Viele Fragen offen
Rund um die mysteriöse Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz für Terrorismusbekämpfung (BVT) vergangene Woche wurden am Donnerstag neue Details bekannt. So sollen laut Berichten von „Standard“ und „profil“ auch Daten kopiert worden sein, die mit dem eigentlichen Grund der Razzia nichts zu tun haben.
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Laut Berichten wurde bei der Razzia auch die Festplatte der Leiterin des BVT-Extremismusreferats, Sibylle Geißler, kopiert. Die Daten würden den gesamten Ermittlungsstand des BVT zu Extremismus in Österreich zurück bis ins Jahr 2006 beinhalten, darunter Erkenntnisse zu Burschenschaftern und den rechtsextremen Identitären. Geißler sei in dem Ermittlungsverfahren allerdings nicht Beschuldigte, sondern Zeugin, heißt es weiter.
Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs
Grund für die Hausdurchsuchung am Mittwoch vergangener Woche war ein Ermittlungsverfahren der Wirschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen vermuteten Amtsmissbrauchs. Die WKStA ermittelt gegen mehrere BVT-Beamte wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs in mehreren Fällen. Dabei soll es um nicht gelöschte Daten eines Anwalts sowie um die Weitergabe von drei nordkoreanischen Passmustern aus österreichischer Produktion an die südkoreanischen Sicherheitsbehörden gehen.
Grundlage für die Ermittlungen der WKStA sind laut „Standard“ und „profil“ auch Aussagen mehrerer Zeugen, darunter der Verfasser eines Dossiers, das offenbar seit knapp einem Jahr in Medienkreisen die Runde macht. Darin ist die Rede von wiederholtem Amtsmissbrauch, veruntreuten Steuergeldern, ausschweifenden Privatpartys, Datenvergehen und sexuellen Übergriffen gegen BVT-Mitarbeiterinnen. Das habe sich in den Recherchen nicht nachvollziehen lassen können, so „Standard“ und „profil“.
Justizministerium prüft derzeit
Am Donnerstag wurde auch bekannt, dass das Justizministerium sich mittlerweile in die Sache eingeschaltet hat. Der Fall werde derzeit „eingehend“ geprüft, so der Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek. So werde überprüft, ob die Ermittlungsmaßnahmen verhältnismäßig waren, sagte Pilnacek gegenüber dem Ö1-Abendjournal. Das Justizministerium übe seine Fachaufsicht über die WKStA aus, in Zusammenarbeit mit der Oberstaatsanwaltschaft.
Rätselraten über Einsatzgruppe
Laut „Standard“ überprüft das Justizministerium auch, warum die - vom Gewerkschafter und Politiker Wolfgang Preiszler (FPÖ) geleitete - Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) mit den Hausdurchsuchungen beauftragt war. Schwerbewaffnete Beamte dieser Einsatzgruppe marschierten mit schusssicheren Westen im BVT ein und haben auch Privatwohnungen Beschuldigter durchsucht. Laut „profil“ ist für solche Hausdurchsuchungen eigentlich die Cobra zuständig.
Die finale Entscheidung dazu sei von dem - von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) installierten - Generalsekretär Peter Goldgruber gekommen. Auskunft darüber gaben dem „Standard“ weder er noch die WKStA. Es gehe um eine Verschlusssache, hieß es. Die EGS hat nun laut Berichten auch die Daten von der Festplatte des Extremismusreferats.
Goldgruber weist Vorwürfe von sich
Goldgruber nannte die Berichte Donnerstagabend falsch. Dass sich das Innenministerium „durch eine von einem FPÖ-Mitglied geführte Einheit Zugang zu Rechtsextremismus-Daten“ verschaffen habe wollen, wies er als „medial konstruierte Geschichte“ zurück. „Profil“ und „Standard“ hätten „Spekulationen“ über die Ermittlungen gegen BVT-Mitarbeiter verbreitet.
Das Verfahren werde von der WKStA geführt, die nun auch die Daten habe und auswerte, so Goldgruber weiter. Die Hausdurchsuchungen seien „ebenfalls von Staatsanwälten geleitet (worden), die allfällige Daten mit eigenem Personal gesichert und auch mitgenommen haben“. Die EGS sei „für den Einsatz angefordert“ worden und habe „diese staatsanwaltlichen Aktionen lediglich begleitet“. Welche Daten bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurden, „entzieht sich der Kenntnis des Innenministeriums sowie auch der der eingesetzten EGS-Polizisten, die zu keinem Zeitpunkt in Besitz dieser Daten waren“.
BVT-Chef offenbar vor Ablöse
BVT-Leiter Peter Gridling ist unterdessen Anfang März auf Urlaub gegangen - kurzfristig und nicht ganz freiwillig, wie es heißt. Eigentlich sollte er für weitere fünf Jahre als BVT-Chef verlängert werden, nun soll am 20. März zumindest interimistisch ein neuer BVT-Chef verkündet werden. Auch Michael Kloibmüller, Chef der BMI-Präsidialsektion, wird von einem Urlaub nicht zurückkehren - er wechselt in die Privatwirtschaft. Gegen ihn liefen auch Ermittlungen, diese wurden aber eingestellt.
Für den 20. März wurde laut „Standard“ nun auch eine Sitzung des ständigen Unterausschusses des Ausschusses für innere Angelegenheiten anberaumt. Dieser Ausschuss soll die Nachrichtendienste kontrollieren. Bis zum 20. März soll es laut Pilnacek einen Bericht des Justizministeriums geben.
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