Blick in das größte Casino des Landes
Längst hat sich Kambodscha auf Touristen aus aller Welt eingestellt - und das kleine ostasiatische Land bietet viel: herrliche Strände, gutes Essen und viele historische Bauwerke, mit Angkor Wat etwa den größten Tempelkomplex der Welt. Groß will das Land auch wirtschaftlich werden, Investoren gibt es zur Genüge, vor allem aus China kommt massig Geld. Mit dem Geld kommen auch Chinesen - immer mehr zum Spielen.
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Und sie finden Anlaufstellen - etwa in der Hauptstadt Phnom Penh, wo die riesigen Flatscreens an den Außenfassaden der NagaWorld viel Entertainment und die Chance auf viel Geld signalisieren. Und der Name soll Programm sein, schließlich ist der weitläufige Gebäudekomplex inmitten der Metropole das größte Casino des Landes. Betreiber NagaCorp ist an der Börse von Hongkong gelistet, bis ins Jahr 2035 darf man in einem Radius von 200 Kilometern um die Hauptstadt exklusiv Casinos betreiben.
Per Charter in die Hotellobby
Abgesehen hat es NagaWorld in erster Linie auf spielfreudige Chinesen. Und es kommen immer mehr, fast jeder fünfte Besucher reist aus der Volksrepublik an. Bald sollen die Vietnamesen als größte Gruppe abgelöst sein. In der Lobby des gigantischen Hotels wird selbstverständlich auch Mandarin und Kantonesisch gesprochen. Über 1.600 Zimmer hält das Hotel bereit, ebenso Tausende Spieltische und Automaten.

Valentin Simettinger
NagaWorld in Phnom Penh: Voller Fokus auf Chinesen
Glückssymbole gibt es jede Menge, darunter auch den derzeit in China und in dessen Einflussbereich omnipräsenten Hund (in der chinesischen Astrologie gilt momentan das Jahr des Hundes), in der NagaWorld freilich in erfolgsversprechendem Gold gehalten. Mittels Charterflügen bringt NagaCorp Besucher aus China treffsicher zur Casino-Destination - etwa 380 Flüge waren es 2013, jetzt sind es fast 600.
Drei Prozent des BIP
An die 50 Mio. US-Dollar (40,62 Mio. Euro) Steuern haben die Glücksspieltempel des Landes zuletzt jährlich in die Staatskasse gespült - ein Anstieg um 40 Prozent seit 2015, wie „Khmer Times“ zuletzt berichtete. Erst kürzlich wurde der Komplex noch einmal erweitert. NagaCorp ist ein Wirtschaftsfaktor in Kambodscha: Von den 69 lizenzierten Casino-Betreibern stellt NagaCorp die meisten - insgesamt trägt das Unternehmen drei Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Umso beeindruckender, als Glücksspiel Kambodschanern verboten und nur Ausländern erlaubt ist.

Valentin Simettinger
Nur ein Raum in dem weitläufigen Casino-Komplex
Zwei Millionen Chinesen bis 2020
Nicht nur die kambodschanische Hauptstadt Phnom Penh bietet Spielern paradiesische Verhältnisse. So hält etwa die Küstenstadt Sihanoukville im Südwesten des Landes weiße Sandstrände, viele Lokale und fast 30 große Spielcasinos bereit. Gewinnversprechend ist auch die 40.000-Einwohner-Stadt Bavet an der vietnamesischen Grenze, hier stehen ein Dutzend Casinos. Auch hier spielen Vietnamesen und Chinesen Schulter an Schulter.
Geht es nach dem kambodschanischen Premier Hun Sen, sollen ab 2020 zwei Millionen Chinesen das Land besuchen. Viele von ihnen sollen auch spielen - schließlich ist das in China verboten. Erlaubt ist es nur in der Sonderverwaltungszone Macao im Süden des Landes, unweit der Finanzmetropole Hongkong. Die Umsätze in Macao übersteigen jene von Las Vegas um ein Vielfaches, allerdings sinken sie seit Jahren kontinuierlich. Grund dafür ist das harte Vorgehen von Chinas Präsident Xi Jinping gegen Korruption.
Werbung verboten
Macao brach mit dem vielfachen Ausbleiben chinesischer Staatsbediensteter ein bedeutendes Segment weg, schließlich gelten streng verschärfte Regeln hinsichtlich Geldwäsche und anderer Finanzdelikte. Mit Kambodscha gibt es nun eine „diskrete“ Alternative zum administrativ von Peking kontrollierten Macao. Chinesen dürfen in der Volksrepublik von Casinos nicht umworben werden, das ist strikt verboten. Die Konsequenzen bekam 2016 der australische Casino-Betreiber Crown Resorts zu spüren. Mehrere Mitarbeiter wurden wegen illegaler Aktionen festgenommen und verurteilt.

