Chefetage als Aushängeschild
Künstliche Intelligenz (KI) ist momentan das bestimmende Thema auf dem IT-Sektor. Verdeutlicht wird das auch durch die Sitzordnung in den größten US-Konzernen der Branche: Dort werden die Forschungsteams in der Nähe der Unternehmensführung angesiedelt.
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Der Firmensitz der Google-Konzernmutter Alphabet im US-Bundesstaat Kalifornien - „Googleplex“ - umfasst ein Gebiet von rund 290.000 Quadratmetern, auf dem sich mehrere Bürogebäude befinden. Dennoch teilt Google-CEO Sundar Pichai seine Chefetage seit Kurzem mit einem Forschungsteam, wie die „New York Times“ berichtet. Das Google Brain Team, das sich mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzt, ist unter anderem an der Entwicklung der Übersetzungsfunktion Google Translate beteiligt.
Prioritätensetzung im Sitzplan
Es dürfte mehr als bloße Symbolik sein, dass das Unternehmen seine KI-Abteilung so nah an der Konzernleitung positioniert. Während IT-Konzerne im Silicon Valley ihre Büroflächen nach außen gerne als Oase bewerben, in der Hierarchie nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist die Sitzordnung oft Chefsache - und zeigt deutlich, wo deren Prioritäten liegen.
„Jeder CEO denkt viel darüber nach, wo Leute sitzen, mit wem sie eine Runde gehen und sich unterhalten können“, sagt Diane Greene, die im Aufsichtsrat der Google-Konzernmutter sitzt, gegenüber der „New York Times“ („NYT“). Es sei ein „sehr bedeutsames Statement“, dass Pichai das KI-Team direkt neben ihm angesiedelt hätte, so Greene.
Auch Facebook setzte auf Nähe zur KI
Google ist nicht das erste Unternehmen, das für künstliche Intelligenz einen prestigeträchtigen Platz in seinen Büroräumlichkeiten vorsieht. Während Facebook ein eigenes Gebäude für seine KI-Forscher bauen ließ, siedelte das von Mark Zuckerberg gegründete Soziale Netzwerk die Forscher direkt neben dem wichtigsten Besprechungszimmer des Konzerns an.
Mittlerweile ist das Team in dem eigenen Gebäude, etwas mehr als 10 Kilometer von den anderen Räumlichkeiten des Unternehmens entfernt, untergebracht - nicht zuletzt, weil die Abteilung deutlich gewachsen ist. Die Sitzordnung des Sozialen Netzwerks wirkte dabei über die vergangenen Jahre wie ein Stimmungsbarometer der gesamten Branche.
Von Werbung zu Virtual Reality
Traditionell saß etwa die Werbeabteilung weit von Zuckerberg entfernt. Das änderte sich jedoch mit dem Börsengang, nach dem der Umsatz kräftig angekurbelt wurde. Die wichtigsten Köpfe der Abteilung wechselten daraufhin in die Nähe des Firmenchefs. Ein ehemaliger Produktmanager von Facebook schreibt in einem Buch über seine Erfahrungen in dem Konzern, dass der Status innerhalb der Firma davon abhänge, wie weit man von Zuckerberg entfernt sitzt.
Ein weiteres Thema, das Facebook in die Chefetage holte, ist Virtual Reality (VR). Noch vor wenigen Jahren galt VR als eine der zentralen Entwicklungen für Zuckerbergs Unternehmen, das damals auch den Spezialisten Oculus um rund zwei Milliarden US-Dollar kaufte. Mittlerweile musste das VR-Team wieder aussiedeln - aus Platzgründen, so die „NYT“.
Hoffnung lastet auf neuen Entwicklungen
Doch Virtual Reality wurde mittlerweile als wichtigstes Modewort im Silicon Valley abgelöst. Diesen Platz nimmt jetzt künstliche Intelligenz ein - und könnte diesmal auch deutlich länger halten. Google, Facebook und weitere Größen der Branche sehen darin ein Fachgebiet, das nicht nur einen Teil ihres Konzerns, sondern die Gesamtheit ihres Tätigkeitsbereichs verändern könnte.
Die Problemstellungen, mit denen sich das Google Brain Team genauso wie Facebooks KI-Abteilung auseinandersetzen, sind jedenfalls weitreichend, wie auch die „NYT“ resümiert. Dass sich die Unternehmensführung in der Nähe der Forscher aufhält, führt letztlich zu einer Wechselwirkung: Während den Mitarbeitern Wichtigkeit signalisiert wird, sitzen die Firmenchefs direkt an den neuesten Entwicklungen - und können so bei einem der komplexesten Themen der IT-Branche mithalten.
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