Bei Einreise aus Dänemark
Der katalanische Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont ist am Sonntagvormittag bei der Einreise von Dänemark nach Deutschland festgesetzt worden. Grundlage für die Verhaftung sei ein europäischer Haftbefehl, so ein Sprecher des Landespolizeiamt Kiel.
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Die Landespolizei Schleswig-Holstein habe Puigdemont um 11.19 Uhr auf der Bundesautobahn 7 festgenommen, so der Sprecher weiter. Nach Angaben des Anwalts war Puigdemont auf der Rückreise von Finnland nach Belgien. In Finnland war er einer Verhaftung durch seine rechtzeitige Abreise entgangen.
Zuvor hatte bereits Puigdemonts Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas auf Twitter von der Festnahme seines Mandanten berichtet. Puigdemont wurde nach Angaben seiner Pressestelle korrekt behandelt, hieß es. Die Federführung für das Verfahren in Deutschland hat nach Behördenangaben zunächst die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein.
Entscheidung über Auslieferungshaft
„Herr Puigdemont befindet sich derzeit in polizeilichem Gewahrsam“, so Vizegeneralstaatsanwalt Ralph Döpper. Ob das, wie kolportiert wurde, in der Justizvollzugsanstalt Neumünster sei, wollte Döpper aus Sicherheitsgründen nicht beantworten. Derzeit prüfe die Behörde, wie lange Puigdemont auf Basis des europäischen Haftbefehls in Gewahrsam bleiben könne. Die Entscheidung darüber, ob er in Auslieferungshaft genommen werde, falle „mit einiger Wahrscheinlichkeit“ erst am Montag durch das zuständige Amtsgericht. „Wir stehen ganz am Anfang der Prüfung.“

Reuters/Fabian Bimmer
Unbestätigten Berichten zufolge soll Puigdemont in der Justizvollzugsanstalt Neumünster sein
Döpper machte keine Angaben zu den Hintergründen der Festnahme. Laut Berichten soll die deutsche Polizei entsprechende Hinweise zum geplanten Grenzübertritt Puigdemonts von den spanischen Behörden erhalten haben. Puigdemont war am Donnerstag in Finnland angekommen, um unter anderem an einer Konferenz teilzunehmen. Während des Besuchs stellte Spanien einen Antrag auf Festnahme des Ex-Regionalpräsidenten. Finnland erklärte sich daraufhin bereit, Puigdemont zu verhaften. Allerdings war dieser nicht auffindbar.
Strafverfahren wegen Vorwurfs der Rebellion
Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte am Freitag ein Strafverfahren gegen Puigdemont und weitere Regionalpolitiker eröffnet. Ihnen wird unter anderem Rebellion sowie teilweise zusätzlich Veruntreuung öffentlicher Mittel vorgeworfen. Für Rebellion alleine drohen bis zu 25 Jahre Haft. Die Höchststrafe in Spanien sind 30 Jahre. Neben Puigdemont sind seine früheren Regionalminister Antoni Comin, Meritxel Serret, Lluis Puig in Belgien und Clara Ponsati in Großbritannien von den Haftbefehlen betroffen.
Puigdemont hatte im Oktober nach einem Referendum die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien ausgerufen und damit gegen die Verfassung verstoßen. Daraufhin leitete die Justiz Ermittlungen gegen Puigdemont und andere führende Separatisten ein. Puigdemont floh nach Belgien ins Exil. Die Zentralregierung in Madrid setzte die katalanische Regierung ab und stellte die Region unter Zwangsverwaltung.
Regierungsbildung in Katalonien blockiert
Die spanische Justiz blockiert derzeit mit der Verhängung mehrerer Haftbefehle gegen katalanische Separatistenführer die Regierungsbildung in Katalonien. Das Regionalparlament in Barcelona unterbrach am Samstag die Wahl von Jordi Turull zum neuen katalanischen Präsidenten, weil Turull am Vortag festgenommen worden war.
In Barcelona hielt Parlamentspräsident Roger Torrent trotz der Forderung Madrids nach einer Aussetzung an der Wahl zum Regionalpräsidenten fest. „Ich werde nicht ruhen, bis ich euch in Freiheit sehe“, sagte er an seine inhaftierten Kollegen gerichtet. Im ersten Wahlgang hatte Turull aufgrund der inneren Spaltung der Unabhängigkeitsbefürworter die erforderliche absolute Mehrheit verfehlt.
Nach seiner Verhaftung konnte er im zweiten Wahlgang am Samstag nicht anwesend sein, was laut spanischem Verfassungsgericht für eine Wahl aber notwendig ist. An dieser Auflage war bereits Puigdemont gescheitert, der zwischenzeitlich sogar geplant hatte, mittels der Videotelefoniesoftware Skype zu regieren.
Aufruf zu Protesten in Katalonien
Separatistische Bürgerbewegungen und Parteien haben für Sonntagnachmittag in Katalonien zu Protesten gegen die Verhaftung Puigdemonts aufgerufen. In verschiedenen katalanischen Städten sollen spontane Protestmärsche stattfinden. Auch Autobahnen und wichtige Hauptverkehrsstraßen sollen blockiert werden. Bereits am Freitag fanden in ganz Katalonien Demonstrationen gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Madrid statt.
Carles Riera, Abgeordneter der separatistischen, linksradikalen Partei CUP, prangerte die „antidemokratische Unterdrückung durch den spanischen Staat“ an. Quim Torra, Abgeordneter von Puigdemonts separatistischer Einheitsliste JxCat, kritisierte wie Riera die deutschen Behörden und bezeichnete die Verhaftung als „Verantwortung der gesamten Europäischen Union“. Albert Rivera, Chef der Liberalen Ciudadanos, feierte die Verhaftung Puigdemonts hingegen. „Endlich findet die Flucht des Putschisten ein Ende.“
Festnahme für deutsche Linksfraktion „Schande“
Kritik kam auch aus Deutschland. Die Linksfraktion nannte die Festnahme eine „Schande“. Der Politiker sei in Spanien wegen „Rebellion“ angeklagt, das sei jedoch „kein europäischer Straftatbestand“, erklärte der europapolitische Sprecher der Fraktion, Andrej Hunko, am Sonntag.
Die deutsche Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner sagte, es sei nun „Sache der Justiz, zu klären, wie es weitergeht“. Letztlich handle es sich aber um einen „innerspanischen, politischen Konflikt“, fügte sie hinzu. „Den kann weder ein deutsches Gericht noch die Bundesregierung lösen.“ Nötig seien politische Verhandlungen zwischen Madrid und Katalonien. Die FDP forderte eine rasche Erklärung der Bundesregierung. Puigdemonts Festnahme sei rechtlich nicht zu beanstanden, jedoch schaffe sie „politisch große Probleme“, sagte FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff der „Augsburger Allgemeinen“.
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