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Ende einer Spielzeugdynastie

Der Spielwarenhändler Toys’R’Us schließt alle Filialen in den USA. Es gebe keine finanzielle Unterstützung mehr dafür, die US-Geschäfte fortzuführen, sagte Unternehmenschef Dave Brandon am Mittwochabend (Ortszeit). Das sei „ein tieftrauriger Tag für uns und die Millionen Kinder und Familien, denen wir in den vergangenen 70 Jahren gedient haben“.

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Eine Einigung mit den Gläubigern zur Umschuldung sei gescheitert. Die Schließung ist auch ein Schlag für Hunderte von Spielzeugherstellern, darunter Barbie-Hersteller Mattel und Hasbro, die etwa zehn Prozent ihres Umsatzes über die Kette erlösten. Derzeit laufen Gespräche mit Interessenten, bis zu 200 der am besten gehenden US-Geschäfte mit den kanadischen Filialen zusammenzuführen.

Verkäuferin bei Toys R Us beratet ein Mädchen im Geschäft

AP/Marcio Jose Sanchez

Toys’R’Us ist weltweit bekannt - und hoch verschuldet

30.000 Arbeitsplätze wackeln

Die Einzelhandelskette hatte vor sechs Monaten Insolvenz angemeldet. 735 US-Filialen sind jetzt von der Schließung betroffen - einschließlich der Geschäfte in Puerto Rico - sowie große Teile der Firmenzentrale in Wayne, New Jersey, wie es in einer aktuellen Presseinformation heißt. Die Schulden summieren sich auf einen Milliardenbetrag. Vor allem die Konkurrenz von Onlinehändlern wie Amazon hat dem Unternehmen stark zugesetzt. Etwa 30.000 Mitarbeiter sind in den Geschäften sowie in der Zentrale beschäftigt, ihre Zukunft ist unsicher.

Alarmiert sind auch die Beschäftigten der Tochtergesellschaft in Österreich, Deutschland und der Schweiz - wenn diese auch nicht in das Insolvenzverfahren involviert sei. „Die Nachrichten aus den USA verstärken unsere Sorge, dass die Krise der Muttergesellschaft auch Folgen für die deutschen Standorte hat“, sagte die Vorsitzende des Betriebsrats von Toys’R’Us Deutschland, Daniela Rogge, der „WirtschaftsWoche“.

Investoren für Europa gesucht

Die Mitarbeiter wollten wissen, wie es weitergeht. „Doch bisher gibt es dazu keine konkreten Informationen“, sagte Rogge. Toys’R’Us zählt eigenen Angaben nach 15 Märkte mit rund 350 Mitarbeitern in Österreich, 66 Filialen in Deutschland und zehn in der Schweiz. Weltweit seien es rund 1.500 Geschäfte. Inwiefern sich die Ereignisse in den USA auf europäische Toys’R’Us-Filialen auswirken könnten, ist noch nicht bekannt.

Auf Anfrage heißt es gegenüber ORF.at, alle Geschäfte in Österreich, Deutschland und der Schweiz seien weiterhin normal geöffnet. Detailfragen über die Zukunft von Toys’R’Us in Österreich könne man derzeit nicht beantworten. Die Gesellschaft arbeite jedenfalls daran, die Auswirkungen der Insolvenz der amerikanischen Landesgesellschaft auf die internationalen Unternehmenseinheiten so gering wie möglich zu halten. Während des laufenden Geschäftsbetriebes werde die Restrukturierung und Investorensuche für die europäischen Filialen vorangetrieben. Ein Verkauf werde angestrebt.

Möbelgeschäft für Kinder nach Krieg

Die Bemühungen um eine Rettung von Toys’R’Us in den Vereinigten Staaten wurden in diesem Monat abgebrochen, nachdem die Kreditgeber einen klaren Plan für einen Umbau vermisst hatten, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen zu Reuters sagten. Die Gläubiger gingen davon aus, durch Schließung und Verkauf vorhandener Waren mehr Geld zu erlösen als durch eine Fortführung der Geschäfte.

Gegründet wurde Toys’R’Us im Jahr 1948 - also während des Babybooms nach dem Zweiten Weltkrieg - von Charles Lazarus als Möbelgeschäft für Kinder. Erst nachdem er mehrere Kundenanfragen für Spielzeug erhalten hatte, änderte er zehn Jahre nach der Gründung seinen Fokus. Seitdem funktioniert das Spielzeuggeschäft wie ein Supermarkt mit Selbstbedienung, Regalen und Einkaufswagen. Mit günstigen Preisen und einem riesigen Sortiment verdrängte die rasch expandierende Kette viele kleine Geschäfte und schluckte Konkurrenten.

Verluste seit 2013

In den 1990er Jahren gab es ersten scharfen Gegenwind: Die großen Diskonthändler Walmart und Target drängten mit aggressiven Lockangeboten in das Spielzeugsegment vor. Seit 2004 ging es bergab, im Jahr 2005 kauften Investoren den Konzern aus New Jersey um 6,6 Milliarden Dollar. Bain Capital, KKR und der Immobilienfonds Vornado finanzierten die Übernahme mit Schulden.

Von dieser Bürde konnte sich die Firma nicht mehr befreien. Auf den Onlinezug sprang das Management zu spät und zögerlich auf. Amazon hatte damit leichtes Spiel. Seit 2013 schreibt Toys’R’Us Verluste, zuletzt ging auch der Umsatz zurück. Bereits im Jänner hatte die Kette angekündigt, 182 Geschäftsstellen zu schließen.

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