zum Umfang der Daten machte Wylie Angaben. In Medien war bisher von 50 Millionen Profilen die Rede - laut Wylie war das jene Anzahl, die „die Medien als gesichert“ berichten konnten. „Nach meiner eigenen Erinnerung war die Zahl jedoch deutlich größer. In meinen Augen handelt es sich also um weit mehr als 50 Millionen (Profile)“, zitierte das Technologieportal TechCrunch Wylie. Eine Rückfrage bei Facebook dazu blieb bisher unbeantwortet.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg wurde ebenfalls von der Kommission im britischen Parlament geladen, erschien jedoch nicht. Stattdessen wird er laut Medienberichten vor dem US-Kongress aussagen. Er werde voraussichtlich am 12. April vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses erscheinen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf einen Vertreter des Kongresses. Der Sender CNN berichtete, das Unternehmen arbeite derzeit an einer Strategie für die Aussage des 33-Jährigen.

Mögliche Beteiligung an „Brexit“-Kampagne

Erst am Wochenende wurden Vorwürfe laut, dass die wegen unerlaubter Wahlwerbung für Trump unter Druck geratene Firma Cambridge Analytica auch im „Brexit“-Referendum über Umwege eine Rolle gespielt haben soll. Das behauptet Wylie.

Wie der Whistleblower mehreren europäischen Zeitungen, darunter der „Spiegel“ und der „Observer“, sagte, soll Cambridge Analytica eng mit dem kanadischen Datenanalyseunternehmen AggregateIQ (AIQ) verbunden sein. Dieses spielte in der „Brexit“-Kampagne eine Rolle. Die „Brexit“-Kampagne des heutigen Außenministers Boris Johnson - „Vote Leave“ - hatte 40 Prozent ihres Budgets in die Arbeit von AggregateIQ gesteckt.

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