„Richtung Normalisierung“
Das Interesse an einem gänzlichen Rauchverbot in der Gastronomie ist in Österreich offenbar so groß, dass die Server wegen des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens vollkommen überlastet sind. „Server down“ hieß es auch am Freitag aus dem Innenministerium. Die Computerserver für die Abwicklung seien komplett abgestürzt.
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„Wir bedauern das sehr und hoffen, bis Mittag das Problem gelöst zu haben“, sagte ein Sprecher des Ressorts: „Unsere Techniker arbeiten mit Hochdruck.“ Vorerst war eine Unterstützungsabgabe weder online noch bei Gemeinde- oder Bezirksämtern möglich, „weil alle auf das zentrale Wählersystem zugreifen müssen“. Gegen Mittag gab es eine „vorsichtige Entwarnung“ aus dem Innenministerium. „Es sollte wieder funktionieren“, sagte ein Sprecher des Ressorts. Jedenfalls gehe es in „Richtung Normalisierung“.
Probleme schon am Donnerstag
Die Organisatoren des Volksbegehrens, Wiener Ärztekammer und Österreichische Krebshilfe, zeigten sich über den Andrang erfreut, bedauerten aber die zahlreichen Meldungen über Probleme bei den Zugriffen. „Die entfernteste Meldung erreichte uns sogar von einer Auslandsösterreicherin aus Neuseeland“, sagte der Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres, am Freitag. Es werde aber noch mehrere Wochen möglich sein, die Unterstützungserklärung abzugeben.
Zugriffsprobleme gab es bereits am Donnerstag. „Wir haben Anfragen, wonach die Abgabe der Unterstützungserklärung bei manchen Gemeinde- oder Bezirksämtern sowie per Handysignatur nicht funktionierte“, so eine Sprecherin der Ärztekammer. Schon am Donnerstag habe es aus dem Innenministerium geheißen, dass das System „so schnell wie möglich wieder funktionieren“ werde.
System „nicht zu alt“
Das Problem war aber offenbar auch Freitagvormittag noch nicht gelöst. Schon bei den Unterstützungserklärungen für das Frauenvolksbegehren hatte es IT-Probleme gegeben. Einige Unterstützerinnen und Unterstützer hatten mit Zertifizierungsproblemen zu kämpfen.
Innenministeriumssprecher Alexander Marakovits verneinte, dass die EDV-Anlage zu alt sei, um den Ansturm zu bewältigen. Das Gegenteil sei der Fall: Das System sei relativ neu, was wahrscheinlich das Problem sei. Man habe keine Möglichkeit gehabt, das System zu testen, und sei vielmehr relativ rasch in den Echtbetrieb gestartet. Nachdem jetzt mehrere Volksbegehren parallel laufen, habe das zu einer Überlastung der Server geführt - mehr dazu in wien.ORF.at.
Kampf für Rauchverbot
Mit dem „Don’t Smoke“-Volksbegehren sollen die Pläne der schwarz-blauen Bundesregierung verhindert werden, ein bereits mit Zustimmung der ÖVP verabschiedetes generelles Gastrorauchverbot zu kippen. Dieses sollte eigentlich ab Mai gelten. Die Wiener Ärztekammer und die Österreichische Krebshilfe setzen auf den Widerstand der Bevölkerung und hoffen auf Unterstützung für ihr Volksbegehren. Seit Donnerstag ist es theoretisch möglich, Unterstützungserklärungen abzugeben.
Zumindest 8.401 Erklärungen sind dafür notwendig. Diese Unterstützungserklärungen werden dann für das eigentliche Volksbegehren angerechnet. Ab einer Beteiligung von mehr als 100.000 Menschen muss das Volksbegehren im Parlament zumindest behandelt werden.
Kurz plädierte vor drei Jahren für „Don’t Smoke“
Bereits ab den Morgenstunden gab es am Donnerstag laut Szekeres starken Andrang für die Unterzeichnung von Unterstützungserklärungen bei Bezirks- und Gemeindeämtern, via Handysignatur und Bürgerkarte. „Wir haben schon viele Unterschriften“, hieß es kurz nach Mittag.
Kammer und Krebshilfe hatten zuvor in den vergangenen Wochen exakt 468.222 Onlineunterstützungserklärungen für ihre „Don’t Smoke“-Initiative gesammelt. Der nunmehrige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte vor drei Jahren die Initiative „Don’t Smoke“ nachweislich persönlich unterstützt, die ÖVP hatte das Gesetz mit dem Rauchverbot mit beschlossen.
„Rauchen macht krank“
Man müsse endlich ein starkes Bekenntnis zum Nichtrauchen und zum Nichtraucherschutz abgeben, so Szekeres am Donnerstag. „Wir wissen, dass so ein Rauchverbot (in der Gastronomie, Anm.) unmittelbar positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen hat.“ Auch die Österreichische Kardiologische Gesellschaft (ÖKG) unterstützt das Volksbegehren.
„Rauchen macht krank und tötet. Das gilt sowohl für das Aktiv- als auch für das Passivrauchen. Im Namen der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft möchte ich möglichst viele Menschen (...) dazu ermutigen, das Volksbegehren ‚Don’t Smoke‘ zu unterstützen“, wurde am Donnerstag die ÖKG-Präsidentin Andrea Podczeck-Schweighofer in einer Aussendung zitiert. „Es ist also völlig unbegreiflich, dass die österreichische Bundesregierung Nichtraucherschutz-Maßnahmen nicht nur nicht verstärken, sondern vielmehr reduzieren möchte“, so Podczeck-Schweighofer weiter.
Run auf Handysignatur
Beim Handysignatur-Anbieter A-Trust macht sich der Ansturm auf das „Don’t Smoke“-Volksbegehen bemerkbar. Allein gestern - am Tag des Starts des Volksbegehrens - habe es 2.000 bis 3.000 Neuanmeldungen für die Handysignatur gegeben, sagte der IT-Chef (CIO) der Bundesregierung, Reinhard Posch, am Rande einer Pressekonferenz. „Das ist der höchste Tageswert seit 2008“, so Posch. Erst seit der 2016 erfolgen Wahlrechtsreform können Volksbegehren per Handysignatur unterstützt werden.
SPÖ stellt parlamentarische Anfrage
Die SPÖ stellte indes eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), um „eine Stellungnahme und Klarstellung zu den technischen Problemen einzufordern“, so die ehemalige SPÖ-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner. Das „Don’t Smoke“-Volksbegehren sei seit Monaten angekündigt, „im Vorfeld wusste man genau, dass es zu einem hohen Interesse der Bevölkerung kommen wird“.
Massive Kritik zu den Serverproblemen kam von der Liste Pilz. „Es ist ungeheuerlich, dass offenbar das Innenministerium nach den Pannen bei der Wahl zum Bundespräsidenten nun auch nicht in der Lage zu sein scheint, ein Volksbegehren ordnungsgemäß durchzuführen“, meinte Peter Kolba, Klubobmann der Liste Pilz, in einer Aussendung. „Statt auf Pferden zu posieren sollte sich der Innenminister darum kümmern, dass diese Volksbegehren raschest und ohne weitere Störungen abgeführt werden können“, forderte er.
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