Dringliche Anfrage an Hartinger-Klein
ÖVP und FPÖ haben am Mittwoch im Nationalrat den angekündigten Initiativantrag eingebracht, mit dem das ab 1. Mai 2018 gültige generelle Rauchverbot in der Gastronomie noch vor dessen Inkrafttreten gekippt werden soll. Nach der Beratung im Ausschuss soll das Vorhaben in einer der nächsten Nationalratssitzungen beschlossen werden.
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Mit dem Antrag soll das Tabak- und Nichtraucherschutzgesetz geändert werden. Im Gegenzug zur Beibehaltung von Raucherräumen in Lokalen bringt es ein Verkaufsverbot von Tabakwaren an unter 18-Jährige. Auch das Rauchverbot in Autos, wenn sich darin Minderjährige befinden, wird eingeführt. Für die Kontrolle dieser Bestimmung wird die Polizei zuständig sein.
SPÖ sieht „gesundheitspolitischen Rückschritt“
Dass die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung das generelle Rauchverbot in der Gastronomie kippen will, war für die SPÖ Anlass zu einer Dringlichen Anfrage an Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Sie verteidigte am Nachmittag entgegen früheren Aussagen das Aushebeln des Rauchverbots und attackierte jene, die die Maßnahme 2015 beschlossen hatten.
Debatte im Nationalrat
Die geplante Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie ist das dominierende Thema im Nationalrat am Mittwoch.
„Sie haben den Gastwirten ihre Gastfreundlichkeit verboten“, sagte sie in Beantwortung der Dringlichen Anfrage. Österreich sei ein sehr gastfreundliches Land mit langer Tradition im Tourismus. „Selbstverständlich maßregelt der Gastgeber seine Gäste nicht, wenn sie kleinere Schwächen haben“, so Hartinger-Klein. Sie kritisierte Rot-Schwarz für das Abschieben von Verantwortung: „Weil Sie gewusst haben, wie grauslich dieses Gesetz ist, haben Sie eine Übergangsfrist beschlossen, damit Ihre Regelungen erst bei der nächsten Regierung in Kraft treten.“
In der Anfragebegründung wird das Vorhaben als „enormer gesundheitspolitischer Rückschritt“ gebrandmarkt, der von Experten und auch der Bevölkerung kritisiert werde. International gehe alles in Richtung Nichtraucherschutz, nur Österreich schwimme gegen den Strom und habe eine konstant hohe Raucherrate. Das 2015 beschlossene Nichtraucherschutzgesetz sollte dem Einhalt gebieten, nun wolle es die Regierung aber rückgängig machen.
Rauchverbote in anderen EU-Staaten
An Hartinger-Klein sind dann 24 Fragen gerichtet. Sie soll Auskunft über Rauchverbote und deren Auswirkungen in anderen EU-Staaten, die Raucherquote im internationalen Vergleich, internationale Einschätzungen des Nichtraucherschutzes in Österreich, gesundheitliche Folgen des Rauchens und auch die Kosten für das Gesundheitssystem Auskunft geben.
Gefragt wird die Gesundheitsministerin aber auch, ob sich die Gesetzesnovelle mit der völkerrechtlichen Verpflichtung Österreichs zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes (WHO Framework Convention on Tobacco Control) und den im Bundesministeriengesetz verankerten Aufgaben des Gesundheitsressorts („Schutz vor Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung“) vereinbaren lässt.
Persönliche Frage an Sozialministerin
Schließlich wird Hartinger-Klein auch persönlich gefragt: Wie stehe sie selbst zum Rauchverbot in der Gastronomie und dessen nun geplantem Kippen und was habe sie getan, um FPÖ und ÖVP zum Umdenken zu bewegen? Zum Abschluss soll die Ministerin Maßnahmen nennen, mit denen sie die Raucherzahl in Österreich in den nächsten fünf Jahren senken will.
Weiter Minderjährige in Raucherzonen
Nicht enthalten ist in dem Antrag die versprochene Bestimmung, dass die Gastronomie-Raucherbereiche künftig nicht von unter 18-Jährigen betreten werden dürfen. Das falle als Jugendschutzangelegenheit in die Kompetenz der Länder, man könne das nicht auf Bundesebene regeln, hieß es auf APA-Anfrage im FPÖ-Klub.
Ein wenig dauern wird es auch noch mit dem Tabakverkaufsverbot an Personen unter 18 Jahren. Während die Gastronomieregelung per 1. Mai 2018 eingeführt wird - unbefristet -, kommen die Bestimmungen für den Verkauf erst mit 1. Jänner 2019. Begründet wird das mit der notwendigen Umstellungszeit, etwa bei Zigarettenautomaten. Dass Ausbildung und Beschäftigung von Jugendlichen in Betrieben überwiegend in Nichtraucherräumen erfolgen müssen, gilt schon derzeit. Künftig kann das Gesundheitsministerium hier noch weitergehende Vorschriften erlassen, heißt es im Initiativantrag.
Gastronomie erfreut über Antrag
Die Gastronomie begrüßte den Initiativantrag der Regierung. Die Verlängerung der bestehenden Regelung sei „sachgerecht, verhältnismäßig und aus Sicht der Branche zu begrüßen“. Ebenso positiv sehe man den gesellschaftlichen Wandel hin zu einem gesteigerten Gesundheitsbewusstsein.
„Auch das Bekenntnis der Regierung zu verstärktem Jugendschutz und Prävention ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich. Ein generelles Rauchverbot ausschließlich in der Gastronomie hätte eine eklatante Ungleichbehandlung zu anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens dargestellt, in denen es praktisch überall weiterhin möglich sei, einen abgetrennten Raucherraum einzurichten, so die Wirte.
Unterstützungsphase für Volksbegehren bis 4. April
Die Unterstützungsphase für das Volksbegehren „Don’t Smoke“ wird unterdessen noch bis Anfang April gehen. Die Initiatoren erwarten sich, wie sie am Mittwoch mitteilten, ein klares Zeichen der Bevölkerung in Richtung Bundesregierung. Sie riefen weiter zur regen Teilnahme auf. Das Volksbegehren, das bereits mehr als 420.000 Unterstützer zählt, wird bis einschließlich 4. April (10.00 Uhr) für die Abgabe von Unterstützungserklärungen offen bleiben. Danach habe der Innenminister drei Wochen Zeit, den Termin für die Eintragungswoche festzulegen.
„Wir sind uns sicher, dass bis zum 4. April und danach während der Eintragungswoche genügend Unterschriften zusammenkommen werden, um die Regierung an ihre gesundheitspolitischen Pflichten zu erinnern“, sagte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Die Initiatoren setzen weiterhin auf starken Rückenwind aus der Bevölkerung. „Wir hoffen, dass die mündigen Bürgerinnen und Bürger dieses Engagement so konsequent wie bisher mit uns fortsetzen“, so Szekeres. Man müsse aufzuzeigen, dass Argumente zur Vermeidung von gesundheitlichen Schäden durch Passivrauchen „wichtiger sind als jedes andere politische Ziel, das die Gegner des Rauchverbots anführen“.
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