APA/AFP/Philippe Lopez
In Macao ließen schon viele spielwütige Chinesen ihr Geld liegen
Wenig Freude mit den vielen Casino-Freunden aus China haben indes viele Kambodschaner: In Sihanoukville wurden allein 2017 zehn neue Casinos in Betrieb genommen, fast 30 sind es in der 100.000-Einwohner-Stadt damit bereits. 120.000 Chinesen besuchten die Stadt 2017, doppelt so viele wie im Jahr davor. Investment und Präsenz der Chinesen treiben Mieten und Immobilienpreise in die Höhe, eine Situation, der praktisch alle größeren Städte in Kambodscha gegenüberstehen.
„Munition“ für Opposition
Langjährige Beobachter in Kambodscha erzählen, dass chinesische Investoren nach Übernahmen ihre Regeln zur Geltung brächten - oftmals gehört dazu auch im Gastronomiebereich das Beherrschen von Mandarin. Kambodschanerinnen und Kambodschaner hätten so in solchen Fällen das Nachsehen bei Jobs, eine fatale Entwicklung in einem ohnehin weitgehend verarmten Land. Der Gouverneur der Provinz, in der Sihanoukville liegt, beklagte kürzlich, dass Auseinandersetzungen zwischen Kambodschanern und Chinesen „Munition“ für die Opposition seien.

Reuters/Pring Samrang
Verfestigte Macht: Seit 1985 ist Hun Sen Ministerpräsident in Kambodscha
Geld gegen Einfluss
Eine Befürchtung, hinter der freilich die langjährige politische Agenda der kambodschanischen Regierung steht. Denn die Motivation des seit über drei Jahrzehnten autoritär regierenden kambodschanischen Ministerpräsidenten Hun Sen deckt sich mit dem Willen Chinas - und umgekehrt. Die zunehmende Abhängigkeit von der Volksrepublik wird politisch forciert.
Ideale Umstände dafür wurden schon geschaffen: Nach einem Spruch des obersten Gerichts - die Institution wird von der Regierung kontrolliert - musste die größte Oppositionspartei des Landes, die Cambodia National Rescue Party (CNRP), Ende des Vorjahres aufgelöst werden. Das Urteil steht im Zusammenhang mit Vorwürfen, Parteispitzen hätten mit Hilfe der USA ein Komplott zum Sturz der Regierung geschmiedet.
Einparteiensystem gefestigt
Mit dem Verbot der vor allem regional aufstrebenden Oppositionspartei festigte die Regierung das Einparteiensystem weiter. Die Zerschlagung ist folgenschwer, schließlich wurden alle Parteikader mit einem fünfjährigen Verbot politischer Aktivitäten belegt. Mit dem Urteil hat Kambodscha den letzten Anstrich halbwegs demokratischer Verhältnisse verloren - der Ausgang der diesjährigen Wahlen ist also fix. Ebenso wie der weiter steigende Einfluss Chinas. Damit schließt sich der Kreis zu NagaWorld: Der Malaysier Chen Kip Keong, größter Aktionär von Vorstandsvorsitzender von NagaWorld, und Premier Hun Sen pflegen seit Langem ein Naheverhältnis.
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Valentin Simettinger, ORF.at