Türkei-Comeback und andere Trends
Anschläge in beliebten Urlaubsgebieten, der Putschversuch im Juli 2016 und Spannungen zwischen dem Westen und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ließen die Gästezahlen in dem Land am Bosporus einbrechen. „Wir hatten 2016/2017 eine große Krise“, räumte Tourismusminister Nurman Kurtulmus Anfang März auf der Reisemesse ITB in Berlin ein. Das Tief ist durchtaucht, die Urlauber kehren zurück.
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„Wir haben ein Plus erwartet und unsere Flugkapazitäten für Sommer um 250 Prozent erhöht“, sagte Kathrin Limpel, Unternehmenssprecherin von TUI Österreich. „Der derzeitige Buchungsanstieg von über 200 Prozent liegt aber sogar über unseren Erwartungen. Im Gegensatz zu 2017 wird die Türkei auch wieder langfristig gebucht, vergangenen Sommer war es primär eine Last-Minute-Destination.“
Hinter Griechenland und Spanien liegt die Türkei bei TUI aktuell auf Platz drei der bestgebuchten Destinationen für den Sommer, sagte Limpel. „Die Türkei hat bei uns die höchsten Gästezufriedenheitsbewertungen auf der Mittelstrecke“, nannte sie einen Grund für die Rückkehr der Urlauber. Hinzu komme das anhaltend gute Preis-Leistungs-Verhältnis - diesem misst auch Helga Freund, Vorstandsmitglied der Verkehrsbüro Group und Geschäftsführerin der Reisebürokette Ruefa, besondere Bedeutung bei.

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Die Region Hurghada steht bei Österreichern wieder hoch im Kurs
Verlockende Ersparnis - auch in Ägypten
„Eine Ersparnis von 150 Euro bei einer Woche All-Inclusive-Urlaub in der Türkei gegenüber einer Woche Halbpension in Spanien oder Griechenland ist, trotz der unveränderten politischen Situation, ein starkes Argument für die Rückkehr an die türkische Riviera“, sagte Freund. Ruefa rechnet deshalb aus heutiger Sicht für den Sommer 2018 mit einem zweistelligen Umsatzwachstum bei Türkei-Buchungen. Eine stark gestiegene Nachfrage verzeichnen auch die Reiseveranstalter FTI und Thomas Cook - sowohl bei der Türkei als auch bei Ägypten.
Nach dem Aufstand gegen den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak 2011, den anschließenden politischen Unruhen und islamistischen Terroranschlägen ging die Zahl der Urlauber dort drastisch zurück - nun glückte die Trendwende. Kathrin Limpel von TUI Österreich: „Ägypten hat bereits vergangenes Jahr kräftig zugelegt und verzeichnet dieses Jahr eine Verdopplung der Buchungen. Vor allem die Region Hurghada ist bei österreichischen Gästen beliebt. Weil auch aus anderen Ländern die Nachfrage steigt, erwarten wir, dass einige Hotels zu bestimmten Terminen früh ausgebucht sein werden.“
„Niemand will im Urlaub erschossen werden“
"Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Urlauber nicht politisch interessieren, solange es sie nicht direkt betrifft“, sagte Tourismusforscher Martin Lohmann. Nur akute Terrorangst drücke die Buchungen nach unten: „Niemand will im Urlaub erschossen werden.“ Die Reisenden entschieden sich für die Urlaubsziele in erster Linie nach touristischen Aspekten, wenn das nicht entspreche, helfe es auch nicht, dass die Destination „sicher“ sei. Lohmann: „Die Touristen werden nicht anfangen, Diktaturen abzustrafen.“ Selbst ein Terroranschlag - sofern es sich dabei um ein singuläres Ereignis handelt - könne schnell vergessen sein, sagte Limpel. Bei Städtereisen etwa sei die Buchungslage kaum zwei Wochen nach dem Terror oft wie zuvor.
Dazu komme ein stärker werdender Trend zum frühen Buchen - zu Jahresbeginn waren bereits 20 Prozent der Sommerangebote bei TUI vergeben. Urlaube würden vermehrt auch außerhalb der Hauptreisezeiten gebucht, folglich wurde das Angebot vor allem in den Nebensaisonmonaten Mai und Oktober deutlich aufgestockt. Unverändert im Vergleich zum Vorjahr sind die beliebtesten Destinationen: Griechenland und der „konstante Gewinner Spanien“. „Die Buchungszahlen sind über die vergangenen Jahre stetig im Steigen“, sagt Lisa Weddig, Geschäftsführerin des Reiseveranstalters.

Grafik: ORF.at; Quelle: Institut für Freizeit- und Tourismusforschung (IFT) 2018
Optimismus, aber Bangen vor Unwägbarkeiten
Griechenland und Spanien sind auch bei Ruefa die gefragtesten Reiseziele, gefolgt von Italien, das im Vorjahr Daten des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung zufolge erstmals das Inland als beliebtestes Reiseziel der Österreicher überholte: 20 Prozent der österreichischen Reisenden verbrachten dort ihren längsten Urlaub des Jahres. Immer stärker nachgefragt werden Ferien auf dem Schiff - Hochsee- sowie Flusskreuzfahrten bescheren den Reiseveranstaltern ebenso Umsatzzuwächse wie der konstante Aufschwung bei Städtereisen.
Die Chancen auf ein lukratives Jahr für die Reisebranche stehen hoch, Naturkatastrophen, politische Veränderungen oder Insolvenzen am Flugmarkt könnten die Bilanz aber leicht verhageln. Ruefa-Geschäftsführer Walter Krahl: „Die Lust am Urlaub ist da, aber der Tourismus ist ein zartes Pflänzchen, das schnell verwelken kann.“
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