„Willkommen zur Vorstellung“
Als letzte Partei der neuen Großen Koalition in Deutschland hat die SPD ihre Minister für das Bundeskabinett offiziell benannt - damit steht die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fest. Die Sozialdemokraten setzen mit der am Freitag in Berlin vorgestellten Riege auf eine Mischung aus alten und neuen Gesichtern.
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„Willkommen zur Vorstellung“, sagte der bisherige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), jetzt Vizekanzler und Finanzminister, der gemeinsam mit SPD-Chefin Andrea Nahles die Ministerinnen und Minister vorstellte, wenn auch die Liste der Namen nicht überraschte: Sie war großteils bereits in den vergangenen Tagen zu Medien durchgesickert.
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Die Minister der neuen deutschen Bundesregierung (Teil eins)
Nahles und Scholz verbindet ein enges Vertrauensverhältnis. Die SPD-Chefin bezeichnete Scholz bei der Präsentation als einen der „profiliertesten Finanzpolitiker Deutschlands“. Seine große Leidenschaft sei, „gut zu regieren“. Der 59-Jährige sei ein „großer Gewinn für die Bundespolitik“. Scholz gilt als parteiintern einflussreich und respektiert, aber die Sympathien fliegen dem bisweilen wortkargen Hanseaten mit verschmitztem Humor nicht zu. Er steht für solide Finanzen, die er in Hamburg zum Programm machte.
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Die Minister der neuen deutschen Bundesregierung (Teil zwei)
Schulze Umweltministerin, Heil Arbeitsminister
Zusammengestellt wurde die Ministerriege in Absprache mit den großen Landesverbänden Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die mit der neuen SPD-Umweltministerin Svenja Schulze und Hubertus Heil als SPD-Arbeits- und -Sozialminister im Kabinett vertreten sein werden.
Schulze ist eine Überraschung auf der Ministerliste, aber kein unbeschriebenes Blatt. In Nordrhein-Westfalen (NRW) mit dem größten Landesverband der SPD gilt sie als Hoffnungsträgerin: In NRW war sie fünf Jahre lang Wissenschafts- und Forschungsministerin. Als Umweltministerin wird sie wesentlichen Einfluss auf den Kohleausstieg haben, der vor allem NRW betrifft. Schulze ist auch Mitglied der Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie, die beim Kohleausstieg auf die Bremse steigt.
Großer Karrieresprung für Barley
Der 45-jährige Heil ist der Zweitjüngste im Bunde, aber trotzdem ein alter Hase in der deutschen Bundespolitik. Seit fast 20 Jahren gehört er dem Bundestag an, zweimal organisierte er als Generalsekretär den Wahlkampf von SPD-Kanzlerkandidaten. Trotz des SPD-Absturzes gilt er als fachkompetent und bestens vernetzt.
SPD-Justizministerin wird Katarina Barley, die bisherige Familienministerin. Die gebürtige Kölnerin hat in der zurückliegenden Wahlperiode wohl die größten Karrieresprünge gemacht. 2013 zog sie über die Landesliste Rheinland-Pfalz erstmals in den Bundestag ein. Zwei Jahre später wurde die bis dahin in der Öffentlichkeit weithin unbekannte Juristin im Dezember 2015 zur Generalsekretärin der SPD gewählt. Eineinhalb Jahre später stieg Barley zur Familienministerin auf.
Maas als Außenminister nicht unumstritten
Barley folgt damit als Justizministerin Heiko Maas (SPD), der jetzt das Außenamt übernimmt und darin - nicht ganz unumstritten - auf Sigmar Gabriel (SPD) folgt. Nahles streute dem neuen Außenminister jedenfalls Rosen: Maas habe als Justizminister diplomatisches Geschick bewiesen sowie Standfestigkeit und eine klare Haltung, „gerade wenn es darum ging, Rassismus zurückzuweisen“. Als Triathlet wisse er, „wie er sich die Kraft einteilen muss, um ans Ziel zu kommen“.
Als Justizminister führte Maas einige umstrittene Gesetze ein - darunter die Vorratsdatenspeicherung und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Hetze im Netz. Diese Gesetze würden die Meinungsfreiheit einschränken, kritisieren Aktivisten. Obwohl Maas passabel Englisch und ein bisschen Französisch spricht, ist über seine außenpolitischen Ambitionen bisher nichts bekannt. Die öffentliche Aufmerksamkeit scheut er jedoch nicht: Sein Privatleben mit der Schauspielerin Natalia Wörner zeigte er zuletzt in einer Homestory, das Männermagazin „GQ“ wählte ihn 2016 zum bestangezogenen Politiker.
Giffey neben Merkel einzige Ostdeutsche
Jüngste SPD-Ministerin wird mit 39 Jahren die Berliner Bezirksbürgermeisterin von Neukölln, Franziska Giffey - sie soll das Familienressort leiten und ist neben CDU-Kanzlerin Merkel die einzige gebürtige Ostdeutsche im Kabinett. Das ist ein wichtiges Merkmal, da in der SPD darauf bestanden wurde, dass Ostdeutschland in der SPD-Ministerriege vertreten ist. Giffey hat sich seit der Übernahme des Amtes rasch Ansehen erworben. Sie gilt als Pragmatikerin, die Probleme anpackt.
Bekanntgabe der SPD-Minister
Die deutschen Sozialdemokraten haben am Freitag ihre Minister präsentiert. Unter den drei Frauen und drei Männern sind erfahrene Bundespolitiker, aber auch eine Jungpolitikerin.
Hinter den Kulissen hatte es in der SPD einige heftige Debatten über die Ministerriege gegeben - komplizierte interne Proporzregeln erschwerten die Vergabe der Posten. Drei SPD-Minister scheiden aus dem Kabinett aus: Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, Umweltministerin Barbara Hendricks und Außenminister Gabriel. Er wäre gerne im Amt geblieben, hatte aber keinen Rückhalt mehr in der Parteispitze nach einem Eklat mit dem ehemaligen SPD-Chef Martin Schulz. Scholz sagte, die ausscheidenden Minister hätten „hervorragend performt“.
Merkels vierte Amtszeit
Schon seit Ende Februar bekannt ist hingegen die Ministerliste von CDU und CSU. Kanzlerin bleibt bekanntlich Merkel. Sie ist seit 2005 im Amt und hat versprochen, die volle Wahlperiode zu regieren. In dem Fall würde sie an Dienstjahren mit Helmut Kohl (CDU) gleichziehen. Chef des Kanzleramts und damit Manager der Regierung wird Helge Braun, in den Merkel großes Vertrauen setzt.
Obwohl im künftigen Kabinett und auch in der CDU umstritten, wird Ursula von der Leyen weiterhin das Ressort Verteidigung führen. Als erste Frau ist die Niedersächsin seit 2013 Verteidigungsministerin. Der bisherige CDU-Kanzleramtschef Peter Altmaier übernimmt das Ressort Wirtschaft und Energie. Er wird für das Großthema der Energiewende zuständig sein - und wird damit in engem Kontakt mit Umweltministerin Schulze stehen.
Spahn als Merkels größter Kritiker
Mit dem 37-jährigen Jens Spahn (CDU) bindet Merkel einen ihrer größten Kritiker in die Kabinettsdisziplin ein. In seinem Ressort Gesundheit gibt es viele Baustellen - zum Beispiel den Pflegenotstand in Deutschland. Den Bereich Bildung und Forschung übernimmt eine Überraschungskandidatin: die bisher weitgehend unbekannte CDU-Abgeordneten Anja Karliczek. Sie war früher Hotelmanagerin und ist erst seit 2013 im Bundestag. Das Ressort Ernährung und Landwirtschaft leitet künftig CDU-Vizechefin Julia Klöckner. Sie gilt als Hoffnungsträgerin - und kennt das Haus. 2009 bis 2011 war sie schon Parlamentarische Staatssekretärin.
CSU als „Männerpartie“
Ausschließlich männliche Mitglieder stellt die CSU. Innenminister wird Horst Seehofer (CSU), dazu kommen noch die Themen Heimat und Bau. Bundesminister war Seehofer bereits: für Gesundheit (1992-1998) und für Agrar (2005-2008). Das Ressort Verkehr und digitale Infrastruktur übernimmt der bisherige CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Er war von 2009 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär. Minister für Entwicklung bleibt Amtsinhaber Gerd Müller (CSU). Seit 1994 ist der Schwabe im Bundestag. Eines seiner wichtigsten Themen ist die Bekämpfung von Fluchtursachen.
„Wir haben uns vorgenommen, ein gutes Team aufzustellen, das hervorragend zusammenarbeiten kann“, sagte Scholz bei der Vorstellung der Minister. Merkel soll am Mittwoch im Bundestag zur Kanzlerin gewählt werden. Unmittelbar danach werden die neuen Minister von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue ernannt und dann im Bundestag vereidigt. Damit wird die längste Regierungsbildung in der Geschichte der Bundesrepublik abgeschlossen.
